Die hawaiianischen Inseln sind für ihre imposanten Vulkanlandschaften weltweit bekannt. Doch hinter der spektakulären Oberfläche verbirgt sich ein komplexes System von Magmaspeichern, das sich während der verschiedenen Entwicklungsstadien der Vulkane stetig verändert. Neueste Forschungen liefern faszinierende Erkenntnisse darüber, wie sich die Magmaspeicherung sowohl in der Erdkruste als auch im Erdmantel entlang der Vulkanentwicklung wandelt – vom schubstarken Schildvulkanstadium bis hin zu den späteren post-shield- und Rejuvenationsphasen. Diese Veränderungen sind entscheidend, um nicht nur das Verständnis von Vulkanen zu vertiefen, sondern auch um potenzielle Gefahren besser einschätzen zu können. Hawaiis Vulkane wachsen über einem Mantelplume, einer heißen Anomalie, die Wärme und Schmelze aus tiefen Bereichen des Erdmantels fördert.
Während die pazifische Platte über diesen Plume driftet, nimmt der Zustrom von Magma ab, was sich in einer Reduzierung des Ausbruchsvolumens, einer Änderung des eruptiven Verhaltens und in einer Variation der chemischen Zusammensetzung des Magmas manifestiert. Im sogenannten Schildvulkanstadium, gut repräsentiert durch Aktivitäten an Kīlauea und Mauna Loa, wird Magma primär in relativ geringen Tiefen, meist ein bis zwei Kilometer unter der Erdoberfläche, gespeichert. Diese flachen Magmareservoirs sind durch beständige, stabile Förderwege vom Erdmantel verbunden, die einen effizienten Magmaaufstieg möglich machen. Die Magmen in dieser Phase sind überwiegend tholeiitisch und relativ volumenreich. Das anschließende „post-shield“-Stadium, beispielhaft sichtbar am Vulkan Haleakalā auf Maui, bringt eine markante Veränderung mit sich.
Hier sinkt der Magmazufluss und mit ihm die eruptiven Mengen. Das Magma wird alkalischer und die Speicherorte wandern in zwei unterschiedlichen Tiefenebenen: Ein Teil des Magmas lagert sich weiterhin in der Erdkruste bei etwa zwei Kilometern Tiefe ab, während ein anderer Teil direkt unterhalb der Mohorovičić-Diskontinuität (Moho), der Grenze zwischen Erdkruste und Erdmantel, in etwa 20 bis 27 Kilometern Tiefe verweilt. Die doppelte Magmaspeicherung zeigt eine komplexere interne Vulkanstruktur an, die möglicherweise längerdauernde oder variierende Prozesse innerhalb des Magmasystems reflektiert. Im letzten Entwicklungsstadium, bekannt als Rejuvenation, wie es am Diamond Head auf Oʻahu beobachtet wird, liegt die Magmaspeicherung fast ausschließlich tief im Erdmantel, zwischen 22 und 30 Kilometern Tiefe. Das eruptive Material ist hier hochalkalisch und volumenmäßig gering.
Dieses Stadium kann als eine Art "Wiederbelebung" des Vulkanismus betrachtet werden, das nach längeren Ruhephasen auftreten kann. Die wissenschaftliche Analyse dieser Speicherorte basiert auf hochpräzisen Methoden wie der Fluid-Einschluss-Barometrie, die auf der Raman-Spektroskopie beruht. Diese Technik erlaubt es, mittels der Untersuchung von in Olivin-Mineralen eingeschlossenen Fluiden die Druck- und Temperaturbedingungen zu bestimmen, unter denen das Magma zuletzt gespeichert war. So kann der Druck aus der Dichte des eingeschlossenen CO2 abgeleitet und mithilfe der Gesteinsdichte sowie seismischer Daten zur Krusten- und Manteltiefe in eine exakte Tiefe umgesetzt werden. Die Ergebnisse bestätigen, dass beim Übergang von einer Phase hohen Magmazuflusses zu einer Phase mit reduziertem Volumen die Schmelzespeicherung tendenziell tiefer wandert, insbesondere unterhalb der Moho-Grenze.
Die thermische und strukturelle Architektur der Lithosphäre und die sich verändernde Plume-Zuflussrate spielen dabei eine entscheidende Rolle. Hoher Magmazufluss erzeugt stabile, durchgehende Fördersysteme vom Mantel zu oberflächennahen Seen, während bei geringerem Magmazufluss solche Kanäle versiegen und die Magmaspeicherung sich auf Manteltiefen konzentriert. Ergänzend untermauern seismische Untersuchungen die Tiefe der Moho-Grenze und illustrieren die komplexen Förderwege und Speicherstrukturen unter den Vulkanen. Im Vergleich zu den aktiven Schildvulkanen mit flachen Speicherseen sind post-shield- und Rejuvenationsvulkane schwieriger vorauszusagen. Ihre Magmaspeicher können sich tief im Mantel verstecken, was die Detektion von Vorzeichen eruptiver Aktivität erschwert.
Ähnlichkeiten zwischen den hawaiianischen post-shield- und rejuvenierten Vulkanen und jüngsten Ausbrüchen wie dem 2021er Eruption auf La Palma zeigen, dass eruptive Unruhen oft mit Erdbeben in tiefen Mantelkammern beginnen, lange bevor vulkanische Deformationen an der Oberfläche sichtbar werden. Daraus resultiert eine wichtige Implikation für das Vulkanrisikomanagement: Frühwarnsysteme sollten auch tiefmantel-basierte Aktivitäten stärker berücksichtigen, um rechtzeitig vor möglichen Eruptionen zu warnen. Insgesamt trägt die moderne Forschung erheblich dazu bei, das Verständnis der magmatischen Entwicklungsprozesse auf Hawaii zu revolutionieren. Sie liefert wichtige Einblicke in die Entwicklung von Magmasystemen, die sich von der Erdkruste bis zum Erdmantel erstrecken, und hilft dabei, die Dynamik der Vulkane besser zu begreifen. Die Kombination aus feinkörnigen Petrologiestudien, innovativer Raman-Spektroskopie und seismischen Daten bietet einen ganzheitlichen Blick auf die Lebenszyklen dieser faszinierenden geologischen Systeme.
Gleichzeitig sensibilisiert sie Forscher und Behörden für die unterschiedlichen magma-bedingten Gefahren in den verschiedenen Entwicklungsstadien der Inselvulkane, wodurch künftig präzisere Prognosen und Schutzmaßnahmen möglich sind.