Vanguard, einer der weltweit größten Vermögensverwalter, setzt erneut einen bedeutenden Schritt zur Stärkung der Investorendemokratie innerhalb seiner Anlageangebote. Das Unternehmen kündigte kürzlich an, vier weitere Fonds in sein Proxy Choice Programm aufzunehmen, womit die Anzahl der förderfähigen Fonds auf zwölf steigt. Diese Erweiterung ist ein Meilenstein, der es nahezu zehn Millionen Anlegern ermöglicht, ihre Proxy-Stimmrechte derart zu gestalten, dass sie besser zu ihren individuellen Präferenzen und Überzeugungen passen. Das Proxy Choice Programm von Vanguard ist eine bemerkenswerte Entwicklung im Bereich der Corporate Governance und der Aktienverwaltung. Es erlaubt Investoren, personalisierte Richtlinien für die Stimmabgabe bei Unternehmensentscheidungen zu wählen, durch die sie Aktien halten.
Traditionell wird die Abstimmung über Unternehmensangelegenheiten weitgehend zentral von den Asset Managern durchgeführt, wobei individuelle Anleger nur begrenzte Einflussmöglichkeiten haben. Mit diesem Programm wandelt Vanguard diese Dynamik grundlegend. Die kommende Ausweitung umfasst die Value Index Fund, Growth Index Fund, Mid-Cap Index Fund und Large-Cap Index Fund, die in der zweiten Jahreshälfte 2025 zum Programm hinzukommen. Diese Fonds gehören zu den Kernanlagen von Vanguard und besitzen ein breites Anlegerportfolio. Durch die Aufnahme dieser Indexfonds wird das Volumen der Vermögenswerte im Programm auf nahezu eine Billion US-Dollar steigen, was eine fast vierfache Vergrößerung gegenüber dem bisherigen Umfang darstellt.
Interessant ist, dass eine im April 2025 durchgeführte Anlegerbefragung von Vanguard zeigte, dass 83 % der Teilnehmer es für wichtig halten, dass Vermögensverwalter die Präferenzen der Investoren bei der Proxy-Abstimmung berücksichtigen. Zudem zeigten 57 % ein aktives Interesse an der Teilnahme an Proxy Choice Programmen. Diese Ergebnisse spiegeln den wachsenden Wunsch der Anleger wider, mehr Einfluss auf gesellschaftliche und unternehmerische Entscheidungen auszuüben, gerade im Bereich der Nachhaltigkeit und Governance. Die Ursprünge des Proxy Choice Programms reichen bis Februar 2023 zurück, als Vanguard mit einem Pilotprojekt startete, das zunächst nur drei Aktienfonds umfasste. Seither wurde das Angebot schrittweise ausgeweitet.
Für die Saison 2024 kamen zwei weitere Fonds hinzu, und im November desselben Jahres folgten drei weitere, um auf insgesamt acht Fonds zu kommen. Das neue Angebot für 2025 erweitert nicht nur die Anzahl der Fonds, sondern auch die Auswahl an Abstimmungsrichtlinien für Investoren. Momentan können Teilnehmer aus fünf verschiedenen Stimmoptionen wählen. Diese reichen von der Abstimmung entsprechend den Empfehlungen von Unternehmensvorständen und dem Unternehmen selbst, über die Vorgaben von Vanguard, bis hin zu Richtlinien, die auf ESG-Aspekte (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) basieren, wie jene der Abstimmungsfirma Glass Lewis. Neu ist ferner die Option einer „wealth-focused“, also auf Vermögensoptimierung ausgerichteten, Anti-ESG-Politik, die von der Ratingagentur Egan-Jones angeboten wird.
Eine weitere wichtige Änderung ab der Proxy Saison 2025 ist die Einführung einer sogenannten „mirror voting policy“, welche die frühere Option, bei bestimmten Stimmfragen nicht abzustimmen, ersetzt hat. Gleichzeitig wurde erstmals auch Rentenplan-Sponsoren ermöglicht, am Programm teilzunehmen, sofern sie Fonds des Programms in ihren Portfolios halten. Dies öffnet den Weg für größere institutionelle Beteiligung an der Individualisierung der Stimmrechte. John Galloway, der globale Leiter des Investment Stewardship bei Vanguard, betonte in der letzten Pressemitteilung, dass die kontinuierliche Expansion des Programms die Überzeugung des Unternehmens unterstreicht, dass eine Vielzahl unabhängiger Meinungen ein gesundes Ökosystem für Unternehmensführung fördert und zu reibungslos funktionierenden Kapitalmärkten beiträgt. Diese Philosophie legt nahe, dass unterschiedliche Ansichten und Wahlmöglichkeiten für die Stimmabgabe die Governance stärken können, indem sie eine breitere Basis für Verantwortlichkeit schaffen.
Neben der Erweiterung um die vier Fonds für Privatanleger wird auch die Teilnahme von 529-Plan Sponsoren ermöglicht. Dabei handelt es sich um staatlich geförderte Sparpläne für Bildungsausgaben in den USA, die oft von Familien genutzt werden, um Bildungskosten für Kinder und Enkelkinder zu finanzieren. Das Programm wird dadurch zugänglicher für eine weitere bedeutende Anlegergruppe. Die Bedeutung von Vanguard für die Finanzwelt als zweitgrößter Vermögensverwalter der USA kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die Entscheidung, Anleger aktiv in die Proxy-Stimmabgabe einzubinden, ist ein Branchentrend, der mehr Transparenz und Beteiligung fördert.
Zuvor waren Abstimmungen oft standardisiert und der individuelle Einfluss von Kleinanlegern extrem begrenzt. Vanguard geht mit diesem Programm darüber hinaus und gibt Kunden ein konkretes Werkzeug an die Hand, um ihre Werte und Erwartungen auch in der Kapitalanlage auszudrücken. Themen wie ESG und Corporate Governance gewinnen zunehmend an Bedeutung in der Anlegerlandschaft. Viele Investoren legen Wert darauf, dass ihre Investments nicht nur finanziell profitabel sind, sondern auch ethischen und nachhaltigen Kriterien genügen. Das Proxy Choice Programm unterstützt diese Ansprüche, indem es die klassische Vermögensverwaltung um eine demokratische Komponente ergänzt.
In der Praxis kann die individuelle Stimmrechtsausübung großen Einfluss haben, insbesondere bei kontroversen Unternehmensentscheidungen, wie z.B. zu Umweltrichtlinien, Vorstandsvergütungen oder gesellschaftlicher Verantwortung eines Unternehmens. Indem Anleger selbst bestimmen können, wie sie ihre Stimmrechte ausüben wollen, wird das Machtgefüge zwischen Kapitalverwaltungsgesellschaften, Institutionen und Einzelinvestoren neu justiert. Für Anleger bedeutet die Erweiterung der Fonds ein breiteres Spektrum an Investitionsmöglichkeiten mit personalisierter Governance-Beteiligung.
Insbesondere bei den neuen Fonds, die häufig Basisinvestitionen für viele Portfolios darstellen, ist die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, ein starkes Signal. Außerdem wird damit auch die Attraktivität der Fonds gesteigert, da sie zusätzliche Transparenz und Engagement-Optionen bieten. Zudem gewinnt die Einbindung von 529 Plan Sponsoren eine neue Relevanz. Diese bislang oft wenig beachtete Anlegergruppe bekommt mit der erweiterten Teilnahmeoption eine neuartige Möglichkeit, in Übereinstimmung mit ihren jeweiligen Prioritäten abzustimmen. Das könnte langfristig auch die Nachfrage nach verantwortungsvolleren Anlagelösungen in der Bildungsfinanzierung fördern.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass Vanguards Entwicklung im Bereich der Proxy-Abstimmung das zentrale Ziel verfolgt, die Mitbestimmung der Anleger zu stärken. Dies passt zu einem breiteren Trend in der globalen Finanzwelt, die Stimmrechte als wichtige Komponente der nachhaltigen Finanzmärkte und der verantwortungsbewussten Investition begreift. Die technische und prozessuale Umsetzung eines solchen Programms stellt eine Herausforderung dar, doch Vanguard demonstriert, dass es möglich ist, Anleger aktiv und effektiv einzubeziehen. Abschließend wird diese Expansion sicherlich von vielen Investoren als positives Signal aufgenommen. Die steigende Bereitschaft der Anleger, sich mit den Stimmenrechten zu beschäftigen, zeigt, dass das Thema Corporate Governance und verantwortungsvolle Unternehmensführung zunehmend im Mittelpunkt steht.
Vanguard hat mit dem Proxy Choice Programm sich als Vorreiter positioniert und eröffnet den Weg für weitere Innovationen in der Vermögensverwaltung. Für Anleger empfiehlt es sich, die neuen Möglichkeiten intensiv zu prüfen und zu überlegen, wie eine individuell passende Stimmrechtsstrategie aussehen könnte. Gerade im aktuellen Umfeld, in dem Nachhaltigkeit und ethisches Investieren immer bedeutender werden, kann die aktive Stimmrechtsausübung ein effektives Mittel sein, um persönliche Werte in die Kapitalanlage einfließen zu lassen und auf Unternehmensentscheidungen Einfluss zu nehmen. So wird sich die Finanzwelt weiter verändern: von einer passiven Geldanlage hin zu aktiver Beteiligung und verantwortungsbewusster Governance, die den langfristigen Erfolg der Unternehmen und damit auch der Investoren fördert.