Stellantis, einer der weltweit führenden Automobilkonzerne, befindet sich in einer entscheidenden Phase, insbesondere auf dem US-amerikanischen Markt. Nach monatelangen enttäuschenden Verkaufszahlen und sinkendem Vertrauen in die Marken Jeep und Ram setzen die US-Händler große Hoffnungen in den neuen CEO Antonio Filosa, der im Mai 2025 die Nachfolge von Carlos Tavares antrat. Sein Fokus liegt auf einer umfassenden strategischen Wende, die Stellantis wieder zu einer starken Position in einem hart umkämpften Markt verhelfen soll. Antonio Filosa, ein Italiener mit 51 Jahren, verfügt über eine umfassende Expertise im Bereich Fertigung und Qualität. Seit Dezember 2024 leitete er bereits als Chief Operating Officer für Amerika zentrale operative Einheiten und konnte sich dabei im direkten Kontakt mit den US-Händlern einen guten Ruf erarbeiten.
Seine Kenntnis der regionalen Besonderheiten und Herausforderungen hebt ihn von seinem Vorgänger ab, der in den letzten Monaten vor seinem plötzlichen Rücktritt vor allem durch harte Kostensenkungen und eine umstrittene Preispolitik die Händler und weitere Partner entfremdet hatte. Die Geschäftsverbindungen zwischen Stellantis und seinen Händlern, Zulieferern sowie Gewerkschaften hatten in den letzten Jahren gelitten. Insbesondere die Preisstrategien von Carlos Tavares sorgten für Frustration und führten zu deutlichen Absatzrückgängen. Viele Händler beklagten sinkende Margen und eine geringe Unterstützung seitens der Konzernzentrale. Diese interne Spannungen schlugen sich letztlich auch an der Börse nieder: Die Aktie von Stellantis verzeichnete eine Schwächephase, und der Marktanteil auf dem wichtigen nordamerikanischen Markt verringerte sich kontinuierlich.
Der neue CEO Filosa hat nun die anspruchsvolle Aufgabe, diese Brüche zu überwinden und die Vertrauensbasis neu zu festigen. „Er weiß, was er tut und bringt das nötige Know-how mit, um die Fertigung und Produktqualität voranzutreiben“, so Kevin Farrish, der ehemalige Vorsitzende des nationalen Händlerbeirats von Stellantis. Seine Rolle wird es sein, die Beziehung zwischen Hersteller und Händler wieder zu stärken, um den Absatz zu stabilisieren und langfristige Partnerschaften zu fördern. Neben den internen Herausforderungen muss Stellantis sich auch den externen Umständen stellen: Seit April 2024 gelten in den USA neue Zolltarife auf importierte Fahrzeuge, die vor allem Modelle aus Mexiko und Kanada betreffen, aus denen ein Großteil der importierten Fahrzeuge stammt. Diese zusätzlichen Kosten stellen den Konzern vor erhebliche wirtschaftliche Belastungen und trüben die Aussichten auf eine schnelle Erholung.
Diverse Autohersteller, darunter auch Stellantis, haben daraufhin ihre Jahresprognosen ausgesetzt und kündigten eine vorsichtige strategische Neuausrichtung an, um auf diese Unsicherheiten reagieren zu können. Der nordamerikanische Fahrzeugmarkt ist äußerst wettbewerbsintensiv. Neben etablierten Wettbewerbern wie General Motors, Ford und Toyota drängen zunehmend neue Akteure und vor allem elektrische Fahrzeughersteller auf den Markt. Auch Stellantis steht vor der Herausforderung, den Übergang zur Elektromobilität zu gestalten. Händler und Kunden erwarten klare Strategien und attraktive Modelle, um am Puls der Zeit zu bleiben und den Anschluss nicht zu verlieren.
Lange Zeit wurde die Umstellung auf Elektrofahrzeuge von Stellantis eher zögerlich angegangen, was sich negativ auf das Markenimage auswirkte. Mit der neuen Führung unter Filosa wird nun erwartet, dass ambitionierte Pläne für eine stärkere Präsenz im Bereich der Elektromobilität entwickelt und konsequent umgesetzt werden. Dabei kommt es nicht nur auf technische Innovationen an, sondern auch auf eine starke Marktbearbeitung und Kundenansprache. Händler fordern deshalb klare Leitlinien, wie Stellantis den Markt der elektrifizierten Fahrzeuge bedienen will und welche neuen Modelle in den kommenden Jahren vorgestellt werden. Vertrauensbildende Maßnahmen sind daher essenziell.
Filosa hat vielfältige Gespräche mit Händlern geführt, um ihre Anliegen direkt zu verstehen und zusätzliche Perspektiven zu gewinnen. Diese Dialogbereitschaft wird von Branchenkennern als Zeichen einer neuen Strategie gesehen, die auf Partnerschaft und Transparenz basiert und sich deutlich von der vorherigen Führung unterscheidet. Dabei geht es nicht nur um kurzfristige Umsatzsteigerungen, sondern um nachhaltige Lösungen, die den Standort USA als einen zentralen Markt wieder stärken. Ram Trucks und Jeep, zwei der wichtigsten Marken für Stellantis in Nordamerika, werden dabei eine zentrale Rolle spielen. Beide Marken kennen bereits eine treue Kundschaft, doch der Wettbewerb hat in den letzten Jahren deutlich an Fahrt aufgenommen.
Insbesondere der Pickup-Sektor ist von starken Mitbewerbern geprägt, die mit stetigen Innovationen und aggressiven Preiskämpfen Marktanteile zu gewinnen versuchen. Um hier erfolgreich zu sein, muss Stellantis einerseits Qualitätsstandards weiter verbessern und andererseits gleichzeitig attraktive Produktneuheiten lancieren. Die Situation am US-Markt spiegelt sich auch in den Geschäftszahlen wider. Im ersten Quartal 2025 verzeichnete Stellantis einen Rückgang der globalen Nettoumsätze um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, während die Umsätze in Nordamerika sogar um 25 Prozent einbrachen. Die Einbußen bei den Auslieferungen verdeutlichen die Dringlichkeit, mit der die neue Führung agieren muss.
Die Rückgewinnung von Marktanteilen und eine Verbesserung der profitablen Absatzkanäle steht deshalb ganz oben auf der Agenda. Zudem gilt es, die Herausforderungen durch die Arbeitsbeziehungen anzugehen. Während der Amtszeit von Tavares hatten sich Konflikte mit der United Auto Workers (UAW) Gewerkschaft verschärft, was zu Klagen und Arbeitskampfandrohungen führte. Für einen stabilen Produktionsbetrieb und eine koordinierte Marktbearbeitung sind faire und konstruktive Arbeitsbeziehungen unerlässlich. Ein Umdenken beim Umgang mit Gewerkschaften und eine stärkere Einbindung der Mitarbeiter auf allen Ebenen sind deshalb ein weiterer Schlüssel für den angestrebten Erfolg.
Die Erwartungen der Stellantis-Händler sind hoch. Viele sprechen davon, dass Filosa „die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt“ sei. Das langjährige Wissen über den nordamerikanischen Markt und seine Besonderheiten, kombiniert mit einer transparenten und kooperativen Führung, soll eine Kehrtwende ermöglichen. Händler fordern zudem klare Marktstrategien, Prioritäten in der Elektromobilität und konkrete Maßnahmen, um die Belastungen durch Zolltarife zu begegnen. Während die Herausforderungen weiterhin groß sind, zeigt sich ein positiver Wandel im Umgang mit den Händlern und Partnern.