Die Geschichte von ASML ist eine faszinierende Reise von bescheidenen Anfängen und Zweifeln hin zu einem der wichtigsten Unternehmen der technologischen Welt. Gegründet im Jahr 1984 als Gemeinschaftsunternehmen von Philips und ASM, wurde ASML in den Anfangsjahren kaum als zukunftsträchtiges Projekt wahrgenommen. Ohne kommerziell tragfähige Produkte und mit erheblichen Verlusten kämpfte das Unternehmen am Rand des Scheiterns. Doch genau dieser Kampfgeist und die unermüdliche Innovationsfreude katapultierten ASML schrittweise an die Spitze der Halbleiterausrüstungsindustrie und machten es zum weltweit führenden Hersteller von Lithographiesystemen für die Chipproduktion.Im Zentrum des Erfolgs von ASML steht die Entwicklung der extrem ultravioletten (EUV) Lithographie – eine Technologie, die unerlässlich ist, um die ever-smaller Dimensionen moderner Halbleiterchips herzustellen.
Die Anforderungen an die Genauigkeit und Komplexität dieser Maschinen sind nahezu unfassbar. ASML-Maschinen sind mit über 700.000 Einzelteilen ausgestattet, was ihre Präzision und den Fertigungsaufwand auf eine völlig neue Ebene hebt. Die EUV-Technologie beruht auf der Erzeugung von Licht im extrem ultravioletten Wellenlängenbereich, das nur durch präzise reflektierende Spiegel gebündelt und auf Siliziumwafer projiziert werden kann. Dieses Licht wird durch die Bestrahlung winziger Zinntröpfchen erzeugt, die mit einem Laser zu Plasma erhitzt werden – ein Vorgang, dessen Hitze um ein Vielfaches die Oberflächentemperatur der Sonne übersteigt.
Es sind solche außergewöhnlichen technologischen Herausforderungen, die ASML zu bewältigen versteht.Der Weg zu dieser technologischen Spitzenstellung war lang und von Rückschlägen geprägt. In den ersten Jahren nach der Gründung musste ASML mit einem wenig erfolgreichen ersten System namens PAS 2000 kämpfen, dessen hydraulische Technik nicht für den Einsatz in den stringent geregelten Fertigungsumgebungen geeignet war. Doch das Unternehmen gab nie auf. Die enge Zusammenarbeit mit Kunden wie TSMC, dem weltweit größten Halbleiterfoundry, erwies sich als entscheidender Wendepunkt.
Ein vermeintlicher Rückschlag – ein Brand bei TSMC, der ausgelieferte Maschinen zerstörte – führte dank Versicherung zu einem erneuten Großauftrag und festigte damit das gegenseitige Vertrauen weiter.ASML hat sich mit dem Erwerb des US-amerikanischen Unternehmens Silicon Valley Group (SVG) 2001 strategisch positioniert und sich wichtige IP-Rechte sowie wertvolles Know-how im Bereich EUV-Technologie gesichert. Diese Akquisition war ein Meilenstein, denn sie bedeutete nicht nur die Eliminierung eines Wettbewerbers, sondern auch die Vertiefung der Beziehungen zu bedeutenden Kunden wie Intel, Samsung und TSMC.Tatsächlich war die Entwicklung der EUV-Lithographie kein Sprint, sondern ein jahrzehntelanger Marathon. Ursprünglich ließ sich die Markteinführung für die Mitte der 2000er Jahre erwarten, doch erst 2019 wurde die Technologie in marktfähigen Systemen realisiert.
Die immense Komplexität und der Kapitalbedarf führten dazu, dass nur ASML diese Herausforderungen stemmen konnte. Japanische Konkurrenten wie Nikon und Canon mussten ihre EUV-Bemühungen schließlich einstellen. Die starke finanzielle Unterstützung durch strategische Investoren aus der Halbleiterbranche, insbesondere durch die gemeinsame Initiative „The Musketeer Project“ mit Intel, Samsung und TSMC, war entscheidend, um die letzten technischen und wirtschaftlichen Hürden zu überwinden.Heute dominieren ASMLs Maschinen den Markt für die äußerst präzise Chipbelichtung, eine Technologie, die die Grundlage für die fortschrittlichsten Prozessoren, Speicherchips und KI-Anwendungen bildet. Die Bedeutung dieser Lithographiesysteme zeigt sich in ihrem Einsatzfeld: Smartphones, Supercomputer, selbstfahrende Autos bis hin zu medizinischen Geräten profitieren unmittelbar von der Fähigkeit, winzigste Strukturen auf Siliziumwafern zu realisieren.
Der Bau und die Auslieferung einer einzelnen EUV-Maschine sind logistische Meisterleistungen. Die Systeme messen in der Größe etwa einen Elefanten und ihre Anlieferung erfordert bis zu sieben Boeing 747-Flugzeuge. Alle Maschinenkomponenten reisen in maßgeschneiderten Spezialcontainern, um eine präzise Temperaturkontrolle sicherzustellen – ein unverzichtbarer Faktor, um die komplexen Optik- und Lasersysteme zu schützen. Jede einzelne dieser Anlagen wird über Jahrzehnte eingesetzt, wobei ASML eine Vielzahl an Service- und Upgrade-Angeboten bietet, um die Systeme kontinuierlich zu verbessern und an neue Anforderungen anzupassen.Ein zentrales Element des Erfolgs ist das engmaschige Netzwerk an Zulieferern, auf das ASML hauptsächlich zurückgreift.
90 Prozent der Maschinenteile stammen von Drittfirmen, etwa 80 Prozent der Produktionskosten entfallen auf externe Komponenten. Dieses kooperative Modell mit Ausrichtung auf Spezialisierung hat sich als Wettbewerbsvorteil herauskristallisiert. ASML agiert weniger als herkömmlicher Hersteller, sondern vielmehr als Architekt und Integrator eines hochkomplexen Systems, das von weltweit über Tausend spezialisierten Zulieferern geschaffen wird. Das Unternehmen stellt strenge Kriterien an seine Lieferanten, um deren Stabilität zu sichern und somit die Lieferkette besonders in volatilen Marktphasen zu schützen.Eine wichtige Rolle kommt dabei dem deutschen Unternehmen Zeiss SMT zu, das für die hochfeinen optischen Spiegel der EUV-Maschinen verantwortlich zeichnet.
Diese Spiegel, einige der flachsten Oberflächen, die Menschen jemals hergestellt haben, reflektieren das EUV-Licht auf seinem komplizierten Weg durch die Anlage. Ohne die Präzision und das Know-how von Zeiss wären ASMLs Innovationen unmöglich gewesen. Diese enge Partnerschaft ist ein eindrucksvolles Beispiel für die globale und vernetzte Natur moderner High-Tech-Entwicklung.Finanziell ist ASML heute ein außergewöhnlicher Erfolg. Im Jahr 2023 erreichte das Unternehmen einen Umsatz von 27,6 Milliarden Euro, was einer Steigerung von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Die operative Marge lag bei beeindruckenden 38 Prozent. Trotz dieser enormen Zahlen verkauft ASML vergleichsweise wenige Maschinen: 449 Stück im Jahr 2023. Dies unterstreicht den extrem hohen Wert und die Exklusivität der Produkte. Die Marktkapitalisierung übersteigt inzwischen 300 Milliarden Euro, was ASML nicht nur zum wertvollsten Unternehmen Europas macht, sondern auch zu einem zentralen Spieler im globalen Technologiemarkt.Die Kundenbasis ist dabei auffallend konzentriert.
Unternehmen wie TSMC, Samsung und Intel dominieren den Umsatz und sind auf die einzigartigen ASML-Technologien angewiesen. Das spiegelt die Struktur der Halbleiterindustrie wider, in der nur wenige Player mit ausreichender finanzieller und technologischer Kraft existieren, um modernste Chips zu fertigen. Trotz der Kundenspezialisierung sorgt der langfristige Charakter der Kundenbeziehungen für Stabilität. ASML-Maschinen sind gewissermaßen Investitionen auf Jahrzehnte. Selbst ältere Modelle sind oft noch im Einsatz oder werden nach umfassender Aufbereitung neu vermarktet.
Das Unternehmen pflegt auch eine besondere Unternehmenskultur, die auf Eigenverantwortung und Innovationsgeist fußt. Patente werden von Mitarbeitern persönlich gehalten, was eine Atmosphäre der Anerkennung und des Stolzes schafft. Ein eindrucksvolles Symbol dieser Wertschätzung ist die Tradition, die Gesichter der besten Innovatoren auf Siliziumwafern zu verewigen und in der Firmenzentrale zu präsentieren.Führende Persönlichkeiten wie Peter Wennink, ehemaliger CEO, und Martin van den Brink, langjähriger CTO und Pionier in der Produktentwicklung, prägten das Unternehmen maßgeblich. Wennink begleitete ASML über 25 Jahre, davon zuletzt als CEO, und führte das Unternehmen durch nahezu alle Herausforderungen bis zum heutigen Erfolg.
Van den Brink war von Beginn an dabei und gilt als technisches Genie, das die Innovationen vorantrieb, ohne die ASML niemals den heutigen Status erreicht hätte.Ein bemerkenswertes Faktum ist, dass ASML – trotz seiner marktbeherrschenden Stellung und seiner Bedeutung für die globale Technologieproduktion – bisher unabhängig geblieben ist. Gespräche über Übernahmen, etwa durch amerikanische Unternehmen wie Applied Materials und KLA, scheiterten, weil die Branche auf eine offene Zusammenarbeit angewiesen ist. Ein solcher Kauf hätte möglicherweise die wichtige branchenübergreifende Zusammenarbeit und die breite Unterstützung der EUV-Entwicklung gefährdet.Abschließend lässt sich sagen, dass ASML weit mehr ist als nur ein Hersteller von Maschinen.
Das Unternehmen gestaltet die Zukunft der Technologie durch seine visionäre Arbeit an den komplexesten und präzisesten Maschinen der Welt. Es ist ein Leuchtturm der Innovation, dessen Entwicklung exemplarisch zeigt, wie technische Exzellenz, strategische Partnerschaften und eine starke Unternehmenskultur zusammenwirken können, um einen wichtigen globalen Industriezweig zu revolutionieren. In einer zunehmend digitalisierten Welt bleibt ASML ein unverzichtbarer Akteur, dessen Bedeutung und Einfluss in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter wachsen werden.