Seit Jahren wird in der Bildungsdebatte intensiv über verschiedene Lehrmethoden diskutiert. Besonders die Verschiebung hin zum „entdeckenden Lernen“, bei dem Schüler selbstständig zu Erkenntnissen gelangen sollen, hat sowohl Befürworter als auch Kritiker. Während diese Methode Eigeninitiative und kritisches Denken fördert, warnen viele Pädagogen und Forschungsergebnisse vor möglichen Nachteilen hinsichtlich der Lernqualität und der Leistung in standardisierten Tests. In diesem Zusammenhang rückt die explizite Instruktion erneut in den Fokus der Diskussion. Der Begriff bezeichnet eine Lehrmethode, bei der Lehrkräfte klare, strukturierte und zielgerichtete Anweisungen geben, die den Lernstoff systematisch vermitteln.
Statt das Lernen den Schülern allein zu überlassen, führt der Lehrer Schritt für Schritt durch den Unterrichtsstoff. Eine aktuelle Studie aus Australien liefert wertvolle Erkenntnisse, wie die richtige Umsetzung expliziter Instruktion funktionieren kann und welche positiven Auswirkungen sie auf die schulischen Leistungen hat. Die Untersuchung nutzt eine einzigartige Bildungssituation in Australien, wo Schüler der Klassenstufen 3, 5, 7 und 9 jährlich an den sogenannten NAPLAN-Tests (National Assessment Program – Literacy and Numeracy) teilnehmen. Diese Tests erfassen grundlegende Fähigkeiten in Lesen, Schreiben und Mathematik und dienen als standardisierte Leistungsmessung. Das besondere Augenmerk liegt auf der Einführung expliziter Instruktion an der Charlestown South Public School, einer Schule mit durchschnittlichen Ergebnissen.
Die Methode wurde nicht isoliert entwickelt, sondern durch intensive Peer-Modellierung implementiert: Lehrkräfte der Charlestown Schule besuchten Unterrichtseinheiten einer hochleistungsfähigen Schule, die bereits erfolgreich explizite Instruktion praktiziert hatte. Dieses Verfahren sorgte für direkte Übertragung bewährter Praktiken und ermöglichte gleichzeitig eine kontinuierliche Qualitätssicherung. Die Ergebnisse der Studie sind beeindruckend. Nach der Einführung der expliziten Instruktion zeigten die Schüler deutliche Leistungsverbesserungen in den NAPLAN-Tests, speziell in den Fächern Lesen und Mathematik. Darüber hinaus waren diese Fortschritte nicht nur kurzfristig sichtbar, sondern entwickelten sich über mehrere Jahre hinweg stabil weiter.
Die Befunde deuten darauf hin, dass explizite Instruktion, wenn sie richtig umgesetzt wird, erhebliches Potenzial hat, um Defizite auszugleichen und Schüler nachhaltig zu stärken. Die Relevanz dieser Erkenntnisse reicht weit über Australien hinaus. Viele Bildungssysteme weltweit ringen mit der Frage, wie sie den Lernerfolg verbessern können, insbesondere vor dem Hintergrund der steigenden Anforderungen in einer digitalen und komplexen Welt. Traditionelle entdeckende Lernansätze sind zwar wertvoll für die Förderung von Kreativität und Problemlösekompetenzen, doch für den Erwerb von Basiswissen scheinen strukturierte Lehrmethoden unverzichtbar. Explizite Instruktion bietet hier einen klaren Weg, indem sie den Schülern transparente Lernschritte vorgibt und Unsicherheiten minimiert.
Zudem fördert sie die Effizienz des Unterrichts, da weniger Zeit mit dem Suchen nach Lerninhalten oder Methoden verloren geht. Die Praxis der Peer-Modellierung als Implementationsstrategie hat sich ebenfalls bewährt. Sie ermöglicht Lehrkräften, erprobte Methoden aus erster Hand zu erleben und von erfahrenen Kollegen zu lernen. Dies führt nicht nur zu einer qualitativ besseren Umsetzung, sondern stärkt auch das Lehrerkollegium und fördert eine Kultur des kontinuierlichen Lernens und der Professionalisierung. Zu beachten ist jedoch, dass explizite Instruktion kein Allheilmittel ist.
Sie funktioniert besonders gut für klar definierte Lernziele und Wissensvermittlung. Ebenso wichtig ist es, sie sinnvoll mit offenen Lernformen zu kombinieren, um sowohl Wissenserwerb als auch Kreativitätsförderung zu gewährleisten. Die richtige Balance aus strukturierter Anleitung und eigenständigem Entdecken stellt die Herausforderung für moderne Pädagogik dar. Die australische Studie zeigt überdies, dass die systematische Messung von Lernerfolgen durch standardisierte Tests wertvolle Daten liefert, um die Wirksamkeit unterschiedlicher Methoden zu beurteilen. Bildungspolitik und Schule sollten sich daher für evidenzbasierte Ansätze öffnen und die Implementierung erfolgreicher Unterrichtsmethoden unterstützen.
Explizite Instruktion kann eine Schlüsselrolle dabei spielen, Lernnachteile zu reduzieren, insbesondere in Schulen mit durchschnittlichen oder unterdurchschnittlichen Leistungen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die korrekte Umsetzung expliziter Instruktion einen bedeutenden Unterschied für die Schülerleistungen macht. Die Erfahrungen aus Australien belegen, dass strukturierte, klar geführte Unterrichtsmethoden enorme Potenziale entfalten können, wenn sie durch professionelle Entwicklung der Lehrkräfte und Peer-Learning begleitet werden. Dieser Ansatz kann als wichtiges Modell für Schulen weltweit dienen, die ihre Bildungsqualität verbessern möchten. Zukünftige Forschungsarbeiten könnten zudem untersuchen, wie explizite Instruktion flexibel an verschiedene Fachbereiche und Altersgruppen angepasst werden kann, um ihre Vorteile optimal zu nutzen.