Die US-amerikanische Raumfahrtbehörde NASA steht vor einem der bedeutendsten Umbrüche ihrer modernen Geschichte. Im Rahmen des Haushaltsentwurfs für das Fiskaljahr 2026 schlägt die White House Office of Management and Budget (OMB) vor, die bislang zentralen Raumfahrtprojekte – den Space Launch System (SLS) und das Orion-Raumschiff – nach den geplanten Artemis-3-Missionen endgültig abzuwickeln. Stattdessen soll vermehrt auf kommerzielle Systeme gesetzt werden, die als kosteneffizient und gleichzeitig leistungsstark angesehen werden. Diese Entscheidung steht exemplarisch für den Wandel hin zu einer zunehmend privatwirtschaftlich getragenen Raumfahrt, die sich nicht nur an technischer Machbarkeit, sondern auch an wirtschaftlicher Nachhaltigkeit orientiert. Dieses Umdenken ist Teil einer umfassenderen Strategie, die sich auf Mond- und Marsmissionen konzentriert und damit auf ambitionierte Ziele bei gleichzeitiger Kostenkontrolle abzielt.
Der Hintergrund für diese radikale Neuausrichtung liegt in der Situation von NASA und US-Raumfahrtpolitik. Das SLS, ein Schwerlastrakete, und das Orion-Raumschiff sind zentrale Elemente des Artemis-Programms, das Menschen zur Wiedereroberung des Mondes schicken soll. Während diese Systeme technisch anspruchsvoll sind, sind sie auch mit erheblichen Kostensteigerungen und Verzögerungen konfrontiert. Die kumulierten Kosten für die Entwickelung von SLS und Orion liegen in Milliardenhöhe, was im Zusammenhang mit anderen Raumfahrtprogrammen zunehmend als finanzielle Belastung wahrgenommen wird. Die neue Haushaltsplanung schlägt vor, nach der dritten Artemis-Mission auf diese Systeme zu verzichten und statt dessen die Dynamik und Innovationskraft kommerzieller Anbieter wieder stärker zu nutzen.
Bekanntlich ist der kommerzielle Raumfahrtmarkt in den letzten Jahren rapider gewachsen, mit zahlreichen Unternehmen, die variable und skalierbare Launch-Optionen anbieten können. NASA-Administrator in spe Jared Isaacman unterstützte im Zuge seiner Anhörung im April 2025 zwar zunächst das bestehende Artemis-Architekturmodell als schnellsten Weg zur Rückkehr des Menschen zum Mond, signalisiert aber gleichzeitig Offenheit für die potenzielle Ablösung durch private Raketen und Raumfahrzeuge in der Zukunft. Seine Haltung spiegelt einen pragmatischen Ansatz wider, der auf Wettbewerb und technologische Vielfalt setzt. Dies soll die Bemühungen beschleunigen und gleichzeitig die Entwicklung der nächsten Generation von Erkundungstechnologien ermöglichen, die sich besser in ein nachhaltig finanziertes Raumfahrtprogramm integrieren lassen könnten. Neben der Ablösung von SLS und Orion führt der Haushaltsvorschlag auch zur Streichung des Lunar Gateway, einer geplanten internationalen Mondorbitalstation, die in Zusammenarbeit mit Partnern wie Europa, Japan, Kanada und den Vereinigten Arabischen Emiraten realisiert werden sollte.
Diese Entscheidung sorgt für Unsicherheit in den internationalen Beziehungen und könnte die Kooperation mit den Partnern auf ein neues Fundament stellen. NASA bzw. der designierte Administrator betonen jedoch, dass im Falle einer Streichung des Gateway-Programms intensive Verhandlungen geführt werden, um die Zusammenarbeit aufrechterhalten zu können. Auch die Aktivitäten rund um die Internationale Raumstation (ISS) werden maßgeblich betroffen. Eine kürzere Besatzungsstärke, reduzierte Forschungsaktivitäten und letztlich eine geplante Außerdienststellung bis 2030 sind Bestandteile der vorgeschlagenen Änderungen.
Diese Maßnahmen sollen die Ressourcen für Mond- und Marsmissionen bündeln. Die NASA strebt danach, den potenziellen Nutzen der ISS auszuschöpfen, dabei jedoch die Budgetrestriktionen und die sich verändernde Raumfahrtlandschaft zu berücksichtigen. Dabei sieht die Strategie vor, verstärkt auf kommerzielle Raumstationen als künftige Plattformen zu setzen, um Forschung und technologische Entwicklung im Orbit weiterhin zu ermöglichen. Die Wissenschaftsprogramme der NASA betroffen von den Budgetkürzungen zeigen ebenfalls deutliche Einsparungszwänge. Insbesondere die vielfach diskutierte Mars-Probenrückholmission wird auf Eis gelegt, zudem wird das als überbudgetiert wahrgenommene Landsat Next-Programm umstrukturiert.
Die Gesamtwissenschafts-Budgetkürzungen liegen bei circa 50 Prozent, was zu erheblichen Verwerfungen im Forschungsbereich führen dürfte. Die Begründung hierfür lautet, dass der Fokus verstärkt auf die bemannte Exploration und damit einhergehende technologische Entwicklung gelegt werden soll - womit auf lange Sicht die ambitionierten Missionsziele erreicht werden sollen. Auch das Engagement der NASA im Bildungsbereich wird stark eingeschränkt. Das Programm zur Förderung von STEM-Bildung und der Nachwuchsförderung soll laut Haushaltsdokument komplett gestrichen werden, da es als ineffiziente Ausgaben ohne nachweisbaren Mehrwert für die Raumfahrtindustrie eingeschätzt wird. Diese Position stößt bei einigen Politikern und Interessengruppen auf Widerspruch, da gerade diese Programme als essenziell für die Sicherung des zukünftigen technologischen Nachwuchses gelten.
Die vorgeschlagenen Haushaltskürzungen markieren einen Paradigmenwechsel weg von staatlich dominierter Raumfahrt hin zu einer stärker marktgetriebenen Entwicklung. Die langfristigen Chancen liegen dabei vor allem in der Nutzung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit privater Raumfahrtunternehmen. Große Konzerne sowie aufstrebende Newcomer verfügen über innovative Trägerraketen, modulare Raumfahrzeugsysteme und flexible Startoptionen, die in Summe zu einem kosteneffektiveren und nachhaltigen Weltraumerkundungsprogramm beitragen könnten. Eine der größten Herausforderungen bei diesem Wandel ist jedoch die sichere und effiziente Integration der kommerziellen Systeme in die NASA-Missionen. Zudem müssen technische, logistishe und rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den hohen Ansprüchen der bemannten Raumfahrt gerecht werden.
Die Abhängigkeit von externen Anbietern birgt Risiken, die durch sorgfältige Auswahlverfahren, Vertragsgestaltung und enge Zusammenarbeit minimiert werden müssen. Insgesamt positioniert sich die NASA mit diesem Schritt klar als moderne, zukunftsorientierte Raumfahrtagentur, die angesichts begrenzter Mittel pragmatisch und flexibel agieren möchte. Die Konzentration auf Mond- und Mars-Programme mit kommerzieller Unterstützung könnte das amerikanische Raumfahrtprogramm weltweit wettbewerbsfähiger machen und neue Impulse in der Zusammenarbeit mit Industriepartnern und internationalen Organisationen setzen. Die Reaktionen auf den Haushaltsvorschlag sind bislang gemischt. Während finanzpolitische Experten und Branchenbeobachter die Kostenersparnis und Innovationsförderung loben, äußern kritische Stimmen Sorge um die langfristige Stabilität der bemannten Raumfahrt und mögliche Verluste durch Wegfall von bewährten Infrastrukturprogrammen wie dem Gateway.