Aspergillus ist eine Pilzgattung, die in der Umwelt nahezu überall vorkommt. Von Böden über Pflanzen bis hin zu verrottendem organischem Material – diese winzigen Organismen sind allgegenwärtig und setzen täglich Milliarden von Sporen frei, die sich durch die Luft ausbreiten. Während die meisten Menschen jeden Tag Sporen einatmen, führt dies in der Regel nicht zu Erkrankungen, da ein gesunder menschlicher Körper die Eindringlinge meist erfolgreich abwehrt. Doch bei bestimmten Bevölkerungsgruppen, insbesondere Menschen mit geschwächtem Immunsystem, kann Aspergillus eine gefährliche und lebensbedrohliche Krankheit hervorrufen: die Aspergillose. Experten warnen nun, dass sich diese Pilzinfektion durch den Klimawandel weltweit weiter ausbreiten könnte und wir dafür nicht ausreichend vorbereitet sind.
Die aktuelle Forschung, insbesondere von Wissenschaftlern der Universität Manchester, zeigt auf, wie genau der Temperaturanstieg die Lebensräume dieses Pilzes verändert und damit ein bisher kaum beachtetes Gesundheitsrisiko verstärkt. Die Aspergillose stellt vor allem für Menschen mit Lungenerkrankungen wie Asthma, COPD oder zystischer Fibrose eine ernstzunehmende Gefahr dar. Daneben sind Patienten, die aufgrund von Krebs, Organtransplantationen oder schweren Infektionen wie Influenza oder Covid-19 ein geschwächtes Immunsystem haben, besonders anfällig. Der Pilz kann in diesen Fällen in die Lunge eindringen und dort nicht nur Entzündungen verursachen, sondern „von innen heraus“ das Körpergewebe zerstören, was häufig tödlich endet. Mit einer Sterblichkeitsrate von geschätzt 20 bis 40 Prozent zählt Aspergillose zu den schwerwiegendsten Pilzinfektionen weltweit.
Ein besonderes Risiko geht von zwei Aspergillus-Arten aus, die sich jeweils an unterschiedliche Klimabedingungen angepasst haben. Aspergillus flavus, der in warmen, tropischen Regionen heimisch ist, breitet sich mit steigenden Temperaturen weiter nach Norden aus und wird künftig neue Gebiete in Nordamerika, Nordchina und Russland besiedeln können. Diese Art zeigt eine hohe Resistenz gegenüber vielen gängigen Antipilzmitteln, was die Behandlung erschwert. Darüber hinaus infiziert A. flavus auch Nutzpflanzen wie Mais und Erdnüsse, was eine zusätzliche Gefahr für die Lebensmittelversorgung darstellt.
Aspergillus fumigatus hingegen bevorzugt gemäßigte Klimazonen und könnte sich wegen der globalen Erwärmung ebenfalls weiter Richtung Nordpol ausdehnen. Prognosen zufolge könnte sich die Verbreitung dieser Art bis zum Jahr 2100 um mehr als 75 Prozent erhöhen, was allein in Europa bis zu neun Millionen Menschen einem höheren Infektionsrisiko aussetzen könnte. Wissenschaftler beobachten diese Entwicklung mit großer Sorge, da A. fumigatus einer der häufigsten Verursacher schwerer Aspergillose-Erkrankungen ist. Der Klimawandel wirkt sich auf unterschiedliche Weise auf Aspergillus und andere Pilzarten aus.
Zum einen verschieben sich Lebensräume und ökologische Bedingungen, sodass bisher ungeeignete Regionen für das Wachstum der Pilze günstiger werden. Zum anderen erhöhen Extremwetterlagen wie Dürreperioden, Hitze und Überschwemmungen die Verbreitung der Sporen über weite Distanzen. Nach katastrophalen Naturereignissen wurden bereits mehrfach Ausbrüche von Pilzinfektionen beobachtet, wobei das Beispiel eines Tornados in Joplin, Missouri im Jahr 2011 oft genannt wird. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die zunehmende Widerstandsfähigkeit der Pilze gegenüber verfügbaren Medikamenten. Im Gegensatz zu Viren und Bakterien gibt es nur wenige Klassen von Antipilzmitteln, und Aspergillus-Arten entwickeln immer häufiger Resistenzen gegen diese Therapien.
Diese Resistenz erschwert die Behandlung und erhöht die Gefahr von tödlichen Verläufen. Forscher wie Norman van Rijn vom University of Manchester betonen daher die Dringlichkeit, die Erforschung dieser Krankheitserreger zu intensivieren und neue wirksame Medikamente zu entwickeln. Das Bewusstsein für Pilzinfektionen in der öffentlichen Gesundheit hat bisher deutlich hinter anderen Infektionskrankheiten zurückgelegen. Obwohl jährlich Millionen Menschen von Pilzkrankheiten betroffen sind, berücksichtigt die medizinische Forschung und Gesundheitsvorsorge dies vergleichsweise wenig. Die jüngste Aufmerksamkeit, die durch populäre Kulturprodukte wie die HBO-Serie „The Last of Us“ entstanden ist, könnte jedoch dazu beitragen, das Thema stärker in den Fokus zu rücken.
Die Serie zeigt eine fiktive Welt, in der ein mutierter Pilz die Mehrheit der Menschheit in gefährliche Wesen verwandelt – ein fiktives Szenario, das jedoch reale Gefahren auf eine zugängliche Weise illustriert. Generell legen Wissenschaftler nahe, dass wir mit dem Klimawandel nicht nur mit den bekannten Folgen wie steigenden Meeresspiegeln und häufigeren Wetterextremen rechnen müssen, sondern auch mit einer Zunahme bisher wenig beachteter Gesundheitsrisiken wie der Ausbreitung von aspergilloseverursachenden Pilzen. Die Behörden und die Gesundheitssysteme weltweit sind auf diese Herausforderung aktuell noch nicht ausreichend vorbereitet, was ein enormes Risiko für die Zukunft darstellt. Darüber hinaus hat Pilzbefall auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Lebensmittelversorgung. Aspergillus flavus produziert beispielsweise Aflatoxine, hochgiftige Substanzen, die in kontaminierten Lebensmitteln zu schweren Vergiftungen und langfristigen Gesundheitsproblemen führen können.
Die Ausbreitung solcher Pilze in neuen Anbaugebieten könnte daher auch die Sicherheit unserer Ernährung gefährden. Die Forschung strebt derzeit an, möglichst präzise Prognosen über die Ausbreitung von Aspergillus-Arten zu erstellen und Risikogebiete frühzeitig zu identifizieren. Dabei kommen komplexe Klimamodelle und computergestützte Analyseverfahren zum Einsatz, um die Auswirkungen steigender Temperaturen und veränderter Niederschlagsmuster zu erfassen. Diese Modelle zeigen klar auf, dass wir in den kommenden Jahrzehnten mit einer Verschiebung und Ausweitung von Pilzinfektionsgebieten rechnen müssen. Der Umgang mit dieser Bedrohung erfordert eine umfassende Strategie.