Der Wahlkampf zur Präsidentschaftswahl in Südkorea hat am Montag offiziell begonnen. Diese besondere Wahl wird von hoher Bedeutung sein, denn sie erfolgt nach der Amtsenthebung des vorherigen Präsidenten, der nach einem gescheiterten Versuch, das zivile Regime mit martialischem Recht zu ersetzen, aus dem Amt entfernt wurde. Die politische Landschaft in Südkorea befindet sich damit in einer Phase tiefgreifender Unsicherheiten und Herausforderungen, die den bevorstehenden Wahlkampf besonders spannend und richtungsweisend macht. Am 3. Juni 2025 werden die südkoreanischen Wählerinnen und Wähler an die Urnen treten, um einen neuen Präsidenten zu bestimmen, der das Land aus den jüngsten politischen Turbulenzen herausführen soll.
Die vergangenen Monate waren von heftigen Auseinandersetzungen und Kontroversen geprägt, nicht zuletzt ausgelöst durch die fragwürdigen Versuche des ehemaligen Präsidenten Yoon Suk Yeol, die zivile Regierung mit martialischem Recht zu untergraben. Diese Entwicklung hat das Vertrauen in die politische Stabilität erschüttert und die Nachfrage nach verlässlicher Führung erheblich steigen lassen. Insgesamt sechs Kandidaten sind offiziell für die Präsidentschaftswahl registriert und werden nun für 22 Tage intensiven Wahlkampf betreiben. Die Wahlkampfveranstaltungen sind geprägt von lebhaften und auffälligen Aktionen, darunter der Einsatz neu aufgehübschter K-Pop-Lieder, die oft mit ohrenbetäubendem Lärm erklingen, während uniformierte Wahlkampfmitarbeiter choreographierte Tanzeinlagen aufführen. Dieses ausdrucksstarke und kulturell verankerte Element des Wahlkampfs zeigt, wie in Südkorea moderne Popkultur und Politik ineinanderfließen und den Wahlprozess dynamischer gestalten.
Der klare Favorit unter den Bewerbern ist Lee Jae-myung von der Demokratischen Partei, der nach aktuellen Umfragen mit einem erheblichen Vorsprung von 43 Prozent in der Wählergunst liegt. Lee, der bereits bei der Präsidentschaftswahl 2022 nur knapp dem derzeit abgesetzten Präsidenten Yoon Suk Yeol unterlegen war, eröffnete seine Kampagne inmitten zahlreicher Anhänger, die lautstark „Lee Jae-myung, Präsident!“ riefen. Außerdem bedankte sich Lee bei seinen Unterstützern für deren Engagement nach seiner schmerzhaften Niederlage und versprach, deren Vertrauen mit einem Wahlsieg zu belohnen und das Land auf einen positiven Kurs zurückzuführen. Auf der anderen Seite steht die Konservative Volkspartei (People Power Party, PPP), die durch erhebliche interne Konflikte und Machtkämpfe vor der Herausforderung steht, sich neu zu formieren und eine geschlossene Front zu zeigen. Ursprünglich wurde Kim Moon-soo, ein ehemaliger Arbeitsminister, als offizieller Kandidat der PPP nominiert.
Doch innerhalb kürzester Zeit wurde seine Kandidatur infrage gestellt und durch eine andere Person ersetzt werden sollen – Han Duck-soo, ein ehemaliger Premierminister und vermeintlich stärkere Option. Allerdings scheiterte dieser Versuch nach einem Widerstand der Parteibasis. Somit wurde Kim Moon-soo binnen einer Woche wieder als offizieller Kandidat bestätigt und startete seine Kampagne mit der klaren Botschaft, eine Präsidentschaft für das Wohl des Volkes, vor allem im Bereich Wirtschaft und Lebensstandard, anzustreben. Der Zickzack-Kurs und die innerparteilichen Auseinandersetzungen der Konservativen werfen jedoch ein schlechtes Licht auf ihre Chancen im Wahlkampf. Politische Beobachter sowie Mitglieder und Wähler der Partei äußern sich zunehmend besorgt über die Selbstzerstörungstendenzen in der Volkspartei.
Ein Beispiel aus der Bevölkerung verdeutlicht, wie sich diese Stimmung widerspiegelt: Ein 52-jähriger Anhänger der PPP beschrieb die Situation als „reines Chaos“ und beklagte, dass die Partei nichts Anderes tue, als sich selbst zu bekämpfen. Selbst bei einer eventuellen Einigung der konservativen Lager würde es kaum ausreichen, um gegen die starke Position des Kandidaten der Demokratischen Partei, Lee Jae-myung, zu bestehen. Experten sehen die derzeitige Krise innerhalb der konservativen Parteienlandschaft als direkten Faktor für ihre anhaltende Schwäche. Südkoreas einst dominierende Rechte hat durch die Amtsenthebungen zweier konservativer Präsidenten, Park Geun-hye und zuletzt Yoon Suk Yeol, eine tiefe Vertrauenskrise erlitten. Diese Ereignisse werfen Fragen zur Zukunftsfähigkeit der konservativen Bewegung in ihrer jetzigen Form auf.
Der politische Wissenschaftler Kang Won-taek von der renommierten Seoul National University weist darauf hin, dass die aktuelle Wahl sich wahrscheinlich zu einem Duell zwischen Lee Jae-myung und einer fragmentierten Gegnerschaft entwickelt wird. Die konservative Seite sei stark gespalten, was ihre Chancen auf Erfolg deutlich schmälere. Die politische Szene Südkoreas steht damit vor einer entscheidenden Wegscheide. Der kommende Wahlkampf vereint dramatische Emotionen, kulturelle Elemente und breite gesellschaftliche Erwartungen. Die Bevölkerung ist aufgerufen, bei dieser Wahl nicht nur eine Führungspersönlichkeit zu bestimmen, sondern auch darüber zu entscheiden, wie das Land mit der jüngsten politischen Krise umgehen und welche Werte und Prioritäten in der Zukunft gesetzt werden sollen.
Neben den parteipolitischen Konflikten spielen auch Themen wie soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Stabilität und das Verhältnis zu Nordkorea eine bedeutende Rolle. Die Wahl bietet die Gelegenheit, auf diese drängenden Fragen nationale Antworten zu finden. In diesem Kontext nimmt die Rolle der K-Pop-Kultur im Wahlkampf eine besondere Form an, da sie besonders bei jüngeren Wählern eine Brücke schlägt und Aufmerksamkeit auf die politischen Botschaften lenkt. Diese Verbindung von Politik und Popkultur unterstreicht, wie dynamisch und vielfältig der Wahlprozess in Südkorea heute ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Wahlkampf in Südkorea 2025 nicht nur eine Routineveranstaltung vor der Präsidentschaftswahl darstellt, sondern ein Indikator für den Zustand der Demokratie, die politische Reife der Parteien und die Erwartungen einer engagierten und vielfach jungen Wählerschaft ist.
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die Demokratische Partei mit Lee Jae-myung als Spitzenkandidat ihre derzeitige Vormachtstellung ausbauen kann oder ob die konservative Opposition trotz teilweiser Zerstrittenheit noch Wege findet, den Wahlkampf spannender zu gestalten und eine Kehrtwende zu bewirken. Die politische Zukunft Südkoreas steht auf dem Spiel, und die internationale Gemeinschaft blickt gespannt auf dieses Wahlereignis, das maßgebliche Auswirkungen auf die Stabilität und die Entwicklung der gesamten Region haben könnte. Die Kraft der politischen Mobilisierung, die Gestaltung der Wahlkampfbotschaften und die Fähigkeit, verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen, werden entscheidend sein, um das nächste Kapitel in Südkoreas Geschichte zu schreiben.