Amazon präsentierte Anfang 2025 mit Alexa+ eine neue Generation seiner beliebten Sprachassistenz. Mit einer tiefgreifenden Integration von generativer künstlicher Intelligenz wollte das Unternehmen sich gegen leistungsstarke Mitbewerber wie ChatGPT von OpenAI oder die KI-Initiativen von Meta behaupten. Der Startschuss wurde mit großer Erwartung aufgenommen – Anwender könnten Alexa+ einsetzen, um komplexe Aufgaben zu erledigen, spontane Folgefragen zu stellen und sogar automatisierte Handlungen durch die KI durchführen zu lassen. Doch sechs Wochen nach der ersten Einladung zum frühen Zugriff stellt sich die Frage: Wo sind die Nutzer eigentlich geblieben? Während die Alexa-Geräte in den letzten Jahren fest in vielen Haushalten etabliert wurden, scheint die neueste Version Alexa+ bislang keine breite Resonanz zu erzeugen. Trotz hunderttausender ausgesprochener Zugänge gibt es kaum verifizierbare Berichte, Nutzerstimmen oder gar öffentliche Demonstrationen der Fähigkeiten von Alexa+.
Amazon selbst geht davon aus, dass die überwiegende Mehrheit der Early-Access-Nutzer tatsächlich echte Kunden sind, obwohl auch Mitarbeiter und deren Familien einen Anteil ausmachen. Öffentliche Rezensionen oder Erfahrungsberichte sind hingegen fast nicht existent, was für Experten verwunderlich ist. Mehrere Faktoren tragen zu diesem seltsamen Zustand bei. Zum einen verläuft die Einführung von Alexa+ ungewöhnlich zurückhaltend und verlangsamt. Amazon schickte Newsletter, Einladungen und Werbevideos aus, erlaubte jedoch weder Medienvertretern noch Influencern ausreichend Zeit, das System vorab zu testen und darüber zu berichten.
Auch auf den bisherigen Produkt-Launch-Events – etwa im Februar 2025 in New York – war das Anfassen oder Ausprobieren des Produkts stark eingeschränkt. Für Branchenkenner wirkt dies wie ein vorsichtiges Abwägen, ob der Sprachassistent schon wirklich marktreif ist. Technisch ist Alexa+ deutlich komplexer als die Vorgängerversionen. Die KI hinter dem System kann mehrere Aufforderungen in einem Dialog verarbeiten, den Kontext behalten und sogar Entscheidungen eigenständig treffen. Damit einher gehen allerdings auch Herausforderungen in der Performance.
Quellen aus dem Umfeld von Amazon berichten, dass Alexa+ manchmal verzögert oder unpräzise reagiert und gelegentlich Informationen generiert, die nicht mit der Realität übereinstimmen – sogenannte Halluzinationen, die alle aktuellen KI-Modelle plagen. Außerdem ist der Betrieb der KI kostspielig. Amazon investierte seit der Einführung von Alexa im Jahr 2014 Milliarden in die Entwicklung der Sprachassistenz. Doch trotz dieser enormen Summe konnte bislang kein Wirtschaftlichkeitsmodell etabliert werden, in dem Alexa nachhaltig und profitabel für Amazon arbeitet. Auch die visionierte Nutzung von Alexa als Sprachshopping-Assistent hat sich nicht durchgesetzt.
Alexa+ sollte diesem Trend entgegensteuern, indem es weitreichendere Nutzungsbereiche anspricht, von Reiseberatung über personalisierte Bestellungen bis hin zur Medienaggregation. Dennoch fehlen bisher Belege, dass Verbraucher diese Möglichkeiten in großem Stil annehmen. Die Marketingstrategie von Amazon trägt ebenfalls zur ungewöhnlichen Situation bei. Während Konkurrenten wie Apple oder Google vor Produkteinführungen häufiger Intensivtests mit ausgewählten Influencern durchführen, die dann ihre Erfahrungen in Blogs, Videos oder sozialen Netzwerken teilen, bleibt Amazon hier eher zurückhaltend. Dadurch fehlt der breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit, umfassende Eindrücke zu Alexa+ zu sammeln.
Kritiker meinen, dass diese Zurückhaltung das Vertrauen potenzieller Nutzer schwächt und den Eindruck erweckt, das Unternehmen würde etwaige Probleme verschleiern wollen. Die Suche nach authentischen Nutzern gestaltet sich schwer. Recherchen auf Plattformen wie Reddit, TikTok, YouTube oder Twitter förderten wenige Hinweise zutage, die mit Alexa+ tatsächlich in Verbindung gebracht werden können. Anonyme Beiträge, die den Einsatz der KI bestätigen, wurden mitunter gelöscht oder konnten nicht verifiziert werden. Die fehlende Präsenz in der öffentlichen Diskussion steht im starken Kontrast zur sonst lebendigen Community rund um Alexa-Geräte und Sprachassistenten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Erwartungen der Verbraucher im Zeitalter moderner KI. Chatbots, die jederzeit umfassend und präzise Antworten liefern, werden heute von vielen Nutzern als Standard erwartet. Alexa+, trotz seiner Fortschritte, konnte bisher nicht alle Erwartungen in puncto Schnelligkeit, Genauigkeit und vielseitiger Einsatzfähigkeit erfüllen. Daraus resultiert, dass viele potenzielle Nutzer skeptisch bleiben und den Dienst nicht aktiv nutzen wollen. Amazon-Chef Andy Jassy betonte bei der Veröffentlichung der Quartalszahlen, dass Alexa+ mehr als 100.
000 aktive Nutzer habe und die Rückmeldungen überwiegend positiv seien. Dieses Statement steht allerdings im Widerspruch zur mangelnden öffentlichen Resonanz und dem fehlenden Feedback der Community. Ob es sich dabei um verfrühte Optimismus oder eine interne Erfolgsmeldung handelt, bleibt offen. Die Entwicklung und Einführung von Alexa+ werfen auch grundsätzliche Fragen zur Zukunft von Sprachassistenten im Alltag auf. Trotz jahrelanger Innovationen scheinen viele Nutzer Sprachsteuerungen nur für einfache Aufgaben zu verwenden, etwa Musik abzuspielen oder Wetterinformationen abzufragen.
Die komplexeren Anwendungsmöglichkeiten, wie durch Alexa+ ermöglicht, werden noch nicht umfassend angenommen. Hier tun sich Herausforderungen auf, die weit über technischen Fortschritt hinausgehen und psychologische, kulturelle sowie usability-orientierte Faktoren betreffen. Langfristig betrachtet steht Amazon mit Alexa+ an einem kritischen Punkt. Der Konzern hat das Potenzial, den Markt für KI-gestützte Sprachassistenzprodukte mitzugestalten, doch das Fehlen einer aktiven und sichtbaren Nutzerbasis könnte dem Wachstum entgegenwirken. Die Konkurrenz schläft nicht: OpenAI, Google, Meta und andere investieren massiv in KI-Technologien mit schnellen Iterationen und starkem Community-Engagement.
Amazon muss daher nicht nur seine Technik weiter verbessern, sondern auch eine nachhaltige Strategie für Nutzerbindung und Marketing entwickeln. Das Versäumnis, eine breite Anwendergemeinschaft sichtbar zu machen, birgt die Gefahr, Alexa+ zum Insider-Produkt zu degradieren, statt zum Massenphänomen. Dabei war die Vision ursprünglich, Sprachassistenten aus dem Nischenstatus herauszuführen und in Millionen Haushalten zu einem hilfreichen Begleiter im Alltag zu machen. Es bleibt abzuwarten, ob Amazon den Spagat zwischen Perfektionierung der Technologie und offener Nutzeransprache bald gelingt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Einführung von Alexa+ zwar technologisch vielversprechend ist, das Nutzer-Engagement und die öffentliche Wahrnehmung aber erheblich hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Die nächsten Monate werden zeigen, wie Amazon auf diese Herausforderungen reagiert und ob es gelingt, Alexa+ als unverzichtbares Tool in der Welt der künstlichen Intelligenz zu etablieren. Nutzer, Entwickler und Investoren beobachten die Entwicklung mit großem Interesse – und hoffen, dass Alexa+ bald mehr als nur ein mysteriöses Produkt in den Händen weniger bleibt.