Im Zuge der eskalierenden Handelskonflikte zwischen den USA und China hatten drastische Zollerhöhungen die chinesische Industrie und den Arbeitsmarkt massiv unter Druck gesetzt. Im April 2025 erreichten die US-Importzölle teilweise dreistellige Prozentsätze, was in China zu erheblichen Produktionskürzungen führte. Besonders betroffen waren arbeitsintensive Branchen wie Beleuchtung, Schuhe, Möbel und Spielzeug, in denen viele chinesische Arbeitnehmer beschäftigt sind. Zahlreiche Unternehmen sahen sich gezwungen, ihre Produktion zurückzufahren oder vorübergehend zu schließen, was in der Folge zahlreiche Entlassungen nach sich zog. Selbst Menschen wie Liu Shengzun, ein Arbeiter aus Guangdong, verloren innerhalb kürzester Zeit ihre Jobs und mussten sich in oft niederen Einkommensbereichen oder der Landwirtschaft neu orientieren.
Seine Geschichte steht stellvertretend für viele betroffene Arbeitnehmer, die mit Einkommensausfällen und der Unsicherheit eines instabilen Arbeitsmarktes konfrontiert sind. Die Situation eskalierte bis zu einem Punkt, an dem Pekings Führung alarmiert reagierte. Die Regierung, die soziale Stabilität zu den höchsten Prioritäten zählt, sah sich mit der realen Gefahr konfrontiert, dass massenhafte Arbeitslosigkeit soziale Unruhen auslösen könnte. Denn die Erhaltung der Arbeitsplätze ist eng mit der Wahrung der Legitimität der Kommunistischen Partei verbunden – ein politisches Fundament, das unter Druck geriet. Doch die jüngsten Gespräche und Übereinkünfte, wie sie beim Treffen in Genf erreicht wurden, haben zu einem bedeutenden Rückgang der US-Zölle geführt.
Diese Entspannung hat nun zumindest eine große Welle von Massenentlassungen verhindert und ermöglicht es Fabriken, ihre Produktion wieder hochzufahren. Experten bezeichnen die Entwicklung als einen „Sieg“ für China, da sie den unmittelbaren sozialen Druck mildert und eine Stabilitätsphase einleitet, die dringend notwendig ist. Dennoch bleibt die Situation angespannt. Trotz der Reduzierung der Zollsätze von teilweise über 145 % auf rund 30 % stellen diese Abgaben für Unternehmen immer noch eine erhebliche Belastung dar. Für viele Exportfirmen ist der Handel mit den USA deshalb weiterhin kompliziert und rentiert sich teilweise nur eingeschränkt.
Ökonomen warnen, dass die bestehenden Tarifbelastungen auch auf mittlere Sicht das wirtschaftliche Wachstum hemmen und die Erholung des Arbeitsmarktes verzögern können. So schätzt Lu Zhe, Chefökonom der Soochow Securities, dass die Anzahl der bedrohten Arbeitsplätze zwar von ursprünglich bis zu 6,9 Millionen auf weniger als eine Million zurückging, doch auch diese eine Million Arbeitsplätze stellt für die chinesische Volkswirtschaft eine erhebliche Herausforderung dar. Gleichzeitig betont Alicia Garcia-Herrero von Natixis, dass die aktuelle Situation bei einem weiteren Rückgang der Zölle immer noch zum Verlust von mehreren Millionen Jobs führen könnte. Der wirtschaftliche Schaden, der durch die vorherigen Zollerhöhungen verursacht wurde, ist somit nicht einfach durch ein paar prozentuale Reduzierungen ausgeglichen. Die Auswirkungen schlagen sich nicht nur in unmittelbaren Unternehmensschließungen oder Produktionseinbußen nieder, sondern verändern auch die gesamte Dynamik des Marktes und der Beschäftigungspolitik.
Viele Unternehmen haben ihre Expansionspläne überdacht und setzen verstärkt auf Automatisierung oder alternative Märkte, was den Druck auf Arbeitsplätze im traditionellen Industriesektor weiter erhöht. Darüber hinaus haben chinesische Arbeiter wie Liu Shengzun die Erfahrung gemacht, dass ein schneller Wechsel in den Arbeitsmarkt heute schwieriger ist als zuvor. Die Nachfrage nach geringqualifizierter Arbeit nimmt ab, während die Anforderungen an Fachkenntnisse und Anpassungsfähigkeit steigen. Die Verschiebung hin zu einer technologieorientierten und dienstleistungsstarken Wirtschaft erfordert neue Kompetenzen, die viele Arbeitnehmer erst erwerben müssen. Infolgedessen sehen sich viele der betroffenen Arbeitskräfte mit Einkommenseinbußen und sozialer Unsicherheit konfrontiert.
Dies beeinflusst nicht nur deren Lebensstandard, sondern auch die volkswirtschaftliche Nachfrage und das Wirtschaftswachstum insgesamt. Die chinesische Führung hat bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen, um Beschäftigungsprogramme zu stärken, Umschulungen anzubieten und den Übergang von Arbeitnehmern aus den besonders betroffenen Industriezweigen in neue Sektoren zu erleichtern. Dennoch ist die anhaltende Belastung des Arbeitsmarktes ein vorherrschendes Thema, das weiterhin politisch und wirtschaftlich adressiert werden muss. Auf der Makroebene wirkt sich die Situation auch auf das Wachstum Chinas aus. Die Wirtschaft könnte im Jahr 2025 je nach Verlauf der Handelsbeziehungen und den bestehenden Tarifen um 0,7 bis zu 2,5 Prozentpunkte langsamer wachsen.
Dieses verlangsamte Wachstum ist nicht nur Folge des Handelskonflikts, sondern auch ein Signal dafür, dass strukturelle Herausforderungen wie der demografische Wandel, technologische Umbrüche und die Neuausrichtung der Wirtschaft eine Rolle spielen. Für den internationalen Handel und die globale Wirtschaft bleibt die Entwicklung in China von großer Bedeutung, da das Land als eines der wichtigsten Herstellungs- und Exportzentren weltweit agiert. Änderungen im chinesischen Arbeitsmarkt und in der Produktionskapazität haben direkte und indirekte Auswirkungen auf Lieferketten, Preise und Marktstabilität. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die reduzierte Zollspannung kurzfristig eine Entlastung für den chinesischen Arbeitsmarkt gebracht hat. Die Gefahr massenhafter Entlassungen konnte abgewendet werden, was soziale Stabilität fördert und der Regierung Spielraum verschafft.