Die Opioidkrise hat sich seit Jahren als eine der größten gesundheitlichen Herausforderungen nicht nur in Kanada, sondern weltweit etabliert. Insbesondere die kanadische Provinz British Columbia (B.C.) verzeichnete seit der Ausrufung des Gesundheitsnotstands im Jahr 2016 einen deutlichen Anstieg an Todesfällen durch Überdosierungen. Über 16.
000 Menschen sind in B.C. seitdem an den Folgen des Opioidmissbrauchs gestorben. Vor diesem Hintergrund hat die Regierung von British Columbia eine landesweite Sammelklage gegen die renommierte Unternehmensberatung McKinsey & Company initiiert und durch den B.C.
Supreme Court hat diese Klage nun Zulassung gefunden. Die Klage geht über die Provinzgrenzen hinaus und umfasst andere kanadische Territorien sowie die Bundesregierung. Ziel ist es, die durch die Opioidkrise entstandenen Gesundheitskosten einzuklagen und politische sowie wirtschaftliche Verantwortlichkeit zu erzwingen. Die Klage zeichnet sich durch ihren Umfang und ihre Bedeutung im Kontext der Opioidkrise in Kanada aus. McKinsey & Company wird vorgeworfen, Pharmaunternehmen beraten zu haben, die Opioide produzieren und vertreiben, und dabei eine aktive Rolle bei der Gestaltung von Werbekampagnen gespielt zu haben, welche die Verschreibung opioidhaltiger Schmerzmittel förderten.
Insbesondere wird dem Beratungsunternehmen vorgeworfen, die süchtig machenden Eigenschaften der Medikamente zu unterschätzen und in der Öffentlichkeit sowie bei Ärzten falsch darzustellen. Die Beratung und Kampagnen hätten dazu beigetragen, dass Schmerzmittel in einem Ausmaß verschrieben wurden, das die spätere Abhängigkeit und gesundheitliche Schädigung der Patienten förderte. Die rechtliche Auseinandersetzung zwischen British Columbia und McKinsey knüpft unmittelbar an eine parallele Klage an, die sich gegen Pharmaunternehmen richtet, welche direkt an der Verbreitung der Opioide beteiligt sind. Dabei verfolgt die Provinz das Ziel, sowohl die Gesundheitskosten, die durch Behandlung und Bekämpfung der Folgen der Sucht entstanden sind, zurückzufordern, als auch eine abschreckende Wirkung für zukünftiges Fehlverhalten zu erzielen. Der zuständige Richter am B.
C. Supreme Court, Michael Brundrett, betonte, dass die Klage genügend Substanz aufweise, um eine umfassende gerichtliche Prüfung zu ermöglichen. Zwar seien nicht alle Argumente der Provinz sofort als zwingend anerkannt worden, jedoch überwiege das gemeinsame Interesse der beteiligten Parteien an einer gebündelten und effizienten juristischen Behandlung der Fälle. Besonders betonte der Richter, dass die Klage dem Ziel dient, die Justizkapazitäten ökonomisch zu nutzen und den gemeinsamen Interessen der betroffenen Gruppen gerecht zu werden. Er wies gleichzeitig darauf hin, dass die Zulassung der Sammelklage nicht als Urteil über die tatsächlichen Vorwürfe zu verstehen ist, sondern lediglich eine formale Weichenstellung für die weitere Prozessführung darstellt.
McKinsey selbst reagiert auf die Anschuldigungen mit einer klaren Ablehnung. Das Unternehmen erklärte, dass keinerlei Arbeiten im Zusammenhang mit dem Verkauf oder der Vermarktung von Opioiden in Kanada unternommen worden seien. Diese Stellungnahme steht im Kontrast zu den umfangreichen Vorwürfen, die von der Provinz und anderen Beteiligten erhoben werden. Interessanterweise hat McKinsey in den USA bereits einen Vergleich in einem ähnlichen Fall akzeptiert und knapp 600 Millionen US-Dollar gezahlt, um Vorwürfe zu begleichen, dass sie dem Pharmaunternehmen Purdue Pharma geholfen hatten, die Verschreibung von Opioiden zu fördern. Dieser Kontext verstärkt die Bedeutung und Brisanz der aktuellen kanadischen Klage.
Die kanadische Regierung wirft McKinsey vor, nicht nur mit Purdue Canada zusammengearbeitet zu haben, sondern auch andere namhafte Opioid-Distributoren wie Janssen, Endo und McKesson beratend unterstützt zu haben. Die Theorie der Provinz meint, McKinsey habe als so etwas wie eine „Hand in Handschuh“ fungiert, indem sie die Opioidhersteller bei unlauteren Werbemaßnahmen unterstützt habe. Diese Aussagen unterstellen dem Beratungsunternehmen eine zentrale Rolle bei der Verbreitung der Opioidkrise und der daraus resultierenden Folgen für die Öffentlichkeit. Während die juristischen Ermittlungen und Verhandlungen voranschreiten, spitzen sich die gesellschaftlichen Diskussionen um das Thema weiter zu. Familienangehörige von Opioidopfern, wie Leslie McBain, die ihren Sohn nach einer Oxycodon-Überdosierung verloren hat, fordern verstärkte Verantwortung von Unternehmen, die durch das aggressive Marketing zum Ausbruch der Krise beigetragen haben.
Für sie stehen nicht nur finanzielle Entschädigungen im Vordergrund, sondern auch eine Anerkennung des durch Fehlverhalten verursachten Leids und eine Vermeidung weiterer Opfer. Auch zivilgesellschaftliche Gruppen wie Moms Stop the Harm zeigen sich ambivalent. Sie begrüßen die juristischen Schritte als wichtigen Beitrag zur öffentlichen Aufmerksamkeit, weisen aber darauf hin, dass Prozesse und Klagen allein die akute Versorgungssituation Betroffener nicht verbessern. Die Initiativen fordern daher eine konsequente Ausrichtung politischer Maßnahmen auf die Prävention und Bekämpfung der aktuellen Drogenkrise, um tatsächliche Verbesserungen im Gesundheitssystem und im Leben Betroffener zu ermöglichen. Die Sammelklage gegen McKinsey markiert im Kontext der Opioidkrise in Kanada einen bedeutenden Meilenstein.
Sie stellt nicht nur die juristische Aufarbeitung der Krise dar, sondern symbolisiert auch ein gesellschaftliches Umdenken, in dem verantwortliches Handeln im Gesundheitssektor und in der Pharmaindustrie zunehmend eingefordert wird. Die Gerichtsentscheidung zur Zulassung der Klage signalisiert, dass die Justiz bereit ist, komplexe Fälle mit weitreichenden Folgen zu behandeln und dass Unternehmen für ihr Handeln zur Rechenschaft gezogen werden können. Gleichzeitig zeigt dieser Fall deutlich die weitreichenden Herausforderungen bei der Bekämpfung der Opioidkrise. Neben der juristischen Dimension gibt es enorme soziale und wirtschaftliche Auswirkungen, die eine koordinierte und vielschichtige Herangehensweise erfordern. Die Auseinandersetzungen vor Gericht werden voraussichtlich über Jahre andauern und könnten dabei nicht nur finanzielle Entschädigungen, sondern auch strengere Auflagen für Unternehmensberatungen und Pharmafirmen nach sich ziehen.
Insgesamt stellt die kanadische Sammelklage gegen McKinsey und die damit verbundenen Vorwürfe einen wichtigen Schritt dar, um die vielschichtigen Ursachen der Opioidkrise zu beleuchten und Verantwortung einzufordern. Die Verknüpfung von Unternehmensberatung mit der Verbreitung verschreibungspflichtiger Medikamente wirft einen neuen Blick auf die Rolle von Beratungshäusern in globalen Gesundheitskrisen. Ob die Klage zu einer nachhaltigen Veränderung führt, bleibt abzuwarten, doch sie trägt sicher dazu bei, die Problematik auf die nationale politische Agenda zu setzen und die Öffentlichkeit für die Risiken der Opioidverordnung zu sensibilisieren.