Alan Yentob ist am 24. Mai 2025 im Alter von 78 Jahren verstorben. Er hinterlässt ein beeindruckendes Vermächtnis als einer der einflussreichsten Fernsehmacher Großbritanniens und als kreativer Kopf des BBC. Seine Karriere erstreckte sich über mehr als fünf Jahrzehnte, in denen er als Produzent, Regisseur, Senderchef und Moderator maßgeblich zur Gestaltung des britischen Fernsehens beitrug. Geboren wurde Alan Yentob am 11.
März 1947 in Stepney, London, in eine irakisch-jüdische Familie. Von Kindheit an geprägt von vielfältigen Einflüssen, wuchs er zunächst in Manchester auf, bevor die Familie nach London zurückkehrte. Seine Schulzeit verbrachte Yentob unter anderem als Internatsschüler in Cambridgeshire und absolvierte später ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Leeds. Bereits während seiner Studienzeit entdeckte er seine Leidenschaft für die Kunst- und Theaterwelt, die seinen weiteren Werdegang nachhaltig beeinflussen sollte. Sein beruflicher Einstieg erfolgte 1968 beim BBC World Service, wo er als einer der wenigen Nicht-Oxbridge-Absolventen seiner Generation begann.
Schnell wechselte er ins Fernsehen und übernahm zunächst Positionen als Assistent und später als Produzent und Regisseur. Besonders prägend war seine Mitarbeit an der renommierten Dokumentarserie "Omnibus", für die er 1975 den vielbeachteten Film "Cracked Actor" über David Bowie drehte. Dies war nur der Anfang seiner langjährigen Verbindung zu Kultur und Kunst im Fernsehen. In den späten 1970er-Jahren war Yentob maßgeblich für die Entwicklung der Kultsendung "Arena" verantwortlich, die sich dem Bereich Kunst und Dokumentation widmete. Unter seiner Redaktion entwickelte sich "Arena" zu einem der profil- und einflussreichsten Formate im BBC-Programm.
Diese Phase markierte den Aufstieg Yentobs zu einer der Schlüsselpersonen hinter den Kulissen. Sein Einfluss wuchs weiter, als er 1987 der Controller von BBC2 wurde. In dieser Funktion prägte er das Programmprofil und war maßgeblich an der Einführung erfolgreicher Sendungen wie "The Late Show", "Have I Got News for You" und "Absolutely Fabulous" beteiligt. Diese Sendungen revolutionierten die britische Fernsehkultur und machten BBC2 zu einer Schlüsselsender für innovative und satirische Inhalte. 1993 übernahm Yentob die Position des Controllers von BBC1, dem damals wichtigsten Hauptkanal des BBC.
Hier zeigte er erneut seine Fähigkeit, Programmhighlights zu entwickeln und den Sender zeitgemäß zu gestalten. Unter seiner Aufsicht wurden bedeutende Dramen wie "Middlemarch" und "Pride and Prejudice" produziert, die heute als Klassiker gelten. Gleichzeitig zeigte er Mut bei schwierigen Entscheidungen, wie der Einstellung der umstrittenen Seifenoper "Eldorado". Seine Karriere führte ihn schließlich 2004 zum Creative Director des BBC. In dieser Rolle war er verantwortlich für die Gesamtgestaltung und kreative Ausrichtung aller BBC-Angebote, von Fernsehen über Radio bis hin zu interaktiven Medien im Internet.
Seine Vision einer multimedialen Medienlandschaft, die traditionelle und neue Kanäle verknüpft, zeigte seine Weitsicht und Innovationsfreude. Parallel zu seinen Führungsaufgaben trat Yentob auch als Moderator und Gesicht des BBC-Kulturprogramms "Imagine" hervor. In dieser Sendung brachte er den Zuschauern komplexe kulturelle und gesellschaftliche Themen auf zugängliche Art näher. "Imagine" wurde zu einem der wichtigsten Programme zur Förderung von Kunst und Kreativität im britischen Fernsehen. Trotz seiner Erfolge blieb Yentobs Karriere nicht ohne Kontroversen.
Besonders die Verstrickung in den Fall der Wohltätigkeitsorganisation Kids Company, deren Vorsitzender er von 2003 bis zum Kollaps 2015 war, führte zu öffentlichen und politischen Diskussionen. Kritisiert wurden sowohl das Management der Organisation als auch Yentobs Rolle bei der Einflussnahme auf die BBC-Berichterstattung über die Krise. Dieser Skandal führte letztlich 2015 zu seinem Rücktritt als Creative Director. Abseits seines Berufslebens war Alan Yentob für seine langjährige Partnerschaft mit Philippa Walker bekannt, die 2020 in der Ehe mündete. Die Familie blieb trotz persönlicher Rückschläge wie dem Messerangriff auf seinen Sohn 2006 eng verbunden.
Yentob wurde mehrfach für seine Verdienste ausgezeichnet, unter anderem als Commander of the Order of the British Empire (CBE) im Jahr 2024. Nach seinem Rückzug vom BBC blickte Yentob weiter aktiv in die Medien- und Unterhaltungsbranche hinein. Er war als Executive Producer an neuen Projekten beteiligt, darunter das animierte Filmprojekt "The Land of Sometimes", das mit prominenten Namen wie Mel Brooks und Tim Rice zusammenarbeitet. Der Tod Alan Yentobs wurde in Großbritannien und darüber hinaus weithin bedauert. BBC-Generaldirektor Tim Davie würdigte ihn als „kreative Kraft und kulturellen Visionär“, der mit Leidenschaft für das Erzählen von Geschichten und dem öffentlichen Dienst das Fernsehprogramm über Jahrzehnte hinweg prägte.
Andere Medienpersönlichkeiten und Künstler lobten ihn als charismatischen und wegweisenden Impresario, der wie kaum ein anderer den Geist und die Entwicklung des Post-War-Fernsehens verkörperte. Im kulturellen Gedächtnis bleibt Yentob nicht nur durch sein eigenes Schaffen, sondern auch durch die Auseinandersetzungen um Kids Company und seine innovativen Programme, die stets den Anspruch hatten, die Gesellschaft zum Nachdenken anzuregen und Menschen zu inspirieren. Seine Biografie erzählt vom Aufstieg eines Mannes aus bescheidenen Verhältnissen zu einem der mächtigsten und kreativsten Medienmacher des Vereinigten Königreichs. Seine Arbeit hatte weitreichenden Einfluss auf das britische Fernsehen und den kulturellen Diskurs. Besonders durch seine Förderung künstlerischer Dokumentationen undunterhaltsamer wie intellektueller Programme verhalf Alan Yentob dem BBC zu einem Profil, das weit über reine Unterhaltung hinausgeht – ein Erbe, das auch in Zeiten digitaler Medien und Fragmentierung hohe Relevanz besitzt.
Nicht zuletzt spiegelt Yentobs Lebensweg die dynamischen Veränderungen im Mediensektor der letzten Jahrzehnte wider – von der Ära des klassischen Fernsehens über die digitale Revolution bis hin zur heutigen Medienvielfalt. Seine Fähigkeit, kreative Visionen mit administrativer Führung zu verbinden, machte ihn zu einer herausragenden Persönlichkeit, deren Einfluss weit über die britischen Landesgrenzen hinausreicht. In der Erinnerung bleibt Alan Yentob als ein Mann, der die Grenzen des Fernsehens immer neu auslotete, der Kulturen sichtbar machte und durch seine Programme Bildungs- und Kunstangebote einem breiten Publikum zugänglich machte. Sein Tod ist ein bedeutender Verlust für die Medienwelt – zugleich aber auch Anlass, sein Lebenswerk und seine Verdienste eingehend zu würdigen und die Frage nach der Zukunft solch kreativer Führungspersönlichkeiten im Medienbereich zu stellen.