Hauskatzen gehören zu den beliebtesten Haustieren weltweit und haben sich eng an das Zusammenleben mit Menschen angepasst. Obwohl man oft annimmt, Katzen reagieren vorwiegend auf visuelle oder akustische Reize, gewinnt die Bedeutung des Geruchssinns als ein wichtiger Kommunikationskanal zunehmend Aufmerksamkeit. Katzen verfügen über ein äußerst sensibles und differenziertes olfaktorisches System, das sie in ihrer sozialen Interaktion mit Artgenossen und Menschen unterstützt. Doch welche Verhaltensweisen zeigen Katzen gegenüber menschlichen Gerüchen? Können Katzen bekannte Personen anhand ihres individuellen Geruchs erkennen? Und welche Rolle spielen dabei Persönlichkeit und Beziehung zum Menschen? Die Antworten auf diese Fragen geben faszinierende Einblicke in das soziale Verhalten und die Wahrnehmung der Tierwelt. Der Geruchssinn der Katze ist weitaus ausgeprägter als vielfach angenommen.
Katzen nutzen Düfte nicht nur zur Identifikation anderer Katzen, sondern auch zur Einschätzung von Umgebung, Gefahren und potenziellen Partnern. Sie kommunizieren untereinander über chemische Signale, beispielsweise über Urin- und Analdrüsensekrete oder durch das sogenannte Allorubbing, bei dem sie ihren Körper an Artgenossen reiben, um gegenseitig ihre Duftmarken auszutauschen. Studien haben gezeigt, dass Katzen sogar langfristige Erinnerungen an Gerüche ihrer Mutter besitzen und Analdrüsensekrete verwenden, um individuelle Artgenossen zu erkennen. Im Gegensatz dazu ist das Wissen über menschliche Gerüche und deren Bedeutung für Katzen bislang vergleichsweise spärlich. Eine aktuelle Untersuchung hat systematisch das Verhalten domestizierter Katzen gegenüber menschlichen Gerüchen erforscht, wobei zwischen dem Duft bekannter Personen (insbesondere der Besitzer), unbekannter Personen und einem geruchlosen Kontrollobjekt unterschieden wurde.
Die Katzen wurden gleichzeitig mit allen drei Gerüchen konfrontiert, und ihr Reaktionsverhalten wurde detailliert analysiert. Dabei zeigte sich, dass die Samtpfoten deutlich mehr Zeit damit verbrachten, an den Gerüchen unbekannter Menschen zu schnüffeln als an denen ihrer Besitzer oder an geruchslosen Proben. Dieses Verhalten deutet darauf hin, dass Katzen neuartige und unbekannte Düfte mit besonderem Interesse untersuchen, möglicherweise, um Informationen zu sammeln und potenzielle Gefahren auszuschließen. Darüber hinaus wurde untersucht, ob Katzen bei der Geruchswahrnehmung eine Lateralisierung zeigen – also eine Bevorzugung einer bestimmten Seite ihres Körpers, hier speziell der linken oder rechten Nasenöffnung. Dieses Phänomen ist aus anderen Tierarten bekannt und wird in Zusammenhang mit einer hemisphärischen Spezialisierung des Gehirns gebracht.
Während Katzen zunächst bevorzugt die rechte Nasenöffnung zum Schnuppern unbekannter Gerüche einsetzten, wechselten sie im Verlauf der Untersuchung eher zur linken Seite. Dieser Musterwechsel kann mit der Verarbeitung neuer Reize im Gehirn in Verbindung stehen: Die rechte Gehirnhälfte ist tendenziell für die Verarbeitung von Verhaltensreaktionen auf potenzielle Bedrohungen zuständig, während die linke Hemisphäre bei der Habituation und routinierten Einschätzung von Reizen eine wichtige Rolle spielt. Das Experiment berücksichtigte auch die Position der Geruchsproben vor den Katzen. Es zeigte sich, dass die Tiere beim Schnuppern die jeweils gegenüberliegende Nasenöffnung (kontralateral) zum Geruchsobjekt bevorzugten. Diese eigenartige Bewegung könnte eine bewusste Ausrichtung sein, um den Geruch gezielt aufzunehmen.
Im Anschluss an das Schnüffeln rubbelten die Katzen häufig mit dem entsprechenden Gesichtsteil an den Objekten, was als Markierung verstanden wird. Diese Verbindung von Schnuppern und Reiben weist darauf hin, dass der Geruchssinn eine wichtige Rolle bei der sozialen Kommunikation und der Territorialmarkierung von Katzen spielt. Interessanterweise zeigte sich auch ein Zusammenhang zwischen dem individuellen Verhalten der Katzen und ihrer Persönlichkeit. Insbesondere männliche Katzen mit bestimmten Persönlichkeitseigenschaften wie Neurotizismus oder Verträglichkeit zeigten differenzierte Reaktionsmuster in Bezug auf die Häufigkeit und Intensität des Schnüffelns. Dies lässt darauf schließen, dass das Verhalten bei der Geruchswahrnehmung über bloße Instinkte hinausgeht und durch die Charaktereigenschaften der Katzen beeinflusst ist.
Während weibliche Katzen kein vergleichbares Muster aufwiesen, legte die Untersuchung nahe, dass Geschlecht und Persönlichkeit Faktoren sind, die die olfaktorische Interaktion mit Menschen modulieren. Die Forschung ergab zudem, dass der Grad der sozialen Bindung zwischen Katze und Besitzer, gemessen an emotionale Nähe oder Dauer der Beziehung, keinen direkten Einfluss auf das Schnüffelverhalten der Tiere hatte. Dies ist eine überraschende Erkenntnis, denn man hätte vermuten können, dass Katzen ihre Besitzer bevorzugt über ihren Geruch erkennen und entsprechend reagieren. Stattdessen könnte das Erkunden von menschlichen Gerüchen eine grundsätzliche Verhaltensweise sein, die weniger von individuell erfahrenen Bindungen als von angeborenen Verhaltensmustern bestimmt wird. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Katzen möglicherweise Gerüche aus der Distanz wahrnehmen und vor der eigentlichen Annäherung schon eine Entscheidung darüber treffen, welchen Geruch sie zuerst untersuchen.
Die erste Wahl wurde in Zusammenhang mit Persönlichkeitsdimensionen wie Extraversion oder Neurotizismus gebracht. Damit eröffnet sich der Gedanke, dass Katzen über feine sensorische Fähigkeiten verfügen, mit deren Hilfe sie ihre Umwelt und soziale Partner differenziert wahrnehmen und selektiv ansprechen. Das Verhalten der Katzen beim Umgang mit menschlichen Gerüchen ist daher komplex und facettenreich. Es beinhaltet zunächst eine aufmerksame Untersuchung unbekannter Düfte, die mit einer hemisphärischen Lateralisierung in der Nasenöffnung einhergeht. Die nachfolgende Gesichtsrubbelung weist auf eine kommunikative Funktion hin, möglicherweise als ein Mittel zur eigenen Duftmarkierung oder zur sozialen Bindung.
Persönlichkeitsmerkmale und Geschlecht beeinflussen das Schnüffelverhalten, während die Bindung zum Besitzer weniger relevant erscheint. Diese Erkenntnisse tragen dazu bei, das Zusammenspiel zwischen Mensch und Katze besser zu verstehen. Sie unterstreichen, wie die olfaktorische Wahrnehmung – bisher oft unterschätzt – eine bedeutende Rolle für die soziale Interaktion und das Wohlbefinden der Tiere spielt. Weitere Forschungen, insbesondere solche, die beispielsweise mit crossmodalen Methoden die Verknüpfung von Geruch, Stimme und visuellem Erkennen bei Katzen untersuchen, könnten dazu beitragen, noch tiefere Einblicke in die kognitiven Fähigkeiten von Katzen zu erhalten. Für Katzenbesitzer bedeutet dies, dass das Aufrechterhalten einer vielfältigen und harmonischen sensorischen Umgebung wichtig ist.