Die Musiklandschaft elektronischer Klangwelten ist so vielfältig wie die Künstler selbst. Doch nur wenige schaffen es, eine so unverkennbare Handschrift bei gleichzeitig enormem Output zu erzeugen wie Aleksi Perälä. Der finnische IDM-Produzent ist kein gewöhnlicher Musiker im herkömmlichen Sinne. Für ihn ist Musik keine bloße Freizeitbeschäftigung oder ein Handelsgut, sondern eine Berufung, die er mit extremer Hingabe verfolgt. Seine Geschichte und sein Ansatz faszinieren nicht nur eingefleischte Kenner elektronischer Musik, sondern auch alle, die über die traditionellen Normen von Produktion und Veröffentlichung hinausdenken wollen.
Er hat sich den Respekt einer globalen Hörerschaft verdient, vor allem durch seine außergewöhnliche Produktivität: Ein neues Album alle zwei Wochen – ein Tempo, das im Musikbusiness kaum vorstellbar ist. Dabei nutzt er eine eigene, alternative Stimmungs- und Klangwelt namens Colundi, die weit über die bekannte 12-Ton-Temperierung hinausgeht. Aleksi Perälä wurde vor allem dadurch bekannt, dass er auf Plattformen wie Bandcamp über hundert Alben veröffentlicht hat. Diese bemerkenswerte Zahl spricht für eine beeindruckende Disziplin und eine liebevolle Verbindung zu seinem kreativen Schaffen. Peräläs Arbeiten sind keine sporadischen Veröffentlichungen, sondern fließen wie ein kontinuierlicher Strom, der nie versiegt.
So beschreibt er seine Arbeitsweise auch selbst: Es ist kein Job, es ist ein Spielen, ein ständiges Fließen von Ideen und Klängen, geprägt von einer fast meditativen Verbindung zu seinem „Soundsystem“ und zum Universum. Ein essenzieller Teil von Peräläs Erfolg und seinem unverwechselbaren Sound ist das Colundi-Tonalsystem, das er gemeinsam mit Grant Wilson-Claridge, einem Mitbegründer von Rephlex Records, entwickelt hat. Dieses Tuning beruht nicht auf den klassischen, westlichen Prinzipien, bei denen Tonintervalle mathematisch voneinander abgeleitet werden. Stattdessen arbeitet Colundi mit 128 Resonanzfrequenzen, die sowohl wissenschaftlich als auch philosophisch ausgewählt wurden. Jede Frequenz steht in Beziehung zu bioresonanten Eigenschaften des Menschen, zu psychologischen, mystischen, astronomischen oder chemischen Aspekten.
Dieses System wirkt so persönlich und umfassend, dass es für Perälä selbst zum fundamentalen Lebensprinzip wurde. Er beschreibt es als eine Art „ewiger Kraftfluss“, in dem sich Skalen und Klänge verbinden und ineinander aufgehen. Das Arbeiten mit Colundi ist weit mehr als nur eine technische Neuerung. Für Aleksi Perälä ist es eine emotionale und körperliche Erfahrung, die ihn inspiriert und ihm ermöglicht, Sounds auf einer Basis zu erschaffen, die direkt auf den menschlichen Körper und Geist wirken. So beginnt sein Schaffensprozess oft damit, neue Tonleitern in Colundi zu erschaffen und anschließend darauf aufbauend Klänge durch das Zusammenführen von Sinuswellen zu komponieren, welche perfekt auf die Skalen abgestimmt sind.
Diese Verschmelzung von Tonleiter und Klangform ist für Perälä eine kreative Synthese, die ihn in der Produktion völlig neue Wege beschreiten lässt. Er verzichtet auf vorgefertigte Instrumente und Sample-Bibliotheken, um stattdessen beim grundlegendsten Ton, der Sinuswelle, anzusetzen. Selbst typische Geräusche wie zum Beispiel Hi-Hats aus einer Roland TR-909 stellt er komplett aus Colundi-basierten Sinuswellen nach und nutzt die resultierenden Obertöne sogar für harmonische Klänge innerhalb seiner Stücke. Die Atmosphäre in den Produktionen von Aleksi Perälä ist dabei stets durch seine tiefe Verbindung zur Natur und seiner finnischen Heimat geprägt. Finnland mit seinen uralten Wäldern, der weiten, lichten Natur und einer extrem geringen Bevölkerungsdichte bietet ihm den idealen Raum für seine kreative Arbeit.
Die Landschaft und das Land selbst wirken als Inspirationsquelle – als ein großer, gesunder Freiraum der Ruhe und Kraft, in dem sich Kreativität besonders entfalten kann. Seinen musikalischen Prozess beschreibt er gerne mit Begriffen wie „Fluss“, „Strom“ oder „Geographie“. Für ihn ist Musik eben kein abstraktes Kunstprodukt, sondern etwas Lebendiges und Organisches. Dies spiegelt sich auch in der Art wieder, wie er seine Musik aufnimmt. Aleksi Perälä favorisiert ein „Live-Jamming“ im Studio, das er meist ungeschnitten veröffentlichen lässt, um dem Hörer die Natürlichkeit und das Leben in seinen Produktionen zu vermitteln.
Seine bemerkenswerte Produktivität verdankt Perälä teils den Einschränkungen und Veränderungen durch die Pandemie. Ohne die gewöhnlichen Verpflichtungen eines klassischen Musikerlebens mit Tourneen oder Auftritten konnte er sich vollständig auf seine Musik konzentrieren und diese beinahe obsessiv, aber mit großer Freude verfolgen. Sein Veröffentlichungsrhythmus ist dabei bewusst mit den Mondphasen synchronisiert. Jedes Album erscheint entweder zu Neumond oder Vollmond. Diese kosmische Orientierung stärkt seine Verbindung zum natürlichen Zyklus der Zeit und gibt ihm gleichzeitig einen strukturierten Rahmen, um seinen Output auf hohem Niveau zu halten.
In der modernen Musikszene ist es keine Seltenheit, dass Künstler ihr Image in den Vordergrund stellen, viel Zeit mit Social Media verbringen und ihre Kreativität auf Marketingstrategien aufbauen. Bei Aleksi Perälä ist dies anders. Er betrachtet sich nicht als Unternehmer oder jemanden, der Musik als reines Business sieht. Stattdessen betont er die Kraft der Liebe als treibende Energie, die die Welt zusammenhält. Seine Effizienz beruht weniger auf äußerlichen Faktoren als auf einer tiefen Affinität zu den Klangwelten und einem ganz eigenen Zeitverständnis, das wenig Raum für Ablenkungen und zeitfressende Tätigkeiten lässt.
Er vermeidet bewusst soziale Medien und digitalisierte Kommunikation, da diese ihn vom Wesentlichen ablenken würden. Die Konzentration liegt ganz auf der Musik, seinen klanglichen Experimenten und der Erforschung neuer Skalen. Die Vorbereitung seiner Alben verlangt viel mehr als nur das bloße Komponieren. Nach der Entwicklung neuer Skalen kreiert Perälä zunächst Sounds aus der digitalen Welt der Sinuswellen, die teilweise von realen Instrumenten oder natürlichen Klängen inspiriert sind. Diese Sounds werden dann sorgfältig gesampelt, auf Synthesizer programmiert und nochmals mit passenden analogen Gerätschaften veredelt.
Für einige seiner letzten Alben kombinierte er die künstlich erzeugten Wellenklänge mit natürlichen Klängen von Holz, Stein, Metall und sogar Eis. Dazu nimmt er den Klang gefrorener Wasserschichten in der finnischen Winterlandschaft auf und integriert diese unverwechselbaren Klänge in seine Kompositionen. Jedes Album ist somit nicht nur ein kreatives Projekt, sondern ein intensives Feldexperiment, das durch die Verbindung von Natur und Technologie eine eigene Klangsprache entwickelt. Seine Albumserien, die mehrere Veröffentlichungen und thematische Konzepte umfassen, entstehen in einer Zeit von rund einem halben Jahr. Die Eigenproduktion, Aufnahme, Mischung und das Mastering übernimmt Perälä komplett selbst.
Die visuelle Gestaltung der Alben übernimmt er manchmal selbst, manchmal ist sein Kollege Grant Wilson-Claridge für die Kunst zuständig. Die konsequente Kontrolle über jeden Produktionsabschnitt sichert eine konsistente künstlerische Handschrift und Authentizität, die seinen Werken eigen ist. Seine Tipps zur eigenen Kreativität sind so unkonventionell wie seine Musik selbst. Er empfiehlt, sich selbst und den eigenen musikalischen Ausdruck zu hinterfragen: Welche Frequenzen werden verwendet? Wie fühlen sich die Klänge an? Sind sie stimmig und angenehm? Er schlägt sogar vor, bei der Arbeit auf eine bestimmte Himmelsrichtung zu blicken, die das eigene kreative beziehungsweise analytische Denken fördere. Besonders wichtig für den Schaffensprozess sind für ihn die Mondphasen und die Jahreszeiten.
Diese natürliche Orientierung unterstützt die meditative und therapeutische Wirkung von Musik, die er als universelle Kunst mit grenzenloser Freiheit empfindet. Das Leben und Werk von Aleksi Perälä zeigt eindrucksvoll, wie abseits der konventionellen Pfade elektronische Musik neu gedacht werden kann. Mit seinem revolutionären Colundi-System, seinem tiefen Bezug zur Natur und einem Produktionsrhythmus, der kosmische Rhythmen aufgreift, definiert er Kreativität und Produktivität neu. Seine Musik besticht durch eine Klangwelt, die gleichermaßen technisch innovativ und emotional berührend ist. Für Musikliebhaber, die nach klanglichen Neuheiten und einem authentischen künstlerischen Ausdruck suchen, ist Aleksi Perälä ein unverzichtbarer Name.
Seine Kunst zeigt, dass musikalische Freiheit nur dann wirklich gelebt werden kann, wenn man sich der inneren Leidenschaft hingibt, sich den natürlichen Zyklen anpasst und neue Technologien mit der Schönheit der Natur vereint. Wer sich auf seine soundliche Reise einlässt, erlebt eine musikalische Welt, die von Harmonie, Experiment und unendlicher Kreativität geprägt ist. Aleksi Perälä bleibt ein einzigartiger Pionier, dessen Einfluss weit über die Grenzen der IDM- und elektronischen Musikszene hinausreicht und zeigt, dass wahre Kunst keine Kompromisse kennt.