In der digitalen Welt, in der ständig eine Flut an Informationen auf uns einströmt, sind Dienste, die es ermöglichen, interessante Artikel und Webinhalte für späteres Lesen zu speichern, äußerst gefragt. Pocket, ein populärer Webdienst, der 2017 von Mozilla übernommen wurde, kündigte im Jahr 2025 sein Ende an und zwang viele seiner Nutzer, nach zuverlässigen und nachhaltigen Alternativen zu suchen. Eine der empfehlenswertesten Lösungen ist Wallabag – eine Open-Source-Plattform, die sich durch Selbsthosting, umfangreiche Funktionen und Datenschutz auszeichnet. Wallabag bietet nicht nur eine vergleichbare Nutzererfahrung wie Pocket, sondern setzt in einigen Bereichen sogar neue Maßstäbe. Die Geschichte von Wallabag beginnt mit einer gängigen Herausforderung: Nutzer von klassischen Online-Lesezeichen-Diensten wie del.
icio.us oder frühen Diensten wie Read It Later suchen nach einer dauerhaften und kontrollierten Lösung zum Speichern und Verwalten von Webinhalten. Read It Later wurde 2012 zu Pocket weiterentwickelt, doch die Unsicherheit über die Zukunft von Pocket führte 2013 dazu, dass Nicolas Lœuillet begann, mit dem Projekt „Poche“ eine selbst gehostete Variante zu entwickeln. Nach einigen rechtlichen Auseinandersetzungen erhielt das Projekt den neuen Namen Wallabag und wuchs seitdem kontinuierlich weiter. Wallabag ist eine serverbasierte Webanwendung, entwickelt mit dem Symfony PHP-Framework, die durch verschiedene Clients und Browser-Erweiterungen ergänzt wird.
So stehen für Desktop- und Mobile-Geräte passende Programme zur Verfügung. Die Browsererweiterungen für Firefox und Chrome ermöglichen es, Inhalte direkt beim Surfen zu speichern, was den Alltag deutlich erleichtert und den Umweg über die Weboberfläche vermeidet. Für Browser, die keine Erweiterungen unterstützen, gibt es einen praktischen JavaScript-Bookmarklet, um trotzdem schnell Artikel zu erfassen. Ein großer Vorteil von Wallabag liegt in der Möglichkeit, den Dienst auf einem eigenen Server zu betreiben. Die Installation ist dabei nicht zwingend an einen dedizierten Server gebunden, sondern funktioniert auch auf Shared Hosting-Umgebungen.
Wallabag unterstützt dabei verschiedene Datenbanksysteme wie MySQL, MariaDB, PostgreSQL oder SQLite, womit eine hohe Flexibilität garantiert ist. Alternativ bieten Drittanbieter kostenpflichtige Hosting-Dienste an, sodass Nutzer je nach technischem Know-how und Wunsch zwischen Selbsthosting und Hosting durch Profis wählen können. Die Einrichtung von Wallabag ist durch eine gut dokumentierte Anleitung erleichtert. Ein Beispiel ist die Verwendung von Container-Technologien wie Docker oder Podman, wodurch sich der Dienst schnell und sicher in der eigenen Infrastruktur integrieren lässt. Ein Punkt, den Nutzer beachten sollten, ist die korrekte Konfiguration von Umgebungsvariablen, damit beispielsweise das Design und die Erreichbarkeit der Weboberfläche optimal gewährleistet sind.
Auch die richtige Verwaltung von Dateien in Verbindung mit Sicherheitsmechanismen wie SELinux spielt hierbei eine Rolle. Nach der Installation steht den Nutzern eine moderne Weboberfläche zur Verfügung. Diese überzeugt mit einem klaren Design, das wahlweise in einem hellen oder dunklen Modus genutzt werden kann. Damit können Leser ihre Präferenzen einstellen und ein angenehmes Leseerlebnis schaffen. Die Oberfläche ist übersichtlich gestaltet und erlaubt das einfache Verwalten und Kategorisieren von gespeicherten Inhalten.
Die Verwaltung der gespeicherten Seiten erfolgt über eine Seitenleiste mit verschiedenen Ansichten. So sind Artikel etwa nach Status (ungelesen, gelesen, archiviert) oder Tags sortierbar. Die Tagging-Funktion ist dabei besonders mächtig, denn Artikel können mit beliebig vielen Schlagwörtern versehen werden, was eine flexible und individuelle Organisation ermöglicht. Ein integriertes Such- und Filtersystem unterstützt das schnelle Auffinden von Inhalten basierend auf diversen Kriterien wie Status, Sprache, Erstellungsdatum oder Domain. Für die Verbindung mit externen Clients ist Wallabag auf eine OAuth-ähnliche Authentifizierung angewiesen.
Nutzer müssen einen Client-ID- und Client-Secret-Schlüssel anlegen, damit beispielsweise die Browsererweiterungen oder mobile Apps Zugriff auf den Server bekommen. Diese Sicherheitsmaßnahme stellt sicher, dass nur autorisierte Anwendungen Daten abrufen und speichern können. Wallabag glänzt insbesondere dadurch, dass Inhalte nicht nur als reine Links verwaltet werden, sondern der Dienst versucht, die Artikelinhalte selbst herunterzuladen und für das spätere Lesen zu speichern. Dies ermöglicht ein offline-fähiges Leseerlebnis, bei dem auch störende Elemente wie Werbung oder komplexe Navigation weitgehend ausgeblendet werden. Allerdings kann es vorkommen, dass Webinhalte mit komplexem Layout oder starkem JavaScript-Einsatz nicht problemlos übernommen werden können.
Der Entwicklercommunity ist dies bewusst, und Nutzer werden angehalten, Probleme auf GitHub zu melden, damit kontinuierlich Verbesserungen umgesetzt werden können. Wer einen Schritt weiter gehen möchte, kann die Artikel in verschiedene Formate exportieren, darunter EPUB, PDF, XML, JSON, CSV oder als reinen Text. Dies erweitert die Flexibilität von Wallabag enorm und ermöglicht zum Beispiel die Nutzung auf E-Readern oder die weitere Verarbeitung in anderen Programmen. Ein spezielles Highlight ist die Möglichkeit, Artikel zu annotieren und Textpassagen zu markieren. Notizen können direkt in der Weboberfläche hinterlegt werden, was vor allem für intensives Lesen und Recherchieren nützlich ist.
Allerdings ist die Export-Funktion für Anmerkungen derzeit noch eingeschränkt, da diese nicht mit den exportierten Dateien zusammengeführt werden. Ein wichtiger Aspekt ist das unkomplizierte Importieren von gespeicherten Inhalten aus anderen Anwendungen. Wallabag unterstützt den Import von Firefox- und Chrome-Lesezeichen ebenso wie von Pocket, Instapaper, Pinboard oder Omnivore. Die Importfunktion kann über die Weboberfläche genutzt werden oder als Kommandozeilen-Script, was besonders für größere Datenmengen praktisch ist. Zwar kann der Import je nach Umfang einige Zeit in Anspruch nehmen, er funktioniert aber zuverlässig und ermöglicht auch die Übernahme von umfangreichen Archiven.
Kritiker im Nutzerkreis wünschen sich noch mehr Optionen, wie das automatische Hinzufügen von Tags beim Import, etwa zur Kennzeichnung der Herkunft der Daten. Wallabag ist insgesamt ein sehr gut etabliertes Open-Source-Projekt mit einer aktiven Entwickler-Community. Die letzte größere Version 2.6 erschien 2023, kleine Updates und Sicherheitsfixes kommen regelmäßig heraus. Trotz der positiven Entwicklung ist das Projekt noch nicht „amtlich“ organisiert, was Fragen zur langfristigen Governance, Markenrechte und Infrastruktur-Verwaltung aufwirft.
Der Gründer hat zwar einen eigenen Hosting-Service etabliert, trennt diesen aber deutlich vom Community-Projekt, was positiv für die Unabhängigkeit ist. Auch in Bezug auf besondere Herausforderungen wie gespeicherte Zugangsdaten für Paywall-geschützte Inhalte arbeitet Wallabag an Lösungen. Zwar sind solche Funktionen aufgrund technischer und rechtlicher Vorgaben nur eingeschränkt nutzbar, doch die Möglichkeit, Zugangsdaten zu verwalten, ist bereits implementiert. Nutzer berichten aber, dass die Umgehung von modernen Schutzmechanismen wie Cloudflare weiterhin schwierig ist und in vielen Fällen externe Dienste oder Umwege nötig sind. Besonders Lob erhält Wallabag aus den Communities, die Wert auf Datenschutz und Eigenverantwortung legen.
Die Möglichkeit, alle eigenen Daten selbst zu kontrollieren und auf dem eigenen Server zu speichern, ist in Zeiten wachsender Bedenken bezüglich Datenschutz und big-tech Dominanz ein unschätzbarer Vorteil. Zudem entfallen viele der Unsicherheiten, die bei cloudbasierten Angeboten entstehen, wenn Unternehmen Dienste einstellen, Funktionen beschränken oder Nutzungsbedingungen ändern. Viele Nutzer kombinieren Wallabag mit E-Readern wie dem reMarkable-Tablet, um lange Artikel unterwegs komfortabel lesen und annotieren zu können. Via Export-Funktion und individuellen Skripten können gespeicherte Artikel automatisch als PDF auf das Lesegerät übertragen werden. Auch wenn der reMarkable-Cloud-Zugang verschlossen ist, helfen Open-Source-Projekte und Custom-Firmware dabei, die Funktionen des Geräts zu erweitern und die Interaktion mit Wallabag zu erleichtern.