Der Luxusmarkt befindet sich seit geraumer Zeit in einem turbulenten Zustand. Schwankungen in den Absatzmärkten, geopolitische Unsicherheiten und wirtschaftliche Volatilitäten stellen Luxusmarken vor große Herausforderungen. Angesichts dieser Situation überrascht es kaum, dass viele Luxuskonzerne eine vorsichtigere Haltung einnehmen oder ihre Investitionen zurückfahren. Doch Chanel, eine der ikonischsten französischen Luxusmarken weltweit, verfolgt eine konträre Strategie. Trotz eines Rückgangs bei den Verkaufszahlen im vergangenen Jahr setzt Chanel auf verstärkte Investitionen undExpansion, um seine Position im globalen Luxusmarkt zu festigen und auszubauen.
Die französische Luxusgruppe hat für das laufende Jahr massive Investitionspläne angekündigt, die sich vor allem auf die Eröffnung neuer Geschäfte konzentrieren. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf China und den Vereinigten Staaten, zwei der wichtigsten Luxusmärkte, die allerdings auch durch Unsicherheiten geprägt sind. Während viele andere Unternehmen auf eine Stabilisierung dieser Märkte warten oder ihre Aktivitäten zurückfahren, will Chanel gerade hier neue Impulse setzen und von langfristigen Wachstumspotenzialen profitieren. Rund die Hälfte der geplanten 48 Neueröffnungen weltweit sollen in diesen beiden Regionen erfolgen.Die Entscheidung, trotz unsicherer Zeiten zu investieren, basiert auf einer tiefen finanziellen Absicherung des Unternehmens.
Mit einem Budget für Investitionen auf dem Niveau des Vorjahres von etwa 1,8 Milliarden US-Dollar positioniert sich Chanel robust – eine Steigerung von 43 Prozent gegenüber dem Jahr davor. Dieses Kapital soll nicht nur in den Einzelhandel fließen, sondern auch verstärkt in die interne Produktionsstruktur. Ein Großteil der Investitionen ist für die Stärkung der Lieferketten vorgesehen, beispielsweise durch den Erwerb von Anteilen an einem französischen Seidenlieferanten sowie einem italienischen Schmuckhersteller. Die Verlagerung hin zu einer stärkeren internen Fertigung ist eine strategische Antwort auf Herausforderungen in der globalen Lieferkette und steigende Qualitätsanforderungen.Trotz der anspruchsvollen Marktbedingungen meldete Chanel für das Jahr 2024 einen Umsatz von 18,7 Milliarden US-Dollar, was zwar einen Rückgang von 4,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr darstellt, aber die allgemeine Position des Unternehmens im Luxusmarkt untermauert.
Die operativen Gewinne gingen hingegen um 30 Prozent zurück – eine Entwicklung, die vor allem auf den schwachen Absatz in China zurückzuführen ist. Dennoch sieht die Unternehmensführung positive Anzeichen einer Erholung im asiatischen Raum, insbesondere in China und Hongkong, wenngleich es noch zu früh sei, von einem Wendepunkt zu sprechen. Die Unsicherheiten bezüglich Handelszöllen und geopolitischer Entwicklungen bleiben jedoch bedeutende Risiken, die das Wachstum noch bremsen könnten.Die globale CEO von Chanel, Leena Nair, bestätigt, dass die makroökonomische und geopolitische Volatilität spürbar negative Auswirkungen auf das Geschäft in einzelnen Märkten hat. Dennoch steht die Markenführung klar zu ihrer Strategie: In unsicheren Zeiten auf Wachstum zu setzen und Chancen zu nutzen, ist der Weg, mit dem sich Chanel in einer sich wandelnden Luxusbranche behaupten möchte.
Im Gegensatz zu einigen Mitbewerbern, die Investitionen drosseln, setzt Chanel auf einen Ausbau seiner Präsenz in wichtigen Märkten wie Mexiko, Indien, Kanada und weiterhin in den USA sowie China. Interessanterweise ist nur ein kleiner Teil der neuen Ladengeschäfte auf den Fashionbereich ausgerichtet, der Rest dürfte den Bereichen Schmuck, Kosmetik und Accessoires zugutekommen.Eine weitere Anpassung an die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zeigt sich in der Preisstrategie des Hauses. Im vergangenen Jahr wurden die Preise durchschnittlich um etwa 3 Prozent erhöht, um die Inflation auszugleichen. Für das laufende Jahr sind weitere moderate Preisanpassungen denkbar, insbesondere im Schmucksortiment, das aufgrund steigender Goldpreise mit höheren Kosten kalkulieren muss.
So passt Chanel seine Preisstruktur flexibel an die Marktlage an, um sowohl Margen zu sichern als auch die Attraktivität gegenüber anspruchsvollen Kundengruppen zu bewahren.Trotz Spekulationen über eine mögliche Einführung von Herrenmode durch den neuen Kreativdirektor Matthieu Blazy, der Anfang Dezember die Nachfolge von Virginie Viard antrat, hat das Unternehmen klargestellt, dass derzeit keine Pläne für diesen Bereich verfolgt werden. Blazys Ernennung ist Teil einer größeren Umgestaltung der Designer-Positionen in der Luxusbranche, da Marken wie Gucci, Dior, Balenciaga und Valentino ebenfalls neue kreative Führungskräfte einsetzen, um frischen Schwung in ihre Kollektionen und Markenwelten zu bringen.Chanel gehört zu den wenigen Luxusgiganten in Familienbesitz, kontrolliert von den französischen Brüdern Alain und Gerard Wertheimer. Dies ermöglicht dem Unternehmen eine flexible und unabhängige Kapitalstrategie, die es erlaubt, gegen den Trend zu investieren und langfristige Ziele zu verfolgen.
Während der Luxusmarkt insgesamt unter der dämpfenden Wirkung der Unsicherheiten leidet und Beratungsunternehmen wie Bain eine Rückgang der gesamten Branche um bis zu 5 Prozent prognostizieren, präsentiert sich Chanel als Beispiel für Nachhaltigkeit und Wachstumsmut.Im Vergleich zu Wettbewerbern zeigt sich die Branche zwiegespalten. LVMH, der weltweit größte Luxuskonzern, verzeichnete 2024 ein leichtes Umsatzwachstum von 1 Prozent, angetrieben durch stabile Entwicklungen in Europa und den USA, die Verluste aus Asien teilweise kompensieren. Hermes konnte aufgrund der starken Nachfrage in allen Regionen, insbesondere in Asien, sogar ein Wachstum von fast 15 Prozent erzielen. Doch insgesamt dominiert bei vielen Unternehmen die Sorge um die Auswirkungen von Handelszöllen und die gesamtwirtschaftliche Lage, welche das Konsumverhalten im Luxussegment stark beeinflussen.
Chanel verfolgt dennoch unbeirrt eine Wachstumsstrategie, die auf einer Kombination aus intensiveren Investitionen, der Stärkung der Wertschöpfungskette und einer gezielten Expansion des Verkaufsnetzes beruht. Dies könnte Chanel in eine Position versetzen, von einer zukünftigen Markterholung deutlich stärker zu profitieren als Wettbewerber, die sich zurückziehen oder ihren Fokus ausschließlich auf bestehende Märkte legen. Die Entscheidung, trotz der Gegenwinde zu investieren, spiegelt den strategischen Glauben des Unternehmens an eine langfristige Erholung und die Bedeutung der Kernmärkte China und USA wider.Der Luxusmarkt steht unverändert vor Herausforderungen, aber Marken wie Chanel demonstrieren, dass eine entschlossene und finanzstark gestützte Wachstumsstrategie im Luxussegment auch in schwierigen Zeiten Erfolg verspricht. Die Investitionen in China und den USA, gekoppelt mit der optimierten Produktionssteuerung und innovativen Preisgestaltung, positionieren das Unternehmen gut für den kommenden Aufschwung.
Es bleibt spannend zu beobachten, wie Chanel die nächsten Monate und Jahre im komplexen und schnell wandelnden Luxusumfeld navigiert und ob die Maßnahmen den gewünschten Erfolg bringen werden. Klar ist jedoch, dass der französische Luxusgigant seinen Kurs auf Expansion und Innovation gesetzt hat und sich nicht von kurzfristigen Unsicherheiten aus der Bahn werfen lässt.