Die Digitalisierung und der rasante Fortschritt im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) haben die kreative Landschaft maßgeblich verändert. Besonders im Bereich der Bilderzeugung eröffnen KI-Systeme neue Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen für den Schutz geistigen Eigentums. Ein aktuell besonders bedeutsamer Fall rund um diese Thematik ist die Klage von Disney und Universal gegen den KI-Bildersteller Midjourney. Diese rechtliche Auseinandersetzung wirft grundlegende Fragen zum Umgang mit urheberrechtlich geschützten Inhalten in Verbindung mit KI-Systemen auf und könnte richtungsweisend für zukünftige Regularien sein. Disney und Universal zählen zu den größten und bekanntesten Medienkonzernen weltweit, deren Figuren und Marken zu den wertvollsten geistigen Eigentümern überhaupt gehören.
Darth Vader, Elsa aus Frozen, die Minions oder Pixar-Figuren wie Buzz Lightyear gehören zu einem kulturellen Erbe, das mit enormen Investitionen über Jahrzehnte aufgebaut wurde. Diese Charaktere und Marken zu schützen, gehört zu den Prioritäten der Studios. Im Juni 2025 haben Disney und Universal eine Klage gegen Midjourney vor einem Bundesgericht in Los Angeles eingereicht, in der sie dem Unternehmen vorwerfen, ohne Zustimmung unzählige Bilder mit ihren urheberrechtlich geschützten Charakteren generiert und verbreitet zu haben. Midjourney ist ein in San Francisco ansässiges Unternehmen, das seit seiner Gründung 2021 zu den Pionieren im Bereich der KI-Bilderzeugung gehört. Der Dienst ermöglicht es Anwendern, durch die Eingabe von Textanweisungen oder sogenannten Prompts, detailreiche und kreative Bilder zu erzeugen.
Die Trainingsdaten der zugrunde liegenden KI-Modelle wurden durch das Sammeln großer Datenmengen - im Fachjargon „Scraping“ genannt - aus dem Internet gewonnen. Viele dieser Bilder, so der Vorwurf, stammen aus urheberrechtlich geschützten Werken von Disney und Universal, was eine widerrechtliche Nutzung darstellt. Laut der Klageschrift beschuldigen Disney und Universal Midjourney eines „bodenlosen Plagiats“, da das KI-System die einzigartigen Merkmale ihrer populären Figuren kopiere und in neuen Bildern frei verwende. In der Einreichung werden Beispiele von Bildern genannt, die klassische Figuren wie Yoda mit einem Lichtschwert, Bart Simpson auf einem Skateboard, Iron Man in der Luft oder Buzz Lightyear in Aktion zeigen. Auch Universal-Charaktere wie Toothless aus „Drachenzähmen leicht gemacht“ oder Shrek tauchen angeblich in den Kreationen von Midjourney auf.
Die Studios behaupten, dass Midjourney trotz Bitten, das Vorgehen einzustellen oder zumindest technische Maßnahmen einzuführen, weiterhin neue Versionen seiner Plattform veröffentlichte, welche die problematischen Bilder in noch höherer Qualität erzeugen könnten. Die Klage ist Teil eines umfassenderen Trends, bei dem traditionelle kreative Industrien auf die zunehmende Nutzung von KI-Technologien reagieren, die auf oft unklaren urheberrechtlichen Grundlagen beruhen. Es ist nicht die erste Auseinandersetzung dieser Art: Bereits vor einem Jahr wurde Midjourney zusammen mit Stability AI und anderen KI-Firmen mit einer Klage von zehn Künstlern konfrontiert, die die unautorisierte Verwendung und Speicherung ihrer Werke zur Trainingszwecken anprangerten. Ein kalifornisches Gericht entschied damals, dass die Künstler ausreichend begründet hatten, um die Klage weiterführen zu können. Der aktuelle Streit zwischen Disney, Universal und Midjourney ist jedoch insofern bedeutsam, als dass erstmals ganz klar große Film- und Entertainmentkonzerne als Kläger auftreten, die nicht nur einzelne Künstler vertreten, sondern ihr kollektives geistiges Eigentum verteidigen.
Die Klage fordert eine einstweilige Verfügung zum Schutz der Rechte der Studios und verlangt, dass Midjourney entweder das Erstellen von Bildern, die urheberrechtlich geschützte Charaktere verletzen, unterlässt oder wirksame Schutzmechanismen einführt. Zudem wird Schadenersatz gefordert, deren Höhe bislang nicht spezifiziert wurde. Rechtlich betrachtet steht der Fall beispielhaft für den Konflikt zwischen der Kreativität der KI-Modelle und dem Schutz der Urheberrechte. Einerseits basiert das Funktionieren der KI-Generatoren auf riesigen Datensätzen, die aus Bildern, Texten und Videos bestehen und dabei oft urheberrechtlich geschützte Werke beinhalten. Andererseits sehen die Rechteinhaber in der unerlaubten Nutzung ihrer Inhalte eine schwerwiegende Verletzung ihrer Nutzungsrechte und eine Gefahr für die nachhaltige Finanzierung kreativer Tätigkeiten.
Während Midjourney als Unternehmen bislang keine ausführliche Stellungnahme veröffentlicht hat, verweist CEO David Holz in früheren Interviews darauf, dass es praktisch unmöglich sei, die Millionen von Bildern, die zum Training verwendet wurden, jeweils einzeln zu autorisieren oder deren Herkunft zu klären. Diese Aussage unterstreicht das Spannungsfeld zwischen den technischen Möglichkeiten und den rechtlichen Rahmenbedingungen, die noch nicht ausreichend angepasst sind, um mit der Dynamik der Künstlichen Intelligenz Schritt zu halten. Dieser Fall ist nicht isoliert: Parallel dazu gibt es auch zahlreiche Klagen von Autoren, Verlagen und Musiklabels gegen andere KI-Firmen wie OpenAI, Meta oder Stability AI. Beispielsweise verklagte die New York Times OpenAI wegen der ungefragten Nutzung ihrer Artikel, während große Musikunternehmen Unternehmen wie Suno und Udio wegen der Erstellung KI-basierter Musikgeneratoren anklagten. Diese Welle von Rechtsstreitigkeiten verdeutlicht den aktuellen Zwiespalt: Auf der einen Seite die rasante technologische Entwicklung, auf der anderen Seite der Schutz kreativer Leistung und Investitionen.
Aus Sicht der Urheberrechtsinhaber ist klar, dass die gegenwärtige Gesetzeslage zumindest in Teilen der Digitalisierung nicht genügt: Die juristische Bewertung der Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke durch KI-Systeme steckt noch in den Kinderschuhen. Ein wichtiger Streitpunkt ist, ob das sogenannte „Training“ von KI als eine erlaubte Nutzung, beispielsweise als Fair Use, angesehen werden kann oder ob es die Rechte des Rechteinhabers verletzt. Die bisherigen juristischen Beurteilungen tendieren dazu, diese Nutzung zumindest dann nicht zu billigen, wenn das System Kopien erzeugt oder gar direkt verwertbare geschützte Charaktere nutzt. Langfristig wird die Rechtsprechung und Gesetzgebung in dieser Angelegenheit höchstwahrscheinlich wegweisend sein für die Entwicklung neuer Standards im Umgang mit KI-generierten kreativen Werken. Dabei wird es auch darum gehen, ein Gleichgewicht zu finden, das Innovationen und technologische Fortschritte fördert, ohne die Rechte der Urheber zu untergraben.
Für Unternehmen wie Midjourney bedeutet das, dass technische Schutzmechanismen wie Filter oder die gezielte Ausnahme bestimmter Inhalte in die KI-Modelle integriert werden müssen, um Verstöße zu vermeiden und rechtliche Konflikte zu minimieren. Für Nutzer von KI-Bilderstellern wie Midjourney ist ebenfalls von Bedeutung, welche rechtlichen Grenzen zukünftig gelten werden. Denn auch wenn die KI auf Knopfdruck neue, scheinbar einzigartige Bilder generieren kann, heben sich diese vielfach deutlich von Werken ab, die auf klassischen Urheberrechtsprinzipien basieren. Doch wenn die Kreationen zu nah an den Originalen liegen, können sie das geistige Eigentum der Rechteinhaber verletzen und hätten rechtliche Konsequenzen. Die Technologiebranche, Künstler und Rechteinhaber stehen aktuell vor der Herausforderung, gemeinsam tragfähige Grundlagen für den Umgang mit KI und geistigem Eigentum zu finden.
Aktuelle Klagen wie die von Disney und Universal gegen Midjourney machen deutlich, dass dieses Thema nicht nur theoretische Bedeutung hat, sondern unmittelbar die wirtschaftlichen Interessen und die kreative Zukunft ganzer Branchen berührt. Die Diskussion um KI und Urheberrecht ist somit mehr als nur ein juristisches Schlaglicht: Sie ist ein Spiegelbild der tiefgreifenden gesellschaftlichen, technologischen und kulturellen Veränderungen, die das digitale Zeitalter mit sich bringt. Die Ereignisse der nächsten Monate und Jahre werden Maßstäbe setzen, wie wir Kreativität, Technologie und Recht miteinander vereinbaren und welche Rolle KI künftig im kreativen Prozess spielen wird.