Vor fast zwei Jahrzehnten stürzte die britische Fernsehlandschaft mit der satirischen Serie The Thick of It in einen politischen Strudel, der noch heute nachwirkt. Die Serie von Armando Iannucci gilt als eine der prägendsten politischen Satiren der letzten Jahrzehnte, geprägt von messerscharfem Humor, zunehmend chaotischen Regierungsszenarien und einer schonungslosen Inszenierung der britischen Politik. Ihr Einfluss reicht weit über die Fernsehbildschirme hinaus – sie prägte die politische Sprache mit Begriffen wie „Omnishambles“ und gestaltete Figuren, die zu Kultsymbolen wurden, allen voran der gnadenlose Kommunikationsdirektor Malcolm Tucker gespielt von Peter Capaldi. Diese Geschichte offenbart, wie The Thick of It entstanden ist, was die Macher inspiriert hat und welchen nachhaltigen Eindruck es hinterlässt. Die Idee zu The Thick of It entstand im Umfeld von Armando Iannuccis Arbeit an einer Dokumentation über die legendäre Serie Yes Minister.
Dabei fiel ihm auf, dass trotz des zeitlichen Abstands zu einer ähnlichen politischen Ära viele Themen wie Terrorismus, Europa und öffentliche Ausgaben weiterhin aktuell waren. Entscheidend war jedoch die verschobene Machtverteilung innerhalb der Regierung. Während in Yes Minister oft ein Minister gegen den zähen Beamten agierte, zeichnete sich bei The Thick of It ein völlig anderes Bild ab – hier wurde Ministerialpolitik von den Strippenziehern aus der Regierungzentrale, insbesondere No 10, und deren skrupellosen Enforcern dominiert. Iannucci suchte den direkten Kontakt zu Insidern, darunter ehemalige Minister, politische Journalisten und Beamte, um das Innenleben der Macht authentisch zu verstehen. Dabei fiel ihm eine verblüffende Tatsache auf: Die eigentliche Steuerung der Politik erfolgte oft durch junge, unerfahrene Berater, sogenannte Spads, die zunächst durch große Schlagfertigkeit und Selbstbewusstsein auffielen, doch in der Praxis mit komplexen Herausforderungen überfordert waren.
Dieses Spannungsfeld bot den perfekten Nährboden für den bissigen Humor der Serie und ihre Darstellung einer zunehmend abgehobenen und nicht selten hilflosen politischen Führungsspitze. Das Production-Team beschloss, mit The Thick of It neue Wege zu gehen und klassische Konventionen der Fernsehkomödie bewusst auf den Kopf zu stellen. Inspiriert von der roh-dokumentarischen Ästhetik etwa des Filmes Festen und der Dokumentation The News from Number 10 setzte die Produktion auf handgehaltene Kameras, natürliche Beleuchtung und ein Gefühl, als würde man illegal in eine Regierungssitzung hineinhören. Dieses Konzept verlieh der Serie eine unvergleichliche Authentizität, die weit über herkömmliche politische Satiren hinausging. Das Setting fühlte sich dynamisch, chaotisch und teilweise sogar unangenehm echt an, was viele Zuschauer beeindruckte.
Ein weiterer entscheidender Faktor war der geringe Budgetrahmen, der die Macher zu einer experimentellen Herangehensweise zwang. Weniger Mittel bedeuteten weniger Kompromisse hinsichtlich der künstlerischen Vision und mehr Fokus auf das Wesentliche – die Dialoge und das Schauspiel. Besonders die Improvisation der Darsteller machte die Szenen lebendig und authentisch. Peter Capaldi, der den aggressiven und unnachgiebigen Kommunikationsdirektor Malcolm Tucker verkörperte, ging anfangs skeptisch an die Improvisationsarbeit heran, doch nach und nach entwickelte sich aus anfänglicher Unsicherheit eine der markantesten Figuren im britischen Fernsehen. Malcolm Tucker ist bis heute das Markenzeichen von The Thick of It.
Er steht symbolisch für den Widerspruch einer Regierung, die durch rigorose Rhetorik und Einschüchterung Politik zu steuern versucht. Trotz seiner teils abstoßenden Methoden zeigt die Figur auch den hohen Leistungsdruck und die nervliche Zerreißprobe, die das politische Geschäft mit sich bringt. Insbesondere Capaldis Glasgower Herkunft trug dazu bei, dass die vulgäre Sprache des Charakters authentisch und nie künstlich wirkte. Der Erfolg der Figur beruhte auch auf der Balance zwischen Charme und Aggression, die Capaldi meisterhaft über die Staffeln hinweg präsentierte. Die Auswahl der Besetzung spiegelte die Vielfalt und Verschiedenheit des britischen Schauspielumfelds wider, wobei viele Akteure aus Theater, Stand-up und sogar Werbekampagnen kamen.
Dadurch wurde nicht nur ein unverwechselbares Ensemble geschaffen, sondern auch die variierenden schauspielerischen Stile trugen zur Lebendigkeit der Serie bei. Rebecca Front als Nicola Murray brachte später in der Serie eine frische Perspektive als Idealistin in die oft zynische Umgebung der Show, deren politische Hoffnungen und Träume regelmäßig zerschmettert wurden. Das kreative Team profitierte auch von einem Team aus exzellenten Drehbuchautoren wie Jesse Armstrong und Simon Blackwell, die mit ihren bissigen Dialogen und treffenden Wortschöpfungen wie „Omnishambles“ eine neue politische Ausdrucksweise mitprägten. Sie vermischten reale politische Entwicklungen geschickt mit erfundenen, aber glaubwürdigen Situationen. Gleichzeitig gewannen sie immer wieder Inspiration aus der realen Politik, sodass die Serie eine fast schon prophetische Qualität entwickelte – so wurden viele in der Show skizzierte Politiker-Klischees und Regierungspolitiken kurze Zeit später tatsächlich Realität.
Der Produktionsprozess unter der Leitung des Produzenten Adam Tandy war geprägt von Zeitdruck und Improvisation. Mit kaum mehr als drei bis viereinhalb Tagen Drehzeit pro halbstündiger Episode forderte die Serie von Darstellern und Crew eine enorme Flexibilität und Kreativität. Aufgrund begrenzter finanzieller Mittel wurden fast alle Szenen in einem alten Fabrikgebäude in West-London gedreht. Die absichtlich unvollkommene Kontinuität – von wechselnden Haarfrisuren bis zu plötzlich wieder aufgefüllten Kaffeebechern – wurde vom Regisseur bewusst ignoriert, da der Fokus voll auf den Dialogen und dem Ausdruck lag. Die Serie wurde auch durch ihren mitunter extremen Sprachgebrauch bekannt.
Viele Zuschauer waren überrascht von der auffällig häufigen Verwendung von Schimpfwörtern, welche die rohe Atmosphäre der politischen Umgebung betonten. Ein eigens engagierter „Schimpfberater“ sorgte dafür, dass die Vulgarität kreativ und passend eingesetzt wurde, statt einfach nur plump zu wirken. Das Konzept ging soweit, dass in einigen Episoden Hunderte von Kraftausdrücken vorkamen, was die Serie in Teilen sehr provokant und unerbittlich machte. Ein schwerer Schlag traf die Produktion, als 2005 Chris Langham, der als Minister Hugh Abbott eine zentrale Rolle innehatte, wegen schwerwiegender Vorwürfe um den Besitz kinderpornografischen Materials verhaftet und später verurteilt wurde. Dies führte zu einer Neuverteilung der Rollen und der Einführung neuer Figuren, um den entstandenen Bruch zu schließen.
Trotz dieser turbulenten Ereignisse konnte die Serie ihre Qualität und ihren eigenwilligen Charme behalten. Die zahlreichen realpolitischen Anspielungen, gepaart mit der sarkastischen Darstellung eines von Machtspielchen und Intrigen dominierten Westminster, fanden auch bei den Politikern selbst Anerkennung – wenn auch manchmal widerwillig. Politiker wie Ed Miliband oder David Cameron nutzten Begriffe wie „Omnishambles“ oder zogen direkten Vergleich zur Serie, was die gesellschaftliche Durchdringung der Show verdeutlichte. The Thick of It wurde zu einem Spiegel der echten Politik, spiegelte das aggressive, testosterongesteuerte Klima wider, das von verbalen Attacken, politischem Mobbing und unerbittlicher Machtpolitik geprägt war. Andererseits zeigte die Serie auch die Absurditäten und Bürokratiewirren, die Politiker oft lähmen.
Figuren wie Terri Coverley illustrierte die Unsicherheit vieler kleiner Bürokraten, während Nicola Murray den Idealismus repräsentierte, der oftmals an der Realität zerbricht. Das Vermächtnis der Serie erstreckt sich auch auf den nachfolgenden Spielfilm In the Loop, der als Erweiterung des Universums von The Thick of It entstand und das politische System mit größter Schärfe blossstellte. In the Loop griff das zentrale Thema auf, warum Politiker trotz eindeutiger Warnungen riskante Entscheidungen treffen und illustriert damit weiter die Kritik an einer undurchsichtigen Machtelite. Abschließend lässt sich sagen, dass The Thick of It nicht nur eine politisch-satirische Serie war, sondern ein kulturelles Zeitdokument, das mit unvergleichlicher Intensität die Verkommenheit und Absurdität des politischen Geschäfts zeigte. Ihr Einfluss auf Sprachgebrauch, politische Diskussionen und Fernsehproduktion ist bis heute spürbar.
Die Serie hat Grenzen ausgelotet, sowohl inhaltlich als auch formal, und dabei viele Tabus gebrochen – mit einem rauen, manchmal derben Humor, der dennoch stets unter der Oberfläche eine tiefe Menschlichkeit und bittere Wahrheit offenbart. Auch 20 Jahre nach Ausstrahlung bleibt The Thick of It eine Referenz für politische Satire, deren ungeschönte und kompromisslose Perspektive auf Macht und Politik gerade in Zeiten wachsender politischer Krisen eine große Relevanz besitzt. Die Serie zeigt eindrücklich, wie nah das Komische dem Tragischen liegen kann – und wie zwingend notwendig es ist, Politik kritisch, humorvoll und manchmal gnadenlos zu hinterfragen.