Die Frage, ob die von Donald Trump verhängten Zölle ein rechtlich haltbares Konstrukt oder doch eher ein instabiles Kartenhaus sind, gewinnt seit Beginn seines zweiten Mandats zunehmend an Relevanz. Insbesondere die Vielzahl von Klagen, die von verschiedenen US-Bundesstaaten sowie Unternehmen eingereicht wurden, werfen ein Schlaglicht auf die komplexe Rechtslage hinter der sogenannten ‚Liberation Day‘-Zollpolitik. Die Debatte berührt fundamentale Aspekte des amerikanischen Verfassungsrechts, insbesondere den Umgang mit den Kompetenzen der Exekutive im Bereich Handel und Wirtschaftspolitik. Der Ursprung der Streitigkeiten liegt in Trumps Entscheidung, Zölle in nicht gekanntem Ausmaß und unilateral zu verhängen. Der Präsident stützt sich dabei auf den International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) von 1977, ein Gesetz, das ursprünglich für den Einsatz bei nationalen Notlagen gedacht war, um auf „ungewöhnliche und außergewöhnliche Bedrohungen“ reagieren zu können.
Üblicherweise findet IEEPA Anwendung im Bereich von Wirtschaftssanktionen gegen feindliche Staaten, beispielsweise Russland. Die Anwendung dieses Gesetzes auf die Verhängung von Zöllen jedoch ist ein Novum und juristisch höchst umstritten. Die verfassungsrechtliche Grundlage für die Erhebung von Zöllen liegt eigentlich im Artikel I, Abschnitt 8 der US-Verfassung, der die Vollmacht, Steuern und Zölle zu erheben, explizit dem Kongress zuschreibt. Im Laufe der Geschichte wurden diese Befugnisse allerdings in erheblichem Maße an den Präsidenten delegiert, um in Handelsfragen flexibel reagieren zu können. So ermöglichten unter anderem das Reciprocal Trade Agreement Act von 1934 und der Trade Expansion Act von 1962 dem Präsidenten, Zölle im Rahmen von bilateralen Abkommen beziehungsweise bei nationalen Sicherheitsbedrohungen eigenständig festzusetzen.
Die von Trump genutzte Rechtsgrundlage mit IEEPA erlaubt dagegen eine eigenmächtige Verhängung von Zöllen ohne Gegenseitigkeitsprinzip und ohne spezifische Verhandlungen. Kritiker argumentieren, dass diese Form der Rechtsausübung eine Ausweitung der präsidentiellen Macht darstellt, die nicht mit der Verfassung vereinbar ist. Insbesondere die Tatsache, dass Trumps Zölle einen nahezu weltweiten Umfang angenommen haben und nicht klar auf die angeblich zugrundeliegende Notlage oder eine spezifische Bedrohung abgestimmt sind, wird als rechtswidrig kritisiert. Mehrere Bundesstaaten, angeführt von Kalifornien, haben Klage gegen die Bundesregierung eingereicht. Die Argumentation beruht auf zwei grundlegenden Punkten: Zum einen überschreitet die Exekutive mit der Nutzung von IEEPA ihre Befugnisse (ultra vires).
Zum anderen verstoße die Delegation so weitreichender Entscheidungen an den Präsidenten gegen das sogenannte Nondelegation-Doktrin, das eine zu pauschale Übertragung von legislativen Kompetenzen an die Exekutive verbietet. Obwohl dieses Doktrin in der Vergangenheit von der Rechtsprechung eher abgeschwächt wurde, besteht weiterhin die Anforderung, dass eine gesetzgebende Instanz dem Entscheidungsträger eine klare Richtlinie („intelligible principle“) vorschreiben muss. Die jetzige Verwendung von IEEPA trägt dieser Anforderung aus Sicht der Kläger nicht ausreichend Rechnung. Zudem wird die Frage aufgeworfen, ob die vom Präsidenten ausgerufene „nationale Notlage“ angesichts eines Handelsdefizits hinreichend außergewöhnlich und konkret ist. Auf der Gegenseite beruft sich die Trump-Administration darauf, dass Gerichte nicht befugt seien, derartige politische Entscheidungen zu überprüfen – ein Prinzip, das als politische Frage-Doktrin bekannt ist.
Dabei wird argumentiert, dass Notfallerklärungen und Maßnahmen zur nationalen Sicherheit Angelegenheiten sind, die vom Exekutivzweig überprüfungsfrei wahrgenommen werden müssen. Dies hat bereits historische Präzedenzfälle, beispielsweise im berühmten Urteil Marbury v. Madison aus dem Jahr 1803, wobei Kritiker anmerken, dass moderne Herausforderungen differenzierter bewertet werden sollten. Darüber hinaus werden unterschiedliche Gerichtsbarkeiten bemüht. Während Kalifornien zuerst am Bezirksgericht in Kalifornien klagte, haben andere Bundesstaaten die Klagen direkt vor den US Court of International Trade eingebracht, dessen Urteile oft zugunsten der Exekutive ausfallen.
Die Verlagerung der Rechtssäle kann strategischen Charakter haben und die Erfolgschancen vor Gericht erheblich beeinflussen. Diese schwierige und bisher noch nicht abschließend geklärte Rechtslage hat auch Auswirkungen auf weitere Bereiche, darunter die Kryptowährungsbranche. Während traditionelle Handelsgüter direkt von den Zöllen betroffen sind, bleiben digitale Güter und Dienstleistungen, zu denen auch Kryptowährungen zählen, weitgehend außen vor. Dies eröffnet einen Raum, in dem digitale Assets als alternative Handels- und Zahlungswege an Bedeutung gewinnen könnten, insbesondere wenn sich protektionistische Maßnahmen weiter verstärken und den grenzüberschreitenden Handel mit physischen Waren erschweren. Die wirtschaftlichen Folgen der Zölle sind bereits spürbar.
Einzelhändler wie der Mischief Toy Store in Minnesota haben sich den Klagen angeschlossen, um gegen die wirtschaftlichen Nachteile der Zollpolitik vorzugehen. Präsident Trump selbst hat die Verbraucher indirekt auf höhere Preise vorbereitet, indem er Eingeständnisse machte, dass beispielsweise Spielzeugregale zwar voll bleiben, die Auswahl aber kleiner und teurer sein könnte. Historisch gesehen stehen politische Maßnahmen dieser Art unter scharfer Beobachtung, nicht zuletzt wegen ihrer potenziellen Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft. Die Smoot-Hawley-Zölle von 1930 werden häufig als einer der Faktoren genannt, die zur Verschärfung der Großen Depression beitrugen. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, hatten spätere Gesetzgebungen die Kompetenzverteilung zwischen Kongress und Präsident neu geordnet und auf internationale Kooperation gesetzt.
Das heutige juristische Tauziehen offenbart nicht nur die Spannungen zwischen Exekutive und Legislative, sondern auch grundsätzliche Fragen zum Schutz demokratischer Prinzipien und zur Ausgestaltung von Machtbefugnissen in einem komplexen globalen Wirtschaftssystem. Die Gerichte stehen vor der Herausforderung, eine Balance zu finden zwischen Notwendigkeit staatlicher Handlungsspielräume und der Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien. Egal wie letztlich die Verfahren ausgehen, die Diskussion um Trumps Zölle zeigt deutlich, wie wirtschaftspolitische Entscheidungen tief in die amerikanische Rechtsordnung eingreifen und weitreichende Folgen über den Handel hinaus haben können. Die Zukunft der internationalen Wirtschaftsbeziehungen und die Rolle der Vereinigten Staaten als globaler Akteur hängen maßgeblich davon ab, ob solche Maßnahmen auf einer soliden juristischen Grundlage stehen oder sich als gefährliches Kartenhaus erweisen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die rechtliche Legitimität von Donald Trumps Zöllen noch alles andere als abschließend geklärt ist.
Es stehen bedeutende Verfassungsfragen im Raum, die über die aktuelle Administration hinausreichen und potenziell das Verhältnis zwischen den Gewalten grundlegend beeinflussen könnten. Für Unternehmen, Verbraucher und innovative Branchen, wie die der Kryptowährungen, bleibt die weitere Entwicklung aufmerksam zu beobachten – denn die Entscheidungen von heute prägen den Markt und die Rechtsordnung von morgen.