Bitcoin hat sich in den letzten Jahren als Anlageklasse etabliert, die nicht nur Privatanleger, sondern zunehmend auch institutionelle Investoren und Unternehmen anzieht. Besonders auffällig ist die Rolle von Bitcoin-Treasury-Unternehmen, die große Bestände der Kryptowährung auf ihren Bilanzen halten. Laut einer aktuellen Studie von NYDIG, einer führenden Investmentgesellschaft im Bereich Bitcoin und digitale Assets, könnten diese Firmen das Potenzial haben, die Bitcoin-Preise erheblich anzuheben, indem sie sogenannte "Dry Powder"-Kapazitäten nutzen. Doch was bedeutet dieser Begriff genau, warum ist er für Bitcoin relevant, und welche Konsequenzen könnten sich daraus für den Gesamtmarkt ergeben? Diese Fragen sollen im Folgenden ausführlich behandelt werden. Der Begriff "Dry Powder" stammt ursprünglich aus der Finanzwelt und beschreibt Kapitalreserven, die für Investitionen bereitstehen, ohne dass diese Mittel aktuell eingesetzt werden.
Im Fall von Bitcoin-Treasury-Unternehmen handelt es sich dabei insbesondere um die Möglichkeit, über neue Aktienemissionen frisches Kapital zu beschaffen. Die Firmen haben dank hoher Aktienbewertungen die Chance, Kapital einzusammeln, welches sie wiederum zur weiteren Bitcoin-Akkumulation nutzen können. Diese Dynamik schafft einen Hebeleffekt, bei dem die Ausgabe neuer Aktien und der Erwerb von Bitcoin sich gegenseitig verstärken. NYDIGs Analyse, ausgearbeitet von Greg Cipolaro, dem globalen Forschungsleiter des Unternehmens, zeigt anhand einer Schätzung mit einem zehnfachen "Money-Multiplier"-Effekt, wie bedeutend dieser Mechanismus sein kann. Historische Daten legen nahe, dass zusätzliche Kapitalzuflüsse sich mit dem Zehnfachen auf die Marktkapitalisierung von Bitcoin auswirken können.
Wird dieses Modell auf die vorhandenen Möglichkeiten der Bitcoin-Treasury-Unternehmen angewandt, könnte das den Bitcoin-Kurs um bis zu 42.000 US-Dollar steigern — ein Plus von etwa 44 Prozent gegenüber aktuellen Notierungen um 96.000 US-Dollar. Diese Entwicklung erhält neue Impulse durch den Markteintritt von spezialisierten Vehikeln wie Twenty One, einem Bitcoin-Akkumulationsfonds, der von Tether, Bitfinex und Cantor Fitzgerald unterstützt wird. Anders als bei Unternehmen, die Bitcoin nur als Teil einer diversifizierten Geschäftsstrategie halten, verfolgt Twenty One das klare Ziel, Bitcoin zu kaufen und langfristig zu halten.
Bereits zum Start verfügt das Unternehmen über eine beträchtliche Bitcoin-Position, was bei Investoren großes Interesse weckt. Die Kapitalmaßnahmen solcher Firmen und Fonds werden dadurch begünstigt, dass ihre Aktienbewertungen oft deutlich über dem Net Asset Value (NAV) liegen, also dem Wert ihrer gehaltenen Bitcoin-Bestände. Dieser Bewertungsaufschlag bietet eine attraktive Arbitragemöglichkeit: Die Unternehmen können durch neue Aktienausgaben frisches Kapital einsammeln und dieses Kapital direkt in den Erwerb von Bitcoin investieren. Diese Strategie erzeugt eine positive Rückkopplungsschleife, denn steigende Bitcoin-Preise erhöhen den Wert der Aktien und eröffnen neue Spielräume für weitere Kapitalaufnahmen. Der Markt für Bitcoin-Treasury-Unternehmen ist derzeit beeindruckend: 69 börsennotierte Firmen besitzen zusammen Bitcoin im Wert von etwa 69,6 Milliarden US-Dollar.
Diese Zahl unterstreicht, wie groß das institutionelle Engagement inzwischen ist und wie viel Potenzial noch in den ungenutzten Emissionskapazitäten steckt. Finanzanalysten und Marktbeobachter sind sich einig, dass genau diese "Trockenpulver"-Reserven als ein unterschätzter Katalysator für zukünftige Kurssteigerungen gelten könnten. Die Gründe für das gestiegene Interesse der Unternehmen an Bitcoin liegen auf der Hand. Erstens sehen viele Firmen Bitcoin als einen Wertspeicher und Inflationsschutz. Angesichts expansiver Geldpolitik und Inflationserwartungen wirkt Bitcoin als Absicherung gegen die Entwertung traditioneller Währungen.
Zweitens nehmen institutionelle Investoren und Unternehmen zunehmend alternative Wege zur Bitcoin-Exposition wahr — weg von börsengehandelten Fonds (ETFs) und hin zur direkten Bilanzhaltung. Diese Entwicklung spiegelt ein neues Paradigma in der Kapitalmarktteilnahme wider, bei dem Unternehmen Bitcoin strategisch als Vermögensreserve positionieren. Ein weiterer Faktor, der die Potentiale der Treasury-Firmen verstärkt, ist die Performance ihrer Aktien. Das Beispiel von Cantor Equity Partners, der SPAC-Partner von Twenty One, illustriert eindrucksvoll die Outperformance gegenüber dem herkömmlichen Markt: Seit Bekanntgabe des Deals stieg der Aktienwert um mehr als 347 Prozent gegenüber dem S&P 500. Solche Ergebnisse ziehen weitere Investoren an, die auf den Wachstumspfad institutioneller Bitcoin-Lösungen setzen.
Das Potenzial zur Finanzierung und Akkumulation von Bitcoin durch Aktienausgaben ist jedoch nicht ohne Risiken. Ein bestimmender Faktor bleibt die Entscheidung der Firmen, diese Emissionskapazitäten tatsächlich zu nutzen. Die Unsicherheit über den richtigen Zeitpunkt für Kapitalmaßnahmen und Bitcoin-Käufe kann den erwarteten Hebeleffekt verzögern oder abschwächen. Zudem könnten Regulierung, Marktvolatilität oder Veränderungen in der Anlegerstimmung eine Rolle spielen. Nichtsdestotrotz zeigen die gegenwärtigen Marktindikatoren, dass die Möglichkeit besteht und von Marktteilnehmern wahrgenommen wird.
Aus langfristiger Sicht könnte die systematische Nutzung des "Trockenpulvers" der Bitcoin-Treasury-Unternehmen zu einer nachhaltigen Aufwertung des Bitcoin-Marktes führen. Das erhöhte institutionelle Engagement stärkt die Marktliquidität, schafft neue Kapitalströme und fördert das Vertrauen in Bitcoin als Anlageform. Ferner könnte sich diese Entwicklung auch auf andere Kryptowährungen und verwandte Finanzprodukte ausweiten, was das gesamte Ökosystem weiter wachsen lässt. Abschließend lässt sich feststellen, dass Bitcoin-Treasury-Unternehmen über ein bislang wenig beachtetes Mittel verfügen, das den Markt entscheidend bewegen kann. Ihre Emissionskapazität, das "Dry Powder", ist ein Schlüssel zum Verständnis der zukünftigen Preisentwicklung von Bitcoin.
Die Dynamik zwischen Aktienbewertung, Kapitalaufnahme und Bitcoin-Erwerb schafft eine sich selbst verstärkende Wirkung, die den Kryptowährungsmarkt fundamental prägen könnte. Für Investoren, Unternehmensentscheider und Marktanalysten lohnt es sich daher, diese Entwicklung aufmerksam zu verfolgen und die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen genau zu analysieren.