Im April 2025 fielen die Großhandelspreise in den USA überraschend deutlich, was zunächst als positives Zeichen für die Bekämpfung der Inflation gewertet wurde. Die Zahlen des Produzentenpreisindex (PPI), die sowohl Hersteller, Großhändler als auch Einzelhändler betreffen, sanken um 0,5 Prozent – der deutlichste Rückgang seit fünf Jahren. Allerdings ist diese Entspannung ein zweischneidiges Schwert. Experten sehen darin zwar eine kurzzeitige Entspannung bei Produktionskosten, doch die Verbraucherpreise dürften bald ansteigen. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und ergeben sich unter anderem aus der Wirkung der Zölle sowie den aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Die Rolle der Zölle im Inflationsgeschehen darf nicht unterschätzt werden. Präsident Donald Trumps eingeführte Strafzölle auf eine Vielzahl von importierten Waren haben die Kostenstruktur für viele Unternehmen komplexer gemacht. Zwar konnten die Zölle bisher durch eine gedämpfte Nachfrage, vor allem im Dienstleistungssektor wie etwa bei Flugreisen und Hotelübernachtungen, gewisse inflationshemmende Effekte erzielen, doch über kurz oder lang führen die höheren Importkosten zu einer Margenkompression bei Herstellern und Einzelhändlern. Diese Kosten werden höchstwahrscheinlich an den Endverbraucher weitergegeben, was einen Nachfragedruck bei Konsumenten auslösen und somit Preisanstiege verursachen wird. Interessanterweise war im April ein Rückgang bei den Preisen für Hotels und Motels zu verzeichnen, die um 3,1 Prozent fielen.
Ähnlich entwickelten sich die Flugpreiszusätze mit einem Minus von 1,5 Prozent sowie die Kosten im Transport- und Lagerbereich, die 0,4 Prozent niedriger lagen. Auch die Gebühren für Finanzdienstleistungen gingen aufgrund rückläufiger Börsenkurse deutlich zurück. Diese Ausnahmen kontrastieren mit dem Anstieg der Preise für Kernwaren – also solche ohne Energie und Lebensmittel – um 0,4 Prozent. Dieses Phänomen verdeutlicht, dass nicht alle Wirtschaftsbereiche gleichermaßen von der gegenwärtigen Kostenentwicklung betroffen sind, dennoch ist insgesamt mit einem Druck auf die Verbraucherpreise zu rechnen. Die Dynamik zwischen sinkenden Großhandelspreisen und steigenden Endverbraucherpreisen ist erklärungsbedürftig.
Ein wesentlicher Faktor ist die sogenannte Margenkompression bei Einzelhändlern, welche aktuell vermehrt beobachtet wird. Unternehmen sehen sich gezwungen, entweder mit verminderten Gewinnspannen zu arbeiten oder die Kosten vollständig an ihre Kunden weiterzugeben. Viele entscheiden sich langfristig für Letzteres, weil die Aufrechterhaltung von Gewinnmargen eine elementare Voraussetzung für Investitionen und Beschäftigungswachstum ist. Zusätzlich zu den Zöllen wirken weitere wirtschaftliche Unsicherheiten bremsend auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Die Kombination aus steigenden Materialkosten und unsicheren Absatzperspektiven führt dazu, dass Firmen ihre Investitionsentscheidungen überdenken.
Laut Analysen von JPMorgan Chase ist bereits ein spürbarer Rückgang bei der Geschäfts- und Personalinvestition zu erkennen, was sich mittel- bis langfristig negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken könnte. Weniger Investitionen bedeuten auch weniger neue Arbeitsplätze, was wiederum die Konsumfreude der Verbraucher schwächt. Die Federal Reserve steht in diesem komplexen Umfeld vor besonderen Herausforderungen. Üblicherweise reagiert die Zentralbank mit Zinssenkungen, wenn die Wirtschaft abschwächt, und mit Zinserhöhungen, um eine zu hohe Inflation zu unterbinden. In der jetztigen Gemengelage jedoch sorgen gleichzeitig steigende Preise durch Zölle und eine gebremste Wirtschaftsentwicklung für eine Zwickmühle.
Die Fed wird aller Voraussicht nach ihre Zinswende vorerst aussetzen, um die Lage besser zu beurteilen und einzugreifen, wenn sich klarere Trends bezüglich Wachstum und Inflation abzeichnen. Die Schwankungen bei der Inflationserwartung wirken sich auch auf die Marktdynamik aus. Während die Aktienmärkte sensibel auf Prognosen zu Zinsschritten und wirtschaftlicher Entwicklung reagieren, spiegeln auch Schwankungen bei den Rohstoffpreisen und Wechselkursen die Unsicherheit wider. Verbraucher müssen sich auf eine Phase einstellen, in der Waren und Dienstleistungen nicht nur teilweise teurer werden, sondern auch eine verstärkte Volatilität bei Preisen vorherrscht. Besonders betroffen von der bevorstehenden Verteuerung sind Grundbedarfsartikel wie Lebensmittel und Energie, welche zwar im April noch leichte Preissenkungen zeigten, aber traditionell stark von Zollbelastungen und Transportkosten beeinflusst werden.
Bei Lebensmitteln waren es 1 Prozent weniger im Großhandel, und Energieprodukte sanken um 0,4 Prozent. Da aber gerade diese beiden Sektoren hohe Bedeutung im Warenkorb der Verbraucher haben, wäre ein Umkehreffekt bei den Preisen besonders spürbar. Auf der Verbraucherseite wächst die Sorge über die Entwicklung der Inflation und deren Auswirkungen auf die Kaufkraft. Obwohl sich derzeit Einiges an der Preissituation entspannt, bleibt die fundamentale Inflationserwartung hoch. Wenn Unternehmen wie Walmart bereits angekündigt haben, wegen der Zölle bald Preiserhöhungen umzusetzen, signalisiert dies einen Trend, der vielerorts Nachahmer finden dürfte.
Somit wächst der Druck auf Haushalte mit begrenzten finanziellen Ressourcen, die durch steigende Preise zusätzlich belastet werden. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die momentane Großhandelspreisentwicklung zwar eine kurzfristige Entspannung nahelegt, jedoch viele Indizien darauf hindeuten, dass diese Phase nicht von Dauer sein wird. Die komplexen Wechselwirkungen von Zollpolitik, Unternehmensmargen, Konsumnachfrage und Geldpolitik erzeugen ein Spannungsfeld, in dem Verbraucherpreise mittelfristig eher steigen als fallen dürften. Verbraucher, Unternehmen und politische Entscheidungsträger sind daher gut beraten, die wirtschaftlichen Entwicklungen genau zu beobachten und sich auf eine Phase der Preisunsicherheit einzustellen. Mit Blick auf die kommenden Monate ist es wahrscheinlich, dass steigende Kosten für Industriegüter und Dienstleistungen bald auch im Einzelhandel sichtbar werden.