Der Einzelhandelskonzern Kohl’s steht erneut im Fokus der Aufmerksamkeit, nachdem ein bedeutendes Mitglied seines Vorstands unerwartet zurückgetreten ist. Christine Day, ehemalige CEO des bekannten Sportbekleidungsunternehmens Lululemon, gab am 5. Mai 2025 ihren Rücktritt bekannt. In ihren Schreiben an Kohl’s kritisierte sie insbesondere die Unternehmensführung sowie einen Mangel an Transparenz. Dies wirft Fragen zur innerbetrieblichen Kultur und den Kontrollmechanismen bei einem der führenden US-Einzelhändler auf.
Interessanterweise weist Kohl’s jegliche Behauptungen über Reibungen intern entschieden zurück. Das Unternehmen veröffentlichte bereits vor der Bekanntgabe der detaillierten Erklärung von Christine Day eine offizielle Meldung bei der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC, in der betont wird, dass ihr Rücktritt nicht aufgrund von Differenzen bezüglich der operativen Abläufe, Richtlinien oder Praktiken des Konzerns erfolgte. Diese gegensätzlichen Darstellungen lassen jedoch Raum für Diskussionen über die tatsächlichen Hintergründe und mögliche interne Konflikte. Christine Day war seit April 2021 Mitglied des Kohl’s Vorstands und brachte ihre umfangreiche Erfahrung aus der Mode- und Sportbekleidungsbranche in das Gremium ein. Ihr plötzlicher Entschluss, das Unternehmen zu verlassen, kommt nur wenige Tage nach der Entlassung des damaligen CEO Ashley Buchanan, der aufgrund eines als ungewöhnlich bezeichneten Abschlusses mit einem Geschäftspartner, mit dem er persönliche Verbindungen hatte, abgesetzt wurde.
Diese Ereignisse unterstreichen eine Phase der Unruhe innerhalb des Unternehmens. Die Details zu Days Rücktritt wurden erstmals in einer SEC-Meldung vom 9. Mai bekannt. Darin wird deutlich, dass sie sich bereits vor einigen Tagen schriftlich bei Mitgliedern des Vorstands und der Rechtsabteilung gemeldet hatte, um ihren sofortigen Rücktritt zu erklären. In weiteren E-Mails brachte sie ihre Enttäuschung über die Governance-Prozesse zum Ausdruck und wies auf eine unzureichende Transparenz hin.
Besonders kritisch äußerte sie sich in Bezug auf den Umgang mit einer Stellungnahme von Institutional Shareholder Services (ISS), einer renommierten Proxy-Beratungsgesellschaft, die unter anderem Bedenken hinsichtlich der Vergütung des neuen CEOs äußerte. ISS hatte sich gegen eine Abstimmung zur Ratifizierung der CEO-Vergütung ausgesprochen, da sie die Vergütungshöhe, die Offenlegung und die Struktur der Anreizprogramme für Ashley Buchanan als problematisch ansah. Christine Day sah offenbar die Reaktion des Vorstands auf diese Kritik als unzureichend und als Beispiel für mangelnde Transparenz und Governance, was für sie persönliche und berufsethische Grenzen überschritt. Die Reaktion von Kohl’s auf Days detaillierte Kritik ließ nicht lange auf sich warten. In einer öffentlichen Stellungnahme auf die SEC-Meldung betonte das Unternehmen, dass es die geäußerten Anschuldigungen entschieden zurückweist.
Zudem wies Kohl’s darauf hin, dass Days Rücktritt zunächst ohne Angabe von Gründen erfolgte und es unverständlich sei, weshalb sie ihre Kritik erst in nachträglichen E-Mails offengelegt habe. Diese gegenseitigen Anschuldigungen und Deutungsversuche zeigen, dass Kohl’s vor erheblichen Herausforderungen in seiner Führungs- und Kontrollstruktur steht. Die öffentlichen Diskussionen schaden der Reputation des Unternehmens in einer Phase, in der es ohnehin mit anderen Problemen, wie einer sich wandelnden Handelslandschaft und zunehmendem Wettbewerbsdruck konfrontiert ist. Die Bedeutung einer soliden Unternehmensführung wurde gerade in der heutigen Wirtschaftswelt immer stärker betont. Investoren, Kunden und Mitarbeiter erwarten Transparenz, Fairness und Verantwortlichkeit von einem Großkonzern wie Kohl’s.
Wenn interne Konflikte oder Missstände öffentlich werden, kann das gravierende Folgen für den Aktienkurs, die Mitarbeiterzufriedenheit und das Vertrauen der Öffentlichkeit haben. Vor allem der Einzelhandelssektor ist in einem intensiven Wandel begriffen. Digitale Konkurrenten, veränderte Konsumgewohnheiten und gestiegene Erwartungen an Nachhaltigkeit und Unternehmensethik zwingen traditionelle Händler dazu, ihre Strukturen und Strategien beständig zu hinterfragen und anzupassen. Vor diesem Hintergrund sind Governance-Probleme und fehlende Transparenz nicht nur Management-Herausforderungen, sondern potenzielle Risiken für den Fortbestand und den Erfolg eines Unternehmens. Kohl’s steht nun vor der Aufgabe, die entstandenen Spannungen in der Führungsebene zu klären und das Vertrauen sowohl intern als auch extern zurückzugewinnen.
Experten empfehlen, dass das Unternehmen verstärkt auf offene Kommunikationsprozesse setzt und sicherstellt, dass Kontrollgremien effizient arbeiten und Interessenkonflikte konsequent vermieden werden. Gleichzeitig könnte eine Überarbeitung der Vergütungssysteme und eine stärkere Einbindung unabhängiger Stimmen im Vorstand hilfreich sein, um solche Krisen zukünftig zu verhindern. Christine Day hat mit ihrem öffentlichen Rücktritt und den klaren Aussagen einen wichtigen Impuls in der Diskussion um Unternehmensführung bei Kohl’s gesetzt. Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Schritte das Unternehmen unternimmt, um die entstandenen Differenzen aufzuarbeiten und wie die Aktionäre sowie der Markt darauf reagieren werden. Insgesamt zeigt der Fall Kohl’s exemplarisch, wie komplex und sensibel das Thema Corporate Governance ist und welch hohe Bedeutung sie für den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg und das Ansehen eines Unternehmens hat.
Gerade in einem Umfeld, das von schnellem Wandel und hoher Konkurrenz geprägt ist, ist es unerlässlich, dass alle Führungsebenen vertrauenswürdig und transparent agieren, um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern.