Die Frage der Umweltgerechtigkeit gewinnt weltweit an Bedeutung, besonders in den Vereinigten Staaten, wo soziale Ungleichheiten und Umweltbelastungen oft Hand in Hand gehen. Die Corona-Pandemie, steigende Umweltkrisen und das Bewusstsein für systemische Benachteiligungen haben die Bedeutung von Tools hervorgehoben, die Ungerechtigkeiten sichtbar machen und bei der Entscheidungsfindung unterstützen. Ein Beispiel für ein solches wichtiges Instrument ist Justice41 – ein Screening-Tool, das ursprünglich vom ehemaligen Rat für Umweltqualität (Council on Environmental Quality, CEQ) der Bundesregierung erstellt wurde. Es wurde jedoch während der Trump-Administration vom Netz genommen, was bei vielen Befürwortern von Umwelt- und Sozialgerechtigkeit auf Kritik stieß. Die Wiederbelebung dieses Tools markiert einen bedeutenden Schritt hin zu mehr Transparenz und Engagement für benachteiligte Gemeinden in den USA.
Justice41 dient als interaktive Plattform, die es Nutzern ermöglicht, eine Vielzahl von geografischen Daten einzusehen, um zu erkennen, welche Gemeinden besonders stark unter Umweltbelastungen und sozialer Benachteiligung leiden. Zentraler Bestandteil der Plattform ist eine durchsuchbare und zoombare Karte, die Daten auf der Ebene von sogenannten Census Tracts – kleinen geografischen Einheiten mit einer durchschnittlichen Bevölkerung zwischen 1.200 und 8.000 Personen – visualisiert. Durch die Analyse dieser Daten lassen sich besonders vulnerabel positionierte Gemeinden identifizieren, die von unterdurchschnittlicher Investition und gleichzeitig erhöhter Umweltverschmutzung betroffen sind.
Ein zentrales Merkmal von Justice41 besteht darin, dass neben den üblichen geografischen Tracts auch landschaftliche und kulturelle Besonderheiten berücksichtigt werden. Besonders hervorzuheben ist dabei die Berücksichtigung der landschaftlichen Grenzen von „Federally Recognized Tribes“ (Bundesweit anerkannte Stammesgebiete) und Alaska Native Villages, die als benachteiligte Gemeinden gelten – unabhängig davon, ob sie Landbesitz haben oder nicht. Diese Anerkennung stammt aus der Respektierung der tribalischen Souveränität und der Einhaltung von Bundesverpflichtungen im Rahmen von Treaties und Verträgen. Die Nutzung von Justice41 ist intuitiv gestaltet. Nutzer können sich mithilfe der Suchfunktion oder durch das Lokalisieren ihres eigenen Standorts gezielt durch die Karte bewegen und detaillierte Informationen zu einzelnen Census Tracts abrufen.
Dabei werden Belastungen anhand von Perzentilen dargestellt; das bedeutet, dass die Umwelt- und Sozialbelastungen eines Gebietes im Verhältnis zu anderen Tracts bewertet und eingeordnet werden. Solche relativen Rankings sind essenziell, um abzugrenzen, welche Gemeinden aufgrund von Ungleichheiten besonders gefährdet sind und somit vordringlichen Fördermaßnahmen bedürfen. Die zugrunde liegenden Daten sind vielfältig und umfassen verschiedene Kategorien, die typische Belastungen wiedergeben. Hierzu zählen unter anderem energetische Faktoren, Wohnverhältnisse, Altlasten, Verkehrslärm, Schadstoffbelastung oder wirtschaftliche Aspekte wie Arbeitslosigkeit und Armutsquoten. Die Bandbreite der Belastungen zeigt, dass das Screening-Tool Umwelt- und Sozialdimensionen integrativ betrachtet und somit ein ganzheitliches Bild der Herausforderungen vor Ort zeichnet.
Ein wichtiger Punkt bei der Entwicklung und Verfeinerung von Justice41 war die Berücksichtigung der unterschiedlichen Voraussetzungen in den US-Territorien. Während in Puerto Rico noch ein breites Spektrum an Belastungsdaten verfügbar ist, reduziert sich in den kleineren Territorien wie Guam, American Samoa, den Nördlichen Marianen oder den US Virgin Islands das Datenangebot aufgrund begrenzter Datenerhebungen auf arbeitsmarktbezogene und einkommensbezogene Faktoren. Dort werden Gemeinschaften als benachteiligt eingestuft, wenn sie die Einkommensschwelle unterschreiten, was die große Herausforderung der Datenverfügbarkeit und deren Vergleichbarkeit verdeutlicht. Die Wiederveröffentlichung und das Rehosting von Justice41 ist nicht nur eine technische Leistung, sondern auch ein symbolischer Akt. Während der Trump-Administration fanden Bemühungen statt, wichtige Transparenz- und Umweltgerechtigkeitstools abzubauen, was breite Kritik von zivilgesellschaftlichen Organisationen, Wissenschaftlern und betroffenen Gemeinschaften nach sich zog.
Die Rückkehr von Justice41 unterstreicht das Bestreben, systemische Umweltungerechtigkeiten sichtbar zu machen und politische Entscheidungsträger auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene mit belastbaren Daten zu versorgen, um gezielte Maßnahmen für benachteiligte Gemeinden zu ermöglichen. Von besonderer Relevanz ist Justice41 auch im Kontext der US-Bundespolitik, insbesondere der Bemühungen, Umweltgerechtigkeit als Leitprinzip in die Umsetzung von Infrastrukturprojekten, Klimapolitik und gesellschaftlicher Entwicklung zu integrieren. Die USA stecken mitten in einem politischen Umbruch mit verstärktem Fokus auf Nachhaltigkeit, soziale Inklusion und reparative Umweltpolitik. Justice41 bietet dabei eine wissenschaftlich fundierte Grundlage, um Prioritäten richtig zu setzen und Ressourcen dorthin zu lenken, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Darüber hinaus steht Justice41 auch exemplarisch für die Bedeutung von transparenter Datenverfügbarkeit und partizipativer Nutzung öffentlicher Daten.
Die Möglichkeit für Bürgerinnen und Bürger, sich über Umweltbelastungen und sozioökonomische Herausforderungen in ihrer Gemeinde zu informieren, ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung von gesellschaftlichem Bewusstsein und demokratischer Beteiligung. Besonders marginalisierte Gemeinschaften erhalten hier ein Instrument, um ihre Situation sichtbar zu machen und für mehr Gerechtigkeit zu kämpfen. Für Menschen, die sich mit Umweltpolitik, sozialer Gerechtigkeit, Stadtentwicklung oder gemeindebezogener Arbeit beschäftigen, ist Justice41 ein wertvolles Werkzeug. Es erleichtert Analysen und hilft, politische Forderungen besser zu untermauern. Gleichzeitig macht es die komplexe Verflechtung zwischen Umweltfaktoren und sozialen Indikatoren deutlich und schafft so ein Verständnis der strukturellen Ursachen von Ungleichheit.
Das Engagement, das hinter der Wiederherstellung des Tools steckt, zeigt, wie bedeutend öffentliche Transparenz und Datenintegrität für demokratische Gesellschaften sind. Justice41 harmoniert mit der Vision, nachhaltige Entwicklung und Gerechtigkeit zu verbinden und dabei alle Bevölkerungsschichten einzubeziehen. Mit dem wieder verfügbaren Tool können Gemeinden besser wachsen, ihre Herausforderungen sichtbar machen und es wird eine Basis geschaffen, um Ungleichheiten auf systematischer Ebene zu bekämpfen. Abschließend lässt sich sagen, dass Justice41 mehr ist als nur eine Karte oder ein digitales Instrument. Es steht für den Wettlauf um Umweltgerechtigkeit, die Anerkennung historischer Benachteiligungen und das Streben nach einer fairen und nachhaltigen Zukunft.
Die Wiederbelebung dieses Tools ist ein Meilenstein für alle, die sich für soziale Gerechtigkeit, Umwelt und Demokratie engagieren und verdeutlicht, wie essenziell technische Instrumente für gesellschaftlichen Wandel sein können.