Die Betrachtung des Universums als partizipatives System eröffnet eine faszinierende Perspektive in der modernen Physik, die sowohl klassische als auch quantenmechanische Aspekte berührt. Dieses Konzept, das in der Fachwelt zunehmend an Bedeutung gewinnt, stellt die traditionelle Trennung zwischen dem Beobachter und dem beobachteten System in Frage und betont stattdessen die Wechselwirkungen, die das Sein und das Erkennen miteinander verbinden. Im Kern dieses Verständnisses steht die Vorstellung, dass wir als Beobachter nicht außerhalb des Universums stehen, sondern integrale Bestandteile des Systems selbst sind. Diese Erkenntnis hat weitreichende Implikationen für das Verständnis von Messungen, Wissenserwerb und der Natur der Realität an sich. Die klassische Physik hat über Jahrhunderte hinweg auf der Annahme beruht, dass der Beobachter und das beobachtete Objekt klar voneinander getrennt sind.
Innerhalb dieses Rahmens erscheinen Objekte als unabhängige Einheiten mit festen Eigenschaften, die sich objektiv messen und beschreiben lassen. Die Rolle des Beobachters beschränkt sich dabei auf das bloße Registrieren von Eigenschaften ohne Einflussnahme auf die beobachteten Phänomene. Doch dieses Bild gerät ins Wanken, wenn man tiefere Einsichten der Quantenmechanik betrachtet. Hier zeigt sich, dass die Akte der Beobachtung selbst die Eigenschaften der Systeme beeinflussen können, was die Trennung zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Beobachter und Welt verschwimmen lässt. Das partizipative Universum im realistischen Modus versucht, diese komplexe Beziehung aufzugreifen, indem es die Unterschiede zwischen der beobachtenden (observational) und der handelnden (agentive) Perspektive hervorhebt.
Während die klassische Physik meist eine beobachtende Perspektive vorsieht, nimmt die Quantenmechanik oftmals eine agentive Rolle an, in der Messungen und Handlungen des Beobachters eine aktive Rolle bei der „Gestaltung“ der Realität spielen. Diese Unterscheidung ist essenziell, um das sogenannte messbare Phänomen besser zu verstehen und die Implikationen für das Wissenssystem zu präzisieren. Ein entscheidendes Beispiel für die Bedeutung des partizipativen Ansatzes findet sich in der Messung quantenmechanischer Systeme. Nach der klassischen Auffassung sollte ein Objekt unabhängig von der Beobachtung einen definierten Zustand besitzen. Die Quantenmechanik zeigt jedoch, dass dieser Zustand nur im Kontext einer Messung festgelegt wird.
Die Messung ist somit kein passiver Akt, sondern eine interaktive Handlung, die die Natur des gemessenen Systems mit beeinflusst. Hier zeigt sich die sogenannte Interferenz – nicht zu verwechseln mit der quantenphysikalischen Eigenschaft der Superposition, sondern als ein kausaler Effekt, der durch die Vernetzung der Handlungen und Erkenntnisse entsteht. Solche „selbsterfüllenden Prophezeiungen“ oder „selbstzerstörenden Prognosen“ sind ein Spiegelbild der tiefen Vernetzung zwischen Wissen und Welt. Aus realistischer Sicht wirft diese Beobachtung fundamentale Fragen auf. Die Vorstellung, dass Fakten und Ereignisse stabil und unabhängig von unserer Wahrnehmung existieren, wird durch das partizipative Universum relativiert.
Vielmehr sind Fakten als Ereignisse oder Eigenschaften von Objekten zeitlich und kontextuell eingebettet, wobei ihre Stabilität durch die Rolle der Beobachtung und Handlung beeinträchtigt wird. Jenann Ismael, eine prominente Philosophin der Physik, argumentiert, dass dieses Verständnis nicht zu einem subjektiven Idealismus führt, sondern eine differenzierte Ontologie der Ereignisse voraussetzt, in der die Vernetzung von Beobachter und Welt explizit berücksichtigt wird. Die theoretischen Grundlagen dieser Perspektive werden durch wichtige Ergebnisse wie den Satz von Gleason und den Kochen-Specker-Theorem unterstrichen, die zeigen, dass es keine klassische, nicht-kontextuelle Deutung der Quantenmechanik geben kann. Anders formuliert: die Quanteneigenschaften eines Systems können nicht unabhängig vom Messkontext bestimmte Werte besitzen. Das hebt die Bedeutung des Beobachters als aktiven Teilnehmer hervor und unterscheidet die Quantenwelt fundamental von der klassischen.
Dieser Unterschied ist nicht bloß akademischer Natur, sondern hat unmittelbare Auswirkungen auf die Art und Weise, wie physikalische Theorien konzipiert werden. Die Fragen nach Freiheit in der Wahl der Messparameter, die Verneinung von Superdeterminismus und Retrokausalität sowie das Festhalten an der Agenten-Perspektive erfordern ein Umdenken in der Interpretation quantenmechanischer Phänomene. Interpretationen wie die Everett’sche „Viele-Welten-Theorie“, die relationale Quantenmechanik von Carlo Rovelli oder retrokausale Modelle spiegeln diesen Versuch wider, das partizipative Element physikalisch und philosophisch zu integrieren. Auch der philosophische Hintergrund, etwa die Phänomenologie von Husserl mit ihrer Theorie der Intentionalität, bietet wertvolle Einsichten in die Weise, wie Beobachtung und Wissenserwerb miteinander verwoben sind. Intentionalität beschreibt die gerichtete Struktur des Bewusstseins auf Gegenstände, wobei die Vermittlung von subjekthaften Erfahrungen und objektiven Gegebenheiten im Zentrum steht.
Husserls Ansatz macht deutlich, dass Wirklichkeit und Bewusstsein nicht strikt getrennt werden können, ein Gedanke, der im partizipativen Universum realistisch fortgeführt wird. John Wheeler, einer der bedeutendsten Physiker, hat das Bild des partizipativen Universums wesentlich geprägt. Er stellte die Überlegung an, dass die physikalische Realität durch Akte der Beobachtung erst „mitgeschaffen“ wird. Seine berühmte Maxime „It from bit“ hebt die Informationsbasis der physikalischen Welt hervor und zeigt, dass physikalische Wirklichkeit nicht nur passiv wahrgenommen, sondern aktiv erzeugt wird. Diese Sichtweise verbindet die physikalischen Gesetze mit epistemologischen und ontologischen Fragestellungen und stellt die Beobachtung in den Mittelpunkt des Realitätsbegriffs.
Aus der gegenwärtigen Sicht ist das partizipative Universum im realistischen Modus mehr als eine bloße Metapher. Es handelt sich um einen wissenschaftlich wie philosophisch fundierten Versuch, die Grenzen zwischen Subjekt und Objekt zu reflektieren und die Rolle der Erkenntnis im Kontext eines untrennbaren Ganzen zu verstehen. Damit gewinnt die Physik eine neue Dimension, die über das traditionelle Modell von Ursache und Wirkung hinausgeht und das Universum als lebendigen, interaktiven Prozess betrachtet. Für die Zukunft der Physik stellen sich daraus bedeutende Herausforderungen und Chancen. Auf der einen Seite gilt es, Theorien weiterzuentwickeln, die sowohl klassische als auch quantenmechanische Beobachtungen konsistent integrieren.