Cathie Wood, eine der bekanntesten und einflussreichsten Anlegerinnen der letzten Jahre, befindet sich aktuell im Fokus der Finanzwelt. Die Gründerin von Ark Invest gab kürzlich offen zu, dass sie ihre Nvidia-Anteile zu früh verkauft habe, und äußerte auf Social Media öffentlich ihr Bedauern. Die Nvidia-Aktie, die in diesem Jahr eine beeindruckende Rallye von 172 % hingelegt hat, wurde zeitweise sogar das wertvollste börsennotierte Unternehmen der Welt. Diese Entwicklung hat zahlreiche Investoren überrascht – so auch Wood und ihr Team. Cathie Wood hatte Nvidia ursprünglich als „Check-the-Box“-Aktie bezeichnet, eine Kategorie von Unternehmen, die wichtige Trends abdecken, dann aber zur kurzfristigen Beobachtung oder Überprüfung auf der Watchlist verbleiben, ohne langfristig als Hauptinvestment zu gelten.
Sie beschrieb die Aktie zudem als zu volatil mit viel „Hyperaktivität“, was unter anderem auf die starke Nachfrage und häufigen Handelsaktivitäten zurückzuführen sei. Diese Einschätzung führte dazu, dass Ark Invest ihre Position im Laufe des Jahres veräußerte. Der Rückblick ist allseits bekannt: Hätte Ark Invest gewusst, wie stark Nvidia und andere sogenannte „Magnificent Seven“ – bestehend aus Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla – von der Marktbewegung profitieren würden, hätte die Fondsmanagerin wohl anders entschieden. Auf Twitter schrieb Wood, dass sie die Aktie „gehalten hätte“, wenn sie genau gewusst hätte, wie der Markt dies honorieren würde, insbesondere da auch Tesla und einige Biotech-Unternehmen wie Recursion Pharmaceuticals als große Nutznießer des KI-Booms galten. Der Fokus auf Nvidia ist durchaus gerechtfertigt, denn das Unternehmen hat die Entwicklung der KI-Branche maßgeblich vorangetrieben.
Die hochentwickelten Grafikprozessoren (GPUs) von Nvidia werden in Hochleistungsrechenzentren eingesetzt, um komplexe AI-Modelle zu trainieren. Während andere Branchen noch in den Anfängen der KI-Integration stecken, gilt Nvidia als technologischer Vorreiter und maßgeblicher Treiber dieser Revolution. Die Entscheidung von Ark Invest, Nvidia zu verkaufen, erfolgte auch vor dem Hintergrund einer grundsätzlich kritischen Einschätzung von Wood. Sie sah das Unternehmen als zyklisch und mit Phasen intensiver Nachfrage gefolgt von Rücksetzern, in denen eine Korrektur anstehen könnte. Dies spiegelt sich in ihrer Beschreibung der „doppelten, dreifachen oder sogar vierfachen“ Bestellungen wider, die am Ende zu einer Lagerbestandsanpassung führen könnten.
Diese Sichtweise führte sie auch in einem Interview mit The Wall Street Journal im Februar aus. Doch trotz dieser kritischen Haltung überstieg die tatsächliche Kursentwicklung von Nvidia alle Erwartungen. Die Aktie zeigte eine außerordentliche Stärke, eine Dynamik, die nicht nur das ARK-Team überraschte, sondern auch zahlreiche Marktbeobachter und Analysten. Nicht nur Cathie Wood sieht ihre Einschätzung retrospektiv kritisch. Auch renommierte Experten, wie z.
B. der NYU-Finanzprofessor Aswath Damodaran, haben sich vor einer zu großen Positionsgröße bei Nvidia gescheut. Damodaran verkaufte bereits im Jahr 2023 einen Großteil seiner Nvidia-Aktien, nachdem das Unternehmen den legendären Meilenstein einer Billionen-Dollar-Bewertung erreichte. Seine Sorgen lagen darin, dass die rasante Kurssteigerung mit einem Wert einherging, den er für fundamental nicht gerechtfertigt hielt. Dieses Spannungsfeld zwischen fundamentaler Bewertung und Markterwartungen spiegelt ein zentrales Dilemma moderner Investoren wider: Soll man sich auf klassische Bewertungskennzahlen verlassen, oder in Phasen disruptiven Wachstums die Dynamik der Märkte und den Wandel der Technologiebranche stärker berücksichtigen? Der Fall Nvidia zeigt exemplarisch, wie schwer es ist, den richtigen Zeitpunkt für Kauf oder Verkauf zu bestimmen.
Cathie Woods Fehler wird von vielen als wertvolle Lektion betrachtet. Die Investorin, die mit ihrem ARK Innovation ETF in der Vergangenheit vielfach als „Visionärin“ gefeiert wurde, demonstriert nun auch die menschliche Seite des Investierens: Entscheidungsfindungen unter Unsicherheit und die Notwendigkeit, sich an schnell ändernde Rahmenbedingungen anzupassen. Aus Sicht der Kapitalmärkte hat der Erfolg von Nvidia eine Reihe von Implikationen. Erstens bestätigt er die anhaltende Bedeutung des Halbleitersektors und die enorme Wertschöpfung durch spezialisierte Chips für die KI-Entwicklung. Zweitens zeigt er, wie konzentriert sich der Markt in ein paar Technologieaktien bewegt – die sogenannten Mag 6 –, was insgesamt das Risiko einer Marktabhängigkeit von wenigen großen Playern erhöht.
Weiterhin wirft der Fall Fragen zur Strategie von ARK Invest und deren Fokussierung auf disruptive Technologien und Zukunftstrends auf. Während das Fondsmanagement ursprünglich für mutige Langfristinvestitionen in neuartige Branchen bekannt war, zeigt das vorzeitige Veräußern von Nvidia-Aktien, wie herausfordernd es ist, Timing und Trends optimal zu treffen. Um den Börsenerfolg langfristig zu sichern, könnten Investoren daraus lernen, sich auch innerhalb ihrer Portfolios eine gewisse Flexibilität zu erhalten und potentielle Wachstumsstories nicht aufgrund kurzfristiger Marktlaunen vorzeitig auszuschließen. Gerade bei Unternehmen, die als Innovationstreiber gelten, ist eine geduldige Haltung oftmals gewinnbringender. Abschließend lässt sich sagen, dass die Nvidia-Geschichte als Paradebeispiel für die Komplexität moderner Börsenwelt dient.