Im Jahr 2020 begann für mich eine faszinierende Reise in die Welt der Synthesizer, die nicht nur meine musikalische Perspektive erweitern, sondern auch mein Verständnis für Klang, Technik und Kreativität tiefgreifend verändern sollte. Ohne vorherige Erfahrung mit klassischen Musikinstrumenten, dafür aber mit großer Neugier für Töne und Technik, entschied ich mich, einen Kurs für Computermusik an der New Mexico Tech zu belegen, der sich ganz der Klangerzeugung mit Programmen wie Csound widmete. Dieser Kurs kombinierte technische Grundlagen mit dem Hören von Pionierwerken aus der Geschichte der Computermusik und eröffnete mir Einblicke in die faszinierende Welt der Synthese, die vielen als undurchschaubar gilt, dabei aber voller kreativer Möglichkeiten steckt. Schon früh im Kurs erkannte ich, dass die Arbeit mit reinem Software-Synthese-Tools, wie Csound, eine immense Herausforderung darstellte, da hier die direkte Interaktion fehlte und das Erstellen von Klängen oft zu einem mühseligen Prozess aus Programmieren, Kompilieren und Ausprobieren wurde. Die mangelnde haptische Erfahrung, das Drehen an Knöpfen oder das unmittelbare Eingreifen in den Klang, ließ mich frustriert zurück.
Deshalb wurde mein Interesse an Hardware-Synthesizern schnell größer. Im Februar 2020 legte ich mir den Uno Synth zu, ein günstiger analoger Synthesizer, der zwar auf den ersten Blick ideal für Einsteiger schien, aber nicht ohne Schwächen war. Der Uno Synth bot einen schmutzig-analogen Klang, der mich ansprach und weniger das sterile Klangbild der Konkurrenz. Allerdings stellte sich der Umgang mit der Stromversorgung als problematisch heraus: Batteriebetrieb hielt kaum länger als ein paar Stunden, den USB-Anschluss zu nutzen führte zu Störgeräuschen, und die notwendige Software für bestimmte Einstellungen war unpraktisch. Auch die Mechanik war anfällig für Schäden, was die Freude an dem Gerät trübte.
Während der Corona-Pandemie bot sich in Zeiten des Lockdowns die Gelegenheit, sich intensiver mit anderen Geräten zu beschäftigen. Im April entdeckte ich den Elektron Model:Cycles, ein kompaktes Instrument, das auf FM-Synthese basierte und durch seine musikalischen Rhythmusmöglichkeiten überzeugte. Besonders reizvoll erschien mir die Tatsache, dass es als USB-Audio-Interface fungieren konnte, was Aufnahmen ohne zusätzliche Hardware erleichterte. Die Elektron-typische Wegführung durch Parameter und Sequenzen eröffnete erste Möglichkeiten zur Komposition, allerdings stellte ich schnell fest, dass ich mit dem eingeschränkten Keyboard ohne echte Tasten und meiner mangelnden Spielerfahrung auf melodischer Ebene an Grenzen stieß. Die Dialoge mit Freunden, die erfahrenere Musiker waren, zeigten mir, dass der deepest Einstieg und das Erlernen eines Instruments für mich dringend notwendig ist, um wirklich ausdrucksstarke Klangbilder zu erzeugen.
Parallel zu den Hardwareexperimenten entdeckte ich die Lernplattform Syntorial, die sich dem Thema subtraktive Synthese widmet und sich als eine Art Gehörbildung für Synthesizer-Nutzer versteht. Durch die interaktiven Lektionen konnte ich lernen, wie unterschiedliche Klangparameter durch das Drehen von Knöpfen verändert werden und wie sich daraus vielfältige Sounds erzeugen lassen. Das half mir dabei, mein Verständnis von Synthese nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch zu vertiefen. Dabei wurde mir auch klar, dass klassische subtraktive Synthese eine breite Anwendung in vielen Instrumenten und Musikrichtungen hat. Die Suche nach einem Instrument mit echter Tastatur wurde für mich bald essenziell.
Ein vollwertiges Keyboard würde es mir nicht nur erleichtern, Harmonien und Skalen zu verstehen und zu spielen, sondern auch meine musikalische Kreativität besser zu entfalten. Nach intensiver Überlegung fiel meine Wahl auf den Moog Matriarch, ein Synthesizer mit analoger Signalverarbeitung, ausgefeilter Modulationsmöglichkeiten und tollem Soundcharakter. Der Erwerb war ein großer Schritt, aber es stellte sich als der richtige heraus. Die Klänge sind musikalisch und vielseitig und geben mir viel Raum zum Experimentieren. Besonders spannend sind die integrierten Patch-Möglichkeiten, die mich an modulare Synthesizer erinnern, ohne dass ich mich mit einem vollmodularen System auseinandersetzen muss.
Das Spielen auf der Tastatur schien zunächst eine unüberwindbare Hürde, da ich keine musikalische Vorbildung habe. Unterstützt durch private Musikstunden, die nicht klassische Klavierausbildung, sondern das Verständnis von Musiktheorie, Akkorden und simples Fingertraining betonten, konnte ich jedoch deutliche Fortschritte machen. Mittlerweile bin ich in der Lage, Skalen in verschiedenen Tonarten zu spielen, einfache Akkorde zu bilden und sogar kleine improvisierte Stücke zu gestalten. Das tat nicht nur meiner Sicht auf Musik gut, sondern gab mir auch einen viel intuitiveren Zugang zu den Synthesizern selbst. Ebenfalls ein bedeutender Schritt war die Beschäftigung mit MIDI, dem Kommunikationsprotokoll zwischen Synthesizern, Controllern und Software.
Anfangs verstand ich MIDI nur als Dateiart, später wurde mir klar, dass es das zentrale Verbindungsstück ist, welches das Zusammenspiel von Hard- und Software ermöglicht. Hier tauchte auch die Software ORCΛ auf, ein Programm mit dem man virtuelle Klangerzeuger steuern und MIDI-Signale arrangieren kann. ORCΛ war ein weiterer Baustein meiner Erkenntnisreise, auch wenn es von der Bedienung her nicht ideal für mich war und eher experimentellen Charakter hatte. Ein weiterer Meilenstein war für mich die Akzeptanz und Nutzung von Digital Audio Workstations (DAWs). Anfangs war ich skeptisch gegenüber Computern in der Musikproduktion, verbunden mit der Erinnerung an die frustrierende Programmierung in Csound und der Angst vor übermäßiger Komplexität.
Doch durch Gespräche mit erfahrenen Musikern und das Entdecken von Bitwig Studio änderte sich meine Einstellung. Bitwig bietet ein modernes, sehr mächtiges Umfeld zur Musikproduktion, das weit über das bloße Aneinanderreihen von Tonspuren hinausgeht. Besonders beeindruckend ist die modulare Syntheseumgebung namens Poly Grid, die Blockbasiertes Arbeiten erlaubt und durch vorgefertigte Verbindungen und eine klare Nutzeroberfläche besticht. Zudem ist Bitwig plattformübergreifend, unterstützt Linux und ermöglicht eine detailreiche und kreative Modulation von Klängen. Die Verwendung von Bitwig Studio führte zu einer intensiven Beschäftigung mit Suchmaschinenoptimierung und der aktiven Suche nach Online-Ressourcen, Tutorials und Communities, die den Einstieg erleichtern.
Künstler wie Andrew Huang und Kanäle mit Schwerpunkt auf Synthese und Musikproduktion wurden wichtige Inspirationsquellen. Durch die Kombination aus Modul-Synthese, MIDI und digitaler Aufnahme ist es möglich geworden, komplexe Stücke zu komponieren, arrangieren und mit anderen zu teilen. Neben technischen Aspekten prägte mich 2020 vor allem mein sich wandelnder Musikgeschmack. Während ich meine Wurzeln in Rock, Metal und Gitarrenmusik sehe, erkannte ich, welchen Einfluss Synthesizer schon mein ganzes Leben auf meine Lieblingsmusik hatten. Bands wie Devo, CHVRCHES oder Charkli XCX bauten auf den Klangwelten von Synthesizern auf, ohne dass mir das früher bewusst war.
Der Moog-Synthesizer als ein eher unterschätztes aber prägendes Element von Musik wurde damit zu einem Symbol meiner musikalischen Neuentdeckung und einer Verbindung zwischen Rock, Pop und elektronischer Musik. Das Jahr 2020 war für mich nicht nur ein Lernprozess um Synthesizer-Technologie, sondern eine transformative musikalische Erfahrung. Vom initialen Computercode zum physischen Drehen von Knöpfen, vom verzweifelten Ausprobieren bis hin zum Ausdruck eigener Klangideen. Diese Reise wäre ohne den Einfluss von Freunden, Lehrern und Partnern nicht denkbar gewesen. Sie öffneten Türen, motivierten zum Weitermachen und ermöglichten eine kreative Freiheit, die ich vorher kaum kannte.
Zusammenfassend ist 2020 für mich das Jahr, in dem ich die Welt der Synthesizer betreten habe – mit all ihren Tücken, Überraschungen und vor allem Möglichkeiten. Die Kombination aus Hardware und Software, Theorie und Praxis, Hören und Spielen eröffnete mir neue Horizonte. Musik wurde dadurch greifbarer, lebendiger und vor allem: persönlicher. Dieses Jahr war der Beginn eines musikalischen Abenteuers, dessen Ende noch lange nicht in Sicht ist.