Die Entwicklung von Theorien, die das menschliche Handeln und die Interaktion mit technischen Systemen beschreiben, hat in den letzten Jahrzehnten enorm an Bedeutung gewonnen. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei die sogenannte Theorie der Aktivität, die versucht, menschliches Verhalten in komplexen Kontexten ganzheitlich zu erfassen. Das 1987 veröffentlichte Werk "Pengi: An Implementation of a Theory of Activity" stellt dabei einen Meilenstein dar, da hier erstmals eine praktische Umsetzung dieser theoretischen Grundlagen in Software realisiert wurde. Pengi ist nicht nur eine technische Innovation, sondern auch ein wertvolles Beispiel dafür, wie abstrakte psychologische Konzepte in der Informatik angewandt werden können. Der Ursprung der Theorie der Aktivität liegt in der sozialpsychologischen Forschung, die vor allem von Lew Wygotski, Alexei Leontjew und anderen Vertretern der sogenannten sowjetischen Psychologie geprägt wurde.
Die Theorie betrachtet menschliche Handlungen stets im Kontext des gesamten sozialen und materiellen Umfelds. Sie hebt hervor, dass das Individuum niemals isoliert agiert, sondern stets eingebettet in ein System von Zielen, Werkzeugen und sozialen Beziehungen handelt. Das 1987 vorgestellte Projekt Pengi hat versucht, diese Prinzipien in einem computergestützten System zu verwirklichen. Dabei ging es darum, ein interaktives Programm zu entwickeln, das nicht nur einfache Eingaben verarbeitet, sondern die Aktivitäten des Benutzers als bedeutungsvolle Einheiten interpretiert und darauf reagiert. Das Ziel von Pengi war es, einen aktiven Dialog zwischen Mensch und Maschine zu etablieren, bei dem der Computer die Absichten und Ziele des Nutzers erkennt und das Systemverhalten entsprechend anpasst.
Dies markierte einen fundamentalen Schritt weg von starren, regelbasierten Programmen hin zu adaptiven, kontextsensitiven Systemen. Eine wichtige Komponente von Pengi ist seine Fähigkeit, komplexe Handlungszusammenhänge zu modellieren. Während traditionelle Softwareanwendungen oft auf einzelnen Eingabe-/Ausgabezyklen basieren, greift Pengi auf die sogenannten "Aktivitätseinheiten" zurück, die mehrere, miteinander verknüpfte Aktionen umfassen können. Das erlaubt dem System, längerfristige Ziele des Benutzers zu verfolgen und diese bei der Interaktionsgestaltung zu berücksichtigen. Das Konzept der "Werkzeuge" in der Theorie der Aktivität spiegelt sich in Pengi besonders deutlich wider.
Werkzeuge werden nicht nur als physische Objekte verstanden, sondern auch als Symbole, Sprache und technische Hilfsmittel. Diese Vermittlungsfunktion ist zentral, da Werkzeuge das Verhalten lenken und verändern können. Pengi nutzt diese Sichtweise, indem es verschiedene Interaktionsmittel anbietet und ihre Bedeutung für die Aktivitäten des Nutzers interpretiert. Die Realisierung von Pengi im Jahr 1987 erfolgte in einer Zeit, in der die HCI-Forschung (Human-Computer Interaction) gerade erst an Fahrt aufnahm. Das System zeigte eindrucksvoll, wie theoretische Modelle der Psychologie in praxistaugliche Anwendungen überführt werden können.
Trotz technischer Limitierungen der damaligen Hardware und Software gelang es, komplexe, sinnvolle Interaktionen zu ermöglichen. Die Relevanz von Pengi beschränkt sich nicht nur auf die damalige Zeit. Das System hat wesentliche Impulse für die Entwicklung moderner adaptive Systeme, intelligente Benutzeroberflächen und kontextbewusste Computeranwendungen gegeben. Gerade im Zeitalter von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning ist die Betonung auf kontextuelle und activity-basierte Modelle wieder aktuell und zeigt Parallelen zu den frühen Ansätzen von Pengi. In der Retrospektive betrachtet, verdeutlicht Pengi auch die Bedeutung interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Informatikern, Psychologen und Soziologen.
Nur durch das Zusammenführen verschiedener Expertisen konnten die komplexen Anforderungen an theoriegeleitete Systeme erfüllt werden. Daraus ableitend hat sich das Feld der Human-Centered Design Methodologien weiterentwickelt, deren Wurzeln bereits in Projekten wie Pengi zu erkennen sind. Darüber hinaus bietet Pengi wertvolle Einblicke in die Herausforderungen beim Übergang von Theorie zu Anwendung. Die Präzisierung der theoretischen Konzepte, die userzentrierte Entwicklung von Schnittstellen und das Handling von mehrdimensionalen Aktivitätsdaten waren komplexe Aufgaben, die bis heute von Entwicklern adressiert werden. Für die heutige Forschung und Praxis bleiben die Fragen, wie menschliche Aktivitäten bestmöglich verstanden, modelliert und durch technische Systeme unterstützt werden können, weiterhin relevant.