Die Erforschung der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie auf Quantenebene hat in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht. Insbesondere die Cavity Quantum Electrodynamics (CQED) bildet ein fundamentales Feld, das sich mit genau dieser Wechselwirkung in optischen Kavitäten beschäftigt. Mit dem Aufkommen von neuen Strukturen und Materialien eröffnet die Kombination von CQED mit Moiré-Photonik-Kristallen in Nanokavitäten völlig neue Perspektiven für die Quantenoptik und Quanteninformationstechnologie. Diese Verbindung verspricht nicht nur die Verbesserung der Effizienz quantenoptischer Geräte, sondern auch die Kontrolle über Licht-Materie-Wechselwirkungen auf noch nie dagewesener Ebene. Die Grundlagen von Cavity Quantum Electrodynamics sind eng mit der Manipulation des elektromagnetischen Felds in mikroskopisch kleinen Resonatoren verbunden.
Durch die räumliche Begrenzung von Photonen in sogenannten Kavitäten kann die Wechselwirkung mit einzelnen Quantenobjekten, wie etwa Quantenpunkten (Quantum Dots, QDs), deutlich verstärkt werden. Insbesondere sind dabei zwei Regime von großer Bedeutung: das schwache und das starke Kopplungsregime. Im schwachen Kopplungsregime sorgt das Kavitätsfeld für eine Modifikation der lokalen optischen Zustandsdichte, was als Purcell-Effekt bezeichnet wird. Er führt zu einer Beschleunigung der Emission von Photonen durch den Quantenzustand. Das starke Kopplungsregime hingegen ermöglicht eine kohärente Energieaustausch zwischen Materie und Licht, was wichtige Anwendungen für die Quantenteleportation oder den Bau quantenoptischer Schalter bietet.
Traditionell wurden verschiedene Arten von Photonenresonatoren genutzt, um CQED-Effekte mit Quantenpunkten zu realisieren. Dazu zählen etwa Flüster-Galerie-Mode-Mikrokavitäten, photonenkristalline Kavitäten oder Verteilte Bragg-Reflektor-Kavitäten. Obwohl diese Plattformen bereits bemerkenswerte Ergebnisse erzielt haben, wird die weitere Verbesserung von Gütefaktor (Q) und kleinster Modenvolumen (V) häufig durch technische und physikalische Grenzen eingeschränkt. Hier setzen Moiré-Photonik-Kristallstrukturen (MPhC) in Nanokavitäten an. Sie stellen eine neuartige Klasse von Photonikstrukturen dar, die durch das Übereinanderlegen zweier lichtleitender Schichten mit geringen Rotationswinkeln entstehen.
Dieser sogenannte Twist führt zu einer Moiré-Superstruktur, die analoge Effekte, wie man sie von moiré-elektronischen Systemen kennt, aber im Bereich der Photonik erzeugt. Besonders bemerkenswert ist dabei das Auftauchen von sogenannten Flachbändern im Photonenbanddiagramm. Diese Flachbänder sind charakterisiert durch eine sehr geringe Dispersionsbreite, wodurch die Gruppengeschwindigkeit der Lichtwellen im Resonator fast auf null sinkt. Das führt zu einem extrem starken lokalen Lichteinfang und zu einer bedeutend erhöhten Aufenthaltszeit der Photonen in der Kavität, also einem sehr hohen Gütefaktor. Die MPhC-Nanokavitäten sind somit in der Lage, Licht extrem stark zu lokalisieren, während das Modenvolumen gleichzeitig sehr klein bleibt.
Diese Kombination erhöht das Verhältnis Q/V beträchtlich, was eine grundlegende Voraussetzung für starke Wechselwirkungen zwischen einzelnen Quantenpunkten und Kavitätenmoden ist. Aufgrund der physikalischen Struktur der Moiré-Photonik werden bei kleinen Twistwinkeln sogar theoretisch Gütefaktoren von über einer Million prognostiziert, womit sie traditionellen Photonik-Kavitäten überlegen sind. Die praktische Umsetzung stellt allerdings Herausforderungen dar. Das klassische Design von MPhC basiert auf zweilagigen, selbsttragenden Photonic Crystal Slabs, die insbesondere im Nahinfrarotbereich mit in Glas eingebetteten Quantenpunkten schnell instabil werden und kollabieren können. Außerdem sind die Kavitätsmoden häufig so verteilt, dass das elektromagnetische Feld bevorzugt in den Luftlöchern konzentriert ist, was die räumliche Überlappung mit den QDs erschwert und damit die effektive Kopplung reduziert.
Um diese Probleme zu meistern, wurde ein innovativer Ansatz verfolgt, bei dem moiré Strukturen auf einer einzelnen GaAs-Schicht mit eingebetteten Indium-Gallium-Arsenid-Quantenpunkten realisiert werden. Dabei wird der Fillfaktor des Photonic Crystal Designs modifiziert, das heißt das Verhältnis von Luftlochradius zu Gitterkonstante wird optimiert, um die elektromagnetische Modenfeldverteilung zu verändern. Dadurch lässt sich eine bessere Überlappung des QD-Emissionsortes mit dem Feld erzielen und gleichzeitig der Gütefaktor auf Werte um 2000 experimentell anheben. Auch das Design der äußeren Lochränder der Nanokavität wird kontrolliert, um die mechanische Stabilität der Struktur sicherzustellen und gleichzeitig Verluste zu minimieren. Die experimentellen Messungen, die mittels niederenergetischer Photolumineszenz und zeitaufgelöster Spektroskopie bei tiefen Temperaturen durchgeführt werden, bestätigen die theoretischen Vorhersagen.
Insbesondere zeigt sich ein signifikanter Purcell-Effekt, welcher sich durch eine bis zu 8,4-fache Verstärkung der Photolumineszenzintensität von einzelnen Quantenpunkten in Resonanz mit den moiré Kavitätsmoden ausdrückt. Parallel dazu kann mittels Lebenszeitmessungen eine Verdreifachung der Emissionsrate nachgewiesen werden, was direkt mit dem Purcell-Faktor korreliert. Eine weitere wichtige Beobachtung ist die Verbesserung der Ein-PHOTON-Projektionsqualität der emittierten Strahlung. Durch Korrelationsexperimente (Messung des zweiten Ordnungs Korrelationsmaßes g(2)) wird nachgewiesen, dass die Kopplung an die MPhC Nanokavitäten die Einzelphotonenreinheit verbessert und damit diese Systeme als hocheffiziente Einzelphotonquellen für Quantenkommunikationsanwendungen prädestiniert. Die Kombination aus hohen Gütefaktoren, kleinen Modenvolumina, verbesserter Stabilität und optimierter Überlappung der Ladungsträger- beziehungsweise Emissionszentren mit den Kavitätsmoden verleiht den Moiré-Photonik-Kristall Nanokavitäten aus GaAs eine führende Rolle in der Festkörper-CQED.
Zudem ermöglichen sie eine direkte Auskopplung der Photonen in den Raum „aus der Ebene heraus“, was eine leichte Integration in freie Raum(optische) Experimente oder Faserkopplung erleichtert und somit den praktischen Einsatz in Quantennetzwerken unterstützt. Diese Forschungsrichtung eröffnet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten. Insbesondere könnten hocheffiziente Einzelphotonquellen auf Basis von moiré Nanokavitäten in QD-Systemen künftig zur Realisierung von Quantencomputern, quantenbasierten Verschlüsselungssystemen sowie innovativen Lasertechnologien mit ultraniedrigem Schwellenstrom dienen. Auch die Erforschung von stark gekoppelten Systemen und die Nutzung nichtlinearer Effekte im starken Kopplungsregime könnte den Weg für neuartige quantenoptische Bauelemente ebnen. Darüber hinaus liefert die experimentelle und theoretische Untersuchung dieser Systeme wichtige Einblicke in das grundlegende Verständnis der Licht-Materie-Wechselwirkung in stark maßgeschneiderten, komplexen Nanostrukturen.
Die Moiré-Photonic Crystal Nanokavitäten sind nicht nur ein faszinierendes Beispiel für die Nutzung der Twistronik in der Photonik, sondern auch ein Modellsystem zur Erkundung bisher unbekannter Quantenphänomene in künstlich erzeugten Gitterumgebungen. Zukünftige Forschungsrichtungen könnten die Verfeinerung von Herstellungstechnologien, zum Beispiel zur Herstellung von Nanokavitäten mit noch präziseren Twistwinkeln oder höherer Materialqualität umfassen. Weiterhin könnte die Entwicklung von fortschrittlicher Positionierung von Quantenpunkten in solchen Strukturen die Kopplungseffizienz weiter steigern. Ebenfalls spannend ist die Kombination mit anderen Quantenemittern, wie Defektzentren in Diamant oder neuartigen 2D-Materialien, um die Funktionalität und Vielseitigkeit der CQED-Systeme zu erweitern. Abschließend lässt sich festhalten, dass die Verwendung von Moiré-Photonik-Kristall Nanokavitäten in der CQED eine innovative Schnittstelle zwischen Nanophotonik, Materialwissenschaften und Quantenoptik darstellt.
Durch die Kombination von herausragenden physikalischen Eigenschaften und praktischer Anwendbarkeit wird diese Technologie zweifellos einen bedeutenden Beitrag zum Fortschritt von Quanteninformationsverarbeitung und fortgeschrittenen optoelektronischen Geräten leisten.