Mit 52 Jahren die Marke von 2 Millionen Euro im Investmentportfolio zu erreichen, ist ein beachtlicher Erfolg. Viele Menschen träumen davon, mit solch einem finanziellen Polster frühzeitig in den Ruhestand zu gehen. Die Befreiung von der täglichen Arbeit, mehr Zeit für Familie, Hobbys und Reisen – all das klingt verlockend. Doch die Frage bleibt: Kann man mit einem Portfolio von 2 Millionen Euro in diesem Alter wirklich entspannt in Rente gehen, ohne finanzielle Einbußen befürchten zu müssen? Zunächst ist es wichtig zu verstehen, wie viel Geld tatsächlich benötigt wird, um den Lebensstandard im Ruhestand aufrechtzuerhalten. Die Antwort hängt von vielen Faktoren ab.
Die jährlichen Ausgaben spielen eine zentrale Rolle. Wie viel man benötigt, hängt von den individuellen Lebensumständen ab: Wohnsituation, Gesundheitskosten, geplante Freizeitbeschäftigungen oder der Wunsch nach größeren Anschaffungen können das Budget stark beeinflussen. Ein häufig genanntes Beispiel sind 150.000 Euro im Jahr, eine Summe, die für viele als komfortabel gelten mag. Für jemanden mit einem 2-Millionen-Euro-Portfolio bedeutet dies jedoch eine jährliche Auszahlung von 7,5 Prozent – eine Rate, die langfristig als riskant angesehen wird.
Ein bewährtes Konzept zur Bestimmung der sicheren Entnahmerate aus dem Ruhestandsvermögen ist die sogenannte 4-Prozent-Regel. Diese Regel besagt, dass man im ersten Jahr 4 Prozent seines Kapitals entnehmen kann und die Auszahlung in den Folgejahren an die Inflation anpasst, sodass das Vermögen für etwa 30 Jahre reicht. Im Fall eines Portfolios von 2 Millionen Euro entspricht das rund 80.000 Euro im ersten Jahr, was deutlich unter den gewünschten 150.000 Euro liegt.
Wer also 150.000 Euro jährlich ausgeben will, benötigt gemäß dieser Regel stolze 3,75 Millionen Euro, um das Kapital für 30 Jahre zu sichern. Doch die 4-Prozent-Regel ist eine Faustregel, keine feste Garantie. Finanzexperten weisen darauf hin, dass verschiedene Lebensumstände, Aktienmarktentwicklungen und Inflation die Haltbarkeit dieser Regel stark beeinflussen können. Zudem verlängert sich durch steigende Lebenserwartungen häufig der Zeitraum, den das Vermögen abdecken muss – oft werden 35 oder sogar 40 Jahre geplant.
Bei einer längeren Rentenphase sinkt die sichere Entnahmerate weiter ab, sodass die finanziellen Anforderungen noch höher werden. Deshalb ist es entscheidend, neben der reinen Vermögenshöhe auch die Struktur des Portfolios zu betrachten. Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Aktien und Anleihen kann helfen, Risiken zu reduzieren und dennoch Wachstumspotenzial zu erhalten. Dabei sollten die Anlagestrategien an das jeweilige Risikoprofil angepasst sein und flexibel auf Marktentwicklungen reagieren. Eine Diversifikation über verschiedene Anlageklassen, Regionen und Branchen ist unerlässlich, um Schwankungen zu minimieren und Einnahmen zu stabilisieren.
Neben der Investitionsstrategie sind auch die Einnahmequellen von Bedeutung. Manche Menschen haben neben ihrem Investmentvermögen weitere Einkünfte wie eine Betriebsrente, Mieteinnahmen oder Teilzeitjobs im passenden Bereich. Solche zusätzlichen Einnahmen können die Entnahmerate aus dem Kapital deutlich reduzieren und die finanzielle Stabilität erhöhen. Das kann den Ruhestand entspannter gestalten und hilft, längere Phasen mit schwachen Kapitalmärkten besser zu überstehen. Eine weitsichtige Planung bedeutet auch, nicht nur auf den unmittelbaren Finanzbedarf zu schauen, sondern mögliche unerwartete Ausgaben, wie Krankheitskosten oder notwendige Renovierungen, mit einzubeziehen.
Flexibilität bei den Ausgaben ist eine weitere Möglichkeit, sicherzustellen, dass das Kapital nicht vorzeitig aufgebraucht wird. Wer in schlechten Jahren seine Ausgaben anpasst und in guten Jahren mehr entnimmt, steigert die Nachhaltigkeit seines Vermögens. Professionelle Beratung ist für eine solche Planung goldwert. Ein erfahrener Finanzberater kann helfen, die persönliche Situation zu analysieren, die richtigen Strategien zu entwickeln und stetig anzupassen. Die Wahl eines Beraters, der als Treuhänder (Fiduciary) agiert, sorgt dafür, dass die Interessen des Kunden immer an erster Stelle stehen.
Zeitgemäße Beratungsplattformen ermöglichen es zudem, ohne Mindestvermögen passende Experten zu finden, die individuelle Bedürfnisse berücksichtigen. Abgesehen von der finanziellen Planung gilt es auch emotional vorbereitet zu sein. Den Übergang vom Beruf ins Rentnerleben empfängt man nicht bei allen Menschen gleich – viele vermissen soziale Kontakte, Routinen oder das Gefühl, gebraucht zu werden. Deshalb sollte der Ruhestand auch eine Zeit der Neuorientierung und Selbstfindung sein. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass 2 Millionen Euro mit 52 Jahren eine sehr solide Grundlage bieten, aber kein automatisches Ticket für einen sorgenfreien Ruhestand mit hohen Ausgaben sind.