Transparente Metalle gelten lange Zeit als ein Widerspruch in sich, da die meisten Metalle aufgrund ihrer freien Elektronen typisch undurchsichtig sind. Doch mit Fortschritten in der Materialwissenschaft hat sich diese Vorstellung grundlegend verändert. Aluminiumoxynitrid, allgemein bekannt als ALON, gilt als eines der bemerkenswertesten Beispiele für transparentes Metall beziehungsweise transparenten Keramikwerkstoff. Dieses Material vereint die Härte und Beständigkeit eines Metalls mit der optischen Durchlässigkeit von Glas und eröffnet somit völlig neue Möglichkeiten für technische Anwendungen. Aluminiumoxynitrid ist eine transparente keramische Verbindung aus Aluminium, Sauerstoff und Stickstoff.
Die Materialstruktur ähnelt der von Spinellen, weshalb es auch oft als Spinell-Keramik bezeichnet wird. Die Besonderheit von ALON liegt in seiner Optik: Es ermöglicht eine Transparenz im sichtbaren bis hin zum nahen Infrarotbereich, mit einer Transmission von über 80 % für eine Dicke von nur 2 Millimetern. Diese Kombination aus Lichtdurchlässigkeit und mechanischer Robustheit ist in der Welt der Werkstoffe nahezu einzigartig. Das Material besitzt eine hohe Härte, die viermal höher ist als die von gewöhnlichem Quarzglas und sogar nahezu die Härte von Saphir erreicht. Dadurch eignet sich ALON hervorragend für den Schutz von optischen Komponenten und als transparentes Panzerungsmaterial.
Im Bereich der Verteidigungstechnik wird Aluminiumoxynitrid bereits verwendet, um kugelsichere Fenster und Schutzschilde herzustellen, die gegenüber herkömmlichen Glasverbundstoffen mit deutlich geringerem Gewicht und geringerer Dicke auskommen. Aluminiumoxynitrid-Panzerungen können beispielsweise der Durchschlagskraft von .50 BMG-Munition standhalten, was bei normalem Sicherheitsglas erheblich mehr Materialdicke erfordern würde. Die optischen Eigenschaften von ALON sind breit gefächert und umfassen den Bereich von etwa 200 Nanometern im ultravioletten Licht bis zu 5000 Nanometern im mittleren Infrarotbereich. Diese außergewöhnliche Bandbreite macht das Material ideal für Anwendungen, die von militärischen Sichtfenstern über Sensoroptiken bis hin zu hochpräzisen Infrarotdetektoren reichen können.
Zudem ist es resistent gegen Umwelteinflüsse wie Säuren, Basen und Wasser, was seine Verwendbarkeit auch in extremen Umgebungen unterstreicht. Die Herstellung von Aluminiumoxynitrid erfolgt durch konventionelle Pulvermetallverfahren, bei denen keramische Pulver zunächst geformt und anschließend bei hohen Temperaturen in einem Schutzgas verdichtet werden. Die genauen Aluminiumanteile in der Verbindung können leicht variieren, was die mechanischen Eigenschaften wie Bulk- und Schermodul nur minimal beeinflusst. Nach der Sinterung werden die Werkstücke präzise geschliffen und poliert, um die glasklare Transparenz zu erreichen und gleichzeitig die Oberflächenstruktur so zu optimieren, dass sie eine erhöhte Schlagfestigkeit besitzt. Die hohe Temperaturbeständigkeit von ALON, die bei etwa 2150 Grad Celsius liegt, macht es auch in anspruchsvollen thermischen Umgebungen einsetzbar.
In inertem Gas kann das Material Temperaturen bis zu 2100 Grad standhalten, ohne seine strukturellen und optischen Eigenschaften zu verlieren. Dies eröffnet die Nutzung in Bereichen wie Raumfahrt, wo transparente und hitzebeständige Materialien unverzichtbar sind. Neben den militärischen und optischen Anwendungen gewinnt ALON zunehmend an Bedeutung in der Halbleiterindustrie. Hier dient es als Passivierungsschicht, die empfindliche Oberflächen schützt und die elektronische Leistung von Bauteilen verbessern kann. Damit ist ALON Teil eines aufstrebenden Trends, bei dem Materialien mit kombinierten optischen und elektrischen Eigenschaften für Hightech-Geräte unerlässlich sind.
Ein weiterer Vorteil gegenüber traditionellen transparenten Materialien wie herkömmlichem Glas oder synthetischem Saphir ist das geringere Gewicht von Aluminiumoxynitrid. Dies ermöglicht insbesondere in der Luft- und Raumfahrtindustrie Gewichtseinsparungen bei Fenster- und Schutzsystemen, was wiederum den Treibstoffverbrauch senkt und die Leistung verbessert. Die Zukunft von transparentem Metall liegt auch in der Entwicklung neuer Anwendungen wie hochsicherer Displays, selbstreinigender Oberflächen sowie in der Optoelektronik. Forscher arbeiten daran, die Herstellungskosten zu reduzieren und die Größe der gefertigten ALON-Formen zu erhöhen, um neue Märkte erschließen zu können. Dabei spielen auch patentierte Herstellungsverfahren eine Rolle, die die Qualität und Effizienz der Produktion verbessern.