Polen befindet sich am Scheideweg, wenn es darum geht, die nächste Präsidentschaft zu bestimmen – ein Amt, das trotz seiner vergleichsweise begrenzten Machtbefugnisse erhebliche Auswirkungen auf die nationale Politik und speziell auf die Regulierung von Kryptowährungen haben kann. Während der Wahlkampf der Präsidentschaftswahl 2025 durch Themen wie Gesundheitsversorgung, Wohnungsbau und Sicherheit geprägt ist, rückt die Rolle von Kryptowährungen zunehmend in den Fokus. Dies liegt nicht zuletzt an der Tatsache, dass Polen in Mitteleuropa eine der am schnellsten wachsenden Krypto-Communities beheimatet, deren Mitglieder gespannt auf günstige politische Rahmenbedingungen hoffen. Innerhalb dieses Kontextes haben sich drei Kandidaten herauskristallisiert, die auf klare, pro-Krypto-Positionen setzen und damit nicht nur Bitcoin-Enthusiasten ansprechen, sondern auch Investoren und Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind. Ihre unterschiedlichen politischen Ausrichtungen und Visionen spiegeln die Bandbreite der Debatte über die Zukunft der Kryptowährungen in Polen wider.
Der führende Kandidat in den Umfragen ist Rafał Trzaskowski, Bürgermeister von Warschau und Mitglied der Mitte-Links-Partei Bürgerkoalition (KO). Trzaskowski hat die Haltung vertreten, dass der Staat sich aus den Investitionen in Kryptowährungen heraushalten sollte. In Gesprächen mit Wählern in Jarocin betonte er, dass die Regierung nicht durch zusätzliche Auflagen oder Kosten die Risiken für Investoren erhöhen, sondern vielmehr die bestehenden Risiken minimieren solle. Seine Aussagen setzen auf eine Balance zwischen Regulierung und Freiheit, wobei er sich nicht offen gegen EU-weite Regelungen wie die MiCA-Verordnung (Markets in Crypto-Assets) stellte, aber auch kritische Stimmen in seiner Partei und der Opposition diese Gesetzgebung ablehnen. Mit seiner Position versucht Trzaskowski, das Vertrauen der breiten Masse der Wähler zu gewinnen, die sich einerseits für die technologische Zukunft interessieren, andererseits aber auch eine vorsichtige Herangehensweise an neue Finanzinstrumente bevorzugen.
Auf der entgegengesetzten Seite des politischen Spektrums positioniert sich Sławomir Mentzen, Kandidat der rechtsradikalen Allianz Konföderation Freiheit und Unabhängigkeit (Konfederacja). Mentzen nimmt eine sehr eindeutige Haltung ein und verspricht, die Kryptowährungen in Polen zu „befreien“. Er kritisiert die staatlichen Maßnahmen gegen digitale Währungen scharf und sieht darin den Hauptgrund dafür, dass viele Krypto-Unternehmen Polen verlassen oder schließen mussten. Sein Wahlprogramm enthält ambitionierte Pläne: Mentzen will Polen als das kryptofreundlichste Land der Europäischen Union etablieren, mit extrem niedrigen Steuern und einer unterstützenden Politik seitens Banken und Regulierungsbehörden. Er hat außerdem die Einführung eines strategischen Bitcoin-Reservenfonds vorgeschlagen, um Polen als zentralen Akteur auf dem Krypto-Markt zu positionieren.
Besonders herausragend ist sein Versprechen, Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen nach einer Haltefrist von einem Jahr steuerfrei zu stellen. Dies spricht vor allem Investoren stark an und könnte eine neue Dynamik in den heimischen Krypto-Märkten auslösen. Ein weiterer bemerkenswerter Kandidat ist Grzegorz Braun, Anführer der monarchistischen Partei Konföderation des Polnischen Königreichs (KKP). Braun beeindruckt nicht nur mit seiner altmodischen politischen Ausrichtung, sondern auch durch seine unkonventionelle Begeisterung für Kryptowährungen. In einer Rede im Europäischen Parlament rief er aus „Gott segne Bitcoin“ und stellte die zentralbanken als „massiven Betrug“ dar.
Obwohl Braun sich bisher nicht im Detail zu konkreten Regulierungsplänen geäußert hat, ist sein Enthusiasmus für dezentrale digitale Währungen ein starkes Signal für die Krypto-Community. Seine politische Basis ist vergleichsweise klein, doch seine populären Parolen treffen bei einem Teil der Wähler auf Resonanz, der sich eine radikale Abkehr vom traditionellen Finanzsystem wünscht. Die polnische Krypto-Szene steht unter Druck. Das Land bereitet die Umsetzung der EU-Vorgaben zur Regulierung von Kryptowährungen vor, insbesondere die MiCA-Verordnung, die erhebliche Rückwirkungen auf heimische Unternehmen haben könnte. Insbesondere eine neue Abgabe auf lokale Krypto-Börsen wird als drohendes Hindernis für die Branche gesehen.
Viele Unternehmen befürchten, dass die Regulationspolitik sie dazu zwingen könnte, ihren Sitz ins Ausland zu verlegen – in Staaten mit günstigeren Rahmenbedingungen wie Deutschland oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Vor diesem Hintergrund kommt der Rolle des Präsidenten Polens eine wichtige Funktion zu: Das Amt ist befugt, Gesetzesinitiativen zurückzuweisen oder vor dem Verfassungsgericht anzufechten. Die Hoffnung innerhalb der Krypto-Community ist daher, dass ein pro-crypto Kandidat zumindest verhindern könne, dass ein schädliches Gesetz verabschiedet wird. Rafał Trzaskowski repräsentiert eine gemäßigte Haltung, die einerseits das Wachstum des digitalen Finanzsektors unterstützt, zugleich aber vorsichtig gegenüber einer vollständigen Liberalisierung ist. Sein Ansatz dürfte sich an einer realpolitischen und pragmatischen Linie orientieren, die eine Balance zwischen Innovation und Sicherheitsbedenken sucht.
Sławomir Mentzen hingegen steht für eine radikale Deregulierung und ein enthusiastisches „Laissez-faire“ gegenüber Kryptowährungen. Seine Vision von Polen als Krypto-Hub ist verbunden mit dem Ziel, international Investoren anzuziehen, Arbeitsplätze zu schaffen und die technologische Entwicklung voranzutreiben. Die Forderung nach einem Bitcoin-Strategiefonds unterstreicht seinen Ehrgeiz, digitale Währungen fest in der polnischen Wirtschaft zu verankern. Grzegorz Braun schließt den Kreis der Pro-Krypto-Kandidaten als radikaler Außenseiter, der das traditionelle Finanzsystem grundlegend infrage stellt und Kryptowährungen als Teil eines größeren kulturellen und politischen Wandels sieht. Die Bedeutung dieser Kandidaten liegt weit über die bloße Präsidentschaftswahl hinaus.
Polen steht als Mitglied der Europäischen Union vor der Herausforderung, seine nationale Gesetzgebung mit den supranationalen Vorgaben in Einklang zu bringen. Die Haltung des Präsidenten kann eine Schlüsselrolle darin spielen, ob Polen den Herausforderungen mit Flexibilität begegnet oder durch strenge Vorgaben Unternehmen und Investoren abschreckt. Für die leidenschaftliche polnische Krypto-Community steht viel auf dem Spiel – nicht zuletzt die Zukunft eines aufstrebenden Sektors, der neue Beschäftigungsfelder schafft und das digitale Zeitalter maßgeblich mitgestalten kann. Die kommenden Wochen bis zur Wahl sind daher von großer Bedeutung für die Ausrichtung der polnischen Krypto-Politik. Während die nationale und europäische Regulierung an Fahrt aufnimmt, wird die Entscheidung der Wähler darüber bestimmen, wer die Weichen im Exekutivamt stellt und wie viel Freiraum der innovative Krypto-Sektor in Polen künftig genießen wird.
Die drei Pro-Krypto-Kandidaten bieten unterschiedliche Visionen an, von pragmatischer Risiko-Minimierung über monumentale Deregulierung bis hin zu fundamentaler Kritik am bestehenden Finanzsystem. Die Spannung steigt, denn die Zukunft der Kryptowährungen in Polen hängt maßgeblich von der Wahlentscheidung ab.