In einer zunehmend vernetzten Welt, in der Information Macht bedeutet, ist die Rolle unabhängiger Medien von zentraler Bedeutung. Sie sind oft die letzten verbliebenen Wächter der Wahrheit in autoritären Regimen, die versuchen, die Kontrolle über den öffentlichen Diskurs vollständig an sich zu reißen. China ist das wohl bekannteste Beispiel für ein Land, das eine umfassende Zensur- und Überwachungsmaschinerie einsetzt, um unliebsame Informationen zu unterdrücken und seine Bevölkerung sowie den globalen Informationsraum zu manipulieren. Gleichzeitig ist es immer dringlicher geworden, die unterstützenden Kräfte freier Medien, die versucht haben, diese Schlinge der Desinformation zu durchbrechen, aufrechtzuerhalten und zu stärken. Doch der Rückzug der USA von solchen Medieninitiativen überlässt China faktisch den Sieg in diesem Kampf um die Kontrolle über die Wahrnehmung und Öffentlichkeit.
Radio Free Asia (RFA) ist eine der wichtigsten unabhängigen Medienorganisationen, die von den USA gegründet wurde und seit über 25 Jahren daran arbeitet, breite Bevölkerungskreise in Ländern mit starker Zensur, wie China, mit unverfälschten Nachrichten zu versorgen. RFA agiert dabei besonders in Sprachen wie Mandarin, Kantonesisch, Uigurisch und Tibetisch, um auch marginalisierte Bevölkerungsgruppen mit wahrheitsgetreuen Berichten zu erreichen. Gerade in einem Land wie China, wo die Regierung nahezu alle Medien kontrolliert und eine drakonische Überwachung betrieben wird, ist der Zugang zu unabhängigen Quellen essenziell, um die Bevölkerung zu informieren und das Bewusstsein für Themen wie Menschenrechtsverletzungen, Umweltkatastrophen oder regierungskritische Proteste zu schärfen. Trotz eines enormen Drucks durch Überwachung, Internetzensur und direkte Bedrohungen – wie die Verhaftung des Journalisten Li Zehua, der die Covid-19-Ausbreitung in Wuhan aufdeckte – gelang es RFA in den letzten Jahrzehnten, mit Millionen chinesischer Nutzer wöchentlich zu einer der wenigen glaubwürdigen Informationsquellen durchzudringen. Das stellt eine bedeutende Errungenschaft dar, indem es zumindest Teilen der Bevölkerung die Möglichkeit gibt, ein anderes Bild vom politischen System und aktuellen Ereignissen zu erhalten, als es die staatlich kontrollierten Medien vermitteln.
Doch diese Bemühungen stehen heute auf der Kippe. Im März 2025 kündigte die US-Regierung die Einstellung der Finanzierung von RFA an. Dieses Budget, das etwa 60 Millionen US-Dollar betrug, finanzierte die gesamte Arbeit des Senders. Diese Entscheidung führte zu massiven Entlassungen, dem Zusammenbruch von Berichterstattungsstrukturen vor Ort und zum Erliegen vieler Programmangebote, was letztlich einen massiven Rückschlag für die Pressefreiheit in China bedeutet. Die Folgen gehen jedoch weit über den Sender hinaus: Indem Amerika sein Engagement für freie Medien in China zurückfährt, treten neben die Lücke sofort die staatlich kontrollierten chinesischen Medien und Desinformationskampagnen.
China investiert seit Jahren Milliarden in den Ausbau seines globalen Einflusses im Mediensektor. Durch die China Global Television Network (CGTN) und andere staatliche Kanäle verbreitet Peking propagandistische Inhalte in mehr als 70 Ländern und mehr als 50 Sprachen. Neben offiziellen Kanälen belohnt und nutzt China auch eine ganze Reihe von ausländischen Medien und Influencern, die gegen Bezahlung positive Berichte beispielsweise über umstrittene Themen wie die Situation der Uiguren oder den wirtschaftlichen Fortschritt in der Volksrepublik verbreiten. Diese strategische Informationsarbeit zielt darauf ab, das internationale Bild Chinas stark zu beeinflussen und die eigenen Interessen durchzusetzen. Das Entfernen eines Gegengewichts durch unabhängige Medien führt dazu, dass die chinesischen Propagandainstrumente noch dominanter in der globalen Meinungsbildung werden.
Es besteht die Gefahr, dass ein Großteil der Weltbevölkerung ein verzerrtes Bild von China erhält, das von Zensur, Desinformation und politischem Druck geprägt ist. Dies betrifft nicht nur die Wahrnehmung von Menschenrechtsfragen, sondern auch wirtschaftliche und geopolitische Entwicklungen, wie den Umgang mit Taiwan, die Situation in Hongkong oder die geopolitischen Ambitionen Chinas im Rahmen der Belt and Road Initiative. Der Rückzug der USA aus der finanziellen Unterstützung unabhängiger Medien in China ist daher mehr als nur ein Budgetkürzungsproblem. Es ist eine Verschiebung des ideologischen und geopolitischen Kampfes um Informationshoheit, in dem die Volksrepublik zunehmend an Boden gewinnt. Diese Gefahr erfordert ein Umdenken: In Zeiten von ChatGPT, sozialen Medienfiltern und einer omnipräsenten Überwachung ist unabhängiger Journalismus möglicherweise das wirksamste Mittel, um autoritäre Kontrollmechanismen zu durchbrechen.
Ein Schlüsselelement der Wirksamkeit von Medien wie RFA ist ihr Angebot in den regionalen Sprachen und Dialekten, die von großen Teilen der Bevölkerung gesprochen werden, die oft von den staatlichen Medien ignoriert oder marginalisiert werden. Die Informationen auf der Basis tatsächlicher Berichte von Augenzeugen, unterstützt durch eine jahrzehntelange Vernetzung mit lokalen Informanten, schaffen eine Brücke für den freien Austausch von Gedanken in Regionen, wo kritische Meinungen sonst kriminalisiert werden. Die besondere Bedeutung von Nachrichtenfreiheit und transparente Berichterstattung zeigt sich auch in Krisenzeiten wie der Covid-19-Pandemie oder bei Naturkatastrophen. Während die chinesische Regierung versuchte, kritische Berichte über das Ausmaß der Pandemie-Ausbrüche in Wuhan zu unterdrücken, haben unabhängige Journalisten und Medienorganisationen wichtige Informationen geliefert, die sonst unterdrückt worden wären. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie strategisch wichtig Pressefreiheit für den Schutz von Menschenleben und die Erhaltung globaler Gesundheitssicherheit ist.
In der Rückschau wird deutlich, dass das Aufgeben solcher Medieninitiativen zwar kurzfristig politische oder finanzielle Erleichterungen bringen mag, langfristig jedoch die globale Position demokratischer Gesellschaften schwächt. Die Informationskontrolle und Propaganda Chinas wird dadurch weniger effektiv bekämpft, was nicht nur die Menschenrechte in China untergräbt, sondern auch die Machtbalance in der Welt verschiebt. Demokratische Staaten müssen daher Wege finden, unabhängigen, investigative Journalismus zu fördern und vor Repressionen zu schützen – auch außerhalb der eigenen Grenzen. Darüber hinaus hat die chinesische Herrschaft auch eine digitale Diktatur aufgebaut, deren technologische Raffinesse bemerkenswert ist. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz, großflächiger Gesichtserkennung und staatlich gelenkter Internetzensur wird eine umfassende Kontrolle der Informationsströme realisiert.
Ohne externe Unterstützung freier Medienorganisationen bleibt diese Kontrolle nahezu ungebrochen, was die individuelle Freiheit und das gesellschaftliche Bewusstsein nachhaltig beeinträchtigt. Es handelt sich bei der Finanzierung unabhängiger, kritischer Medien somit nicht nur um eine Investition in freien Journalismus, sondern um eine strategische Maßnahme zur Unterstützung der Menschenrechte, Freiheit und Demokratie in einer Zeit, in der autoritäre Regime versuchen, das Informationszeitalter für ihre Zwecke zu monopolisieren. Das stille Einlenken der USA und die Streichung von Haushaltsmitteln an Organisationen wie Radio Free Asia senden ein gefährliches Signal an Autokraten und stärken deren Propagandaanstrengungen. Um einem weiteren Vormarsch der chinesischen Macht in der Informationslandschaft entgegenzuwirken, bedarf es eines multilateralen Engagements demokratischer Staaten. Gemeinsam müssen sie unabhängigen Journalismus durch diplomatische Unterstützung, Sicherstellung finanzieller Mittel und Technologiepartnerschaften absichern – insbesondere in Ländern und Regionen, die von Zensur und Desinformation betroffen sind.
Des Weiteren ist es essenziell, die Bevölkerung im eigenen Land sowie international über die Bedeutung von freiem Zugang zu Informationen und kritischem Denken zu sensibilisieren. Abschließend zeigt die Lage um Radio Free Asia exemplarisch die Gefahren auf, die entstehen, wenn Nationen kurzfristige politische Entscheidungen zugunsten von Einsparungen oder geopolitischen Kalkülen treffen, die aber letztlich die demokratische Werteordnung schwächen und autoritären Staaten Auftrieb geben. Im Informationszeitalter entscheidet nicht nur wirtschaftliche oder militärische Macht über Einfluss und Sicherheit, sondern vor allem die Kontrolle über den Medienraum und die Wahrheit. Amerika überlässt China damit eine entscheidende, strategische Siegchance – eine Entwicklung, die dringend eine Neubewertung und Gegensteuer verlangt.