Die Europäische Union steht kurz davor, ihre ambitionierten Klimaziele für das Jahr 2030 zu erreichen. Laut einer aktuellen Bewertung der Nationalen Energie- und Klimapläne (NECPs) der Mitgliedstaaten wird eine Emissionsreduktion von 54 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 erwartet – nur ein Prozentpunkt unter dem gesetzlich festgelegten Ziel von 55 Prozent. Diese Fortschritte sind das Ergebnis verstärkter Anstrengungen der Mitgliedsstaaten, ihren CO2-Ausstoß in den letzten Jahren deutlich zu senken, trotz teils politischen Widerstands gegen die strengen Vorgaben zur Klimapolitik. Das Erreichen der Ziele wird dabei vor allem durch den Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben, während einzelne Sektoren wie Verkehr und Landwirtschaft noch Nachholbedarf zeigen. Die Bedeutung erneuerbarer Energien im europäischen Energiemix kann nicht genug betont werden.
Mit einem Anteil von 24 Prozent am gesamten Energieverbrauch im Jahr 2023 haben die Erneuerbaren eine zentrale Rolle im Klimaschutz eingenommen. Die meisten EU-Staaten bewegen sich auf dem vorgesehenen Pfad, bis 2030 den Anteil der erneuerbaren Energien auf 42,5 Prozent zu erhöhen. Dabei ist der Ausbau von Wind-, Solar- und Wasserkraft sowie anderen nachhaltigen Energieformen ein Schlüsselelement, um den Ausstoß klimaschädlicher Emissionen massiv zu verringern. Die Energiewende lässt sich bereits als wirtschaftlicher Erfolg verbuchen: Seit 1990 konnten die Emissionen um 37 Prozent reduziert werden, während die Wirtschaft gleichzeitig um fast 70 Prozent wuchs. Dieses Wachstum macht klar, dass Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung kein Widerspruch sein müssen, sondern Hand in Hand gehen können.
Trotz der positiven Entwicklung mahnen Experten und Umweltorganisationen aber zur Vorsicht. Die aktuellen Pläne der Mitgliedstaaten enthalten noch Lücken insbesondere bei Energieeffizienzmaßnahmen und bei der Finanzierung der notwendigen Transformationsprozesse. Eine wirksame Umsetzung der Klimapläne setzt mehr als nur ambitionierte Ziele voraus: Es braucht klare, umsetzbare Maßnahmen und verlässliche finanzielle Ressourcen, um die zugesagten Emissionssenkungen tatsächlich zu erreichen. Kritik kommt insbesondere von der Zivilgesellschaft, die auf Schwächen bei der Transparenz und der Einbindung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung der Pläne hinweist. Ein Mangel an Bürgerbeteiligung und klaren Verantwortlichkeiten könne die Effektivität der Maßnahmen ernsthaft beeinträchtigen.
Daher wird zunehmend gefordert, dass die EU-Kommission stärker einschreitet und gegebenenfalls auch juristische Schritte gegen Mitgliedsstaaten einleitet, die ihre Verpflichtungen nicht ausreichend erfüllen. Besonders hervorzuheben ist die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der EU-Mitglieder: Während bei den meisten Staaten Fortschritte sichtbar sind, haben einige Länder wie Belgien, Estland und Polen ihre aktualisierten nationalen Pläne bisher nicht eingereicht oder hinken bei der Umsetzung hinterher. Ihre Verzögerungen gefährden den gesamthaften Erfolg der EU-Klimastrategie und rücken deshalb verstärkt in den Fokus der EU-Politik. Ein wichtiger Schritt für die weitere Zukunft ist bereits in Vorbereitung: Die Europäische Kommission plant, die Klimaziele für das Jahr 2040 zu verschärfen und auf bis zu 90 Prozent Emissionsreduktion anzuheben. Dies wäre eines der ambitioniertesten Klimaziele weltweit und würde die EU zugleich zum globalen Vorreiter in Sachen Klimaschutz machen.
Allerdings steht dieses Vorhaben ganz im Zeichen der bisherigen Erfahrungen – besonders bei der Politikgestaltung und der Umsetzung vor Ort. Neben dem Ausbau von erneuerbaren Energien muss die EU weiterhin die Energieeffizienz deutlich verbessern, etwa durch Investitionen in moderne Technologien und Effizienzstandards im Gebäudesektor. Darüber hinaus sollten besonders die Sektoren Verkehr und Landwirtschaft stärker in den Fokus rücken, da sie bislang vergleichsweise geringe Fortschritte bei der Emissionsreduzierung vorweisen können. Die Förderung nachhaltiger Mobilitätskonzepte, wie Elektromobilität und öffentliche Verkehrsmittel, sowie umweltfreundlichere landwirtschaftliche Praktiken spielen eine entscheidende Rolle, wenn die EU ihre Klimaziele wirklich erreichen will. Parallel zur Politik muss auch die Wirtschaft ihren Beitrag leisten.
Investitionen in Forschung, Entwicklung und Innovation sind entscheidend, um saubere Technologien wettbewerbsfähig zu machen und neue Märkte für europäische Unternehmen zu erschließen. EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra hebt hervor, dass Klimaschutz und industrielle Wettbewerbsfähigkeit nicht im Widerspruch stehen, sondern durch gezielte Förderung und Investitionen sogar einander stärken können. Die EU hat durch ihre klare gesetzliche Verpflichtung einen Rahmen geschaffen, in dem sich Staaten in Richtung Nachhaltigkeit bewegen müssen. Die wirksame Kontrolle und Durchsetzung dieser Verpflichtungen durch die Kommission ist ein wichtiger Garant für den Erfolg der gemeinsamen Klimapolitik. Dabei ist die rechtliche Dimension von großer Bedeutung: Eine Vielzahl von zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert die Kommission auf, konsequenter gegen Mitgliedstaaten vorzugehen, die ihre Klimapläne nicht adäquat umsetzen und so EU-Recht verletzen.