Die zunehmende Verbreitung von künstlicher Intelligenz im Softwareentwicklungsprozess hat einen tiefgreifenden Wandel in der Art und Weise ausgelöst, wie Programmierer ihre Arbeit erledigen. KI-Coding-Tools werden von Entwicklern als nützliche Helfer wahrgenommen, die den Alltag erleichtern und die Effizienz steigern können. Allerdings gleicht ihr Einsatz auch einer Beziehung zu einem hilfreichen, aber unzuverlässigen Freund – diese Einschätzung gibt eine aktuelle Umfrage der AI-Firma Qodo preis. Die Erkenntnisse zeigen, dass trotz erheblicher Produktivitätsgewinne ein weiterhin gewisses Misstrauen gegenüber den Ergebnissen dieser Tools herrscht, was sich auf den Einsatz und die Erwartungen an KI im Entwicklungsprozess auswirkt. Die Umfrage, die im Rahmen des Berichts „The State of AI Code Quality 2025“ durchgeführt wurde, umfasst 609 Entwickler verschiedenster Erfahrungsstufen und Branchen.
Eine überwältigende Mehrheit von 82 Prozent nutzt KI-Coding-Tools mindestens wöchentlich, und 78 Prozent berichten von spürbaren Produktivitätssteigerungen durch deren Verwendung. Diese Zahlen unterstreichen den hohen Stellenwert, den KI in der heutigen Softwareentwicklung erreicht hat. Doch trotz dieser positiven Bilanz zeigen sich deutliche Differenzen im Umgang und in der Wahrnehmung der Vorteile. Die Produktivitätsgewinne verteilen sich nämlich nicht gleichmäßig. Eine kleine Gruppe erfahrener Entwickler, sogenannte „10Xers“, verzeichnet enorme Verbesserungen bei der Code-Erstellung.
Diese „Power-User“ verstehen es, die KI-Tools optimal in ihren Entwicklungsprozess zu integrieren und mit gezieltem Kontext zu füttern. Im Gegensatz dazu steht eine größere Gruppe, die nur moderate Steigerungen verzeichnet, und eine weitere, die Schwierigkeiten hat, diese Technologien effektiv zu nutzen. Für Letztere besteht sogar die Gefahr, von der schnellen Entwicklung in der Branche abgehängt zu werden. Ein zentrales Thema ist dabei das mangelnde Vertrauen in die generierten Codes. Rund 60 Prozent der Befragten attestieren den KI-Tools eine Verbesserung oder zumindest eine eher positive Auswirkung auf die Codequalität.
Gleichzeitig geben etwa 20 Prozent an, dass sich die Qualität durch den Einsatz von KI verschlechtert habe. Dieses ambivalente Feedback spiegelt die Herausforderungen wider, die sich aus der Nutzung von automatisierten, lernbasierten Systemen ergeben. Das Vertrauen der Entwickler ist unter anderem dadurch beeinträchtigt, dass KI-Modelle vergleichsweise häufig Fehler produzieren, darunter sogenannte „Halluzinationen“ – falsche oder inkorrekte Codevorschläge, syntaktische Fehler oder Verweise auf nicht existierende Bibliotheken. Drei Viertel der Entwickler begegnen solchen Problemen regelmäßig, während lediglich ein Viertel diese Fehler als seltene Ausnahmen erlebt. Diese Unsicherheit führt dazu, dass ein Großteil der Befragten darauf besteht, AI-generierten Code stets manuell zu überprüfen, bevor er in den finalen Codepool gemergt wird.
In der Praxis bedeutet dies oft zusätzliche Arbeit und verlängerte Entwicklungszyklen. Interessanterweise zeigt die Studie auch, dass KI bei der Code-Überprüfung eine besondere Stärke ausspielt. Entwickler, die KI zur Qualitätssicherung und zum Review der Codes einsetzen, berichten über deutlich verbesserte Qualitätsergebnisse im Vergleich zu rein manueller Kontrolle. Dies unterstreicht das Potenzial von KI als zuverlässiger Partner bei der Codeanalyse – insbesondere bei der Erkennung von Fehlern und der Bewertung von Code-Qualitätsmetriken. Die Fortschritte moderner Modelle, wie etwa Geminis 2.
5 Pro, lassen diese Systeme sogar menschliche Review-Maßstäbe in Geschwindigkeit und Präzision übertreffen. Dennoch bleiben mehrere Kunststücke zu bewältigen, um KI-Tools gezielt und sicher einzusetzen. Ein essenzieller Faktor ist die „Kontextualisierung“, also die Fähigkeit des Tools, wesentliche Informationen über das Projekt, die Codebasis, Spezifikationen und Anforderungen zu verstehen. Entwickler, die gezielt Kontextinformationen liefern, erzielen bessere Resultate. Das Füttern von KI mit aussagekräftigen Produktanforderungen, Dokumentationen und Beispielen gehört deshalb zu den Best Practices erfahrener Anwender.
Ohne diesen Kontext besteht die Gefahr, dass die KI mit unpassenden oder unvollständigen Informationen arbeitet, was wiederum den Output verschlechtert. Strategien, um die Zuverlässigkeit der KI zu erhöhen, umfassen beispielsweise das initiale Briefing der KI durch Reviews der bestehenden Codebasis und Dokumentationen vor Start einer neuen Entwicklungsaufgabe. Das Erstellen und Verifizieren von automatischen Tests, die den Anforderungen entsprechen, gilt als weitere nützliche Herangehensweise. Dadurch lassen sich Fehler frühzeitig erkennen und beheben. Sollte ein KI-Vorschlag dennoch inkorrekt sein, empfinden erfahrene Entwickler es oft als schneller und ressourcenschonender, die KI neu zu starten und einen weiteren Versuch zu unternehmen, anstelle umständlicher Korrekturschleifen.
Der Einsatz von KI im Softwareentwicklungsalltag ist also keine Frage des völligen ersetzens menschlicher Fähigkeiten, sondern vielmehr einer intelligenten Ergänzung und Unterstützung. Allerdings steigen mit dem zunehmenden Volumen an KI-generiertem Code auch die Anforderungen an Kontrollmechanismen und Qualitätssicherung. Technische Leiter und Code-Reviewer sehen sich mit erhöhtem Aufwand und zusätzlichem Druck konfrontiert. Die Produktivitätssteigerung für einzelne Entwickler kann so mit wachsendem Kontrollbedarf für andere Teammitglieder einhergehen, was ein Balanceakt in der Managementstrategie bedeutet. Eine weitere Herausforderung besteht in der möglichst tiefen Integration der KI-Tools in bestehende Entwicklungsprozesse.
Entwickler bleiben häufig vorsichtig und vermeiden eine vollständige Automatisierung oder Auto-Merge von KI-generiertem Code. Diese Skepsis belastet das Potenzial von KI-Tools, revolutionäre Produktivitätsverbesserungen zu schaffen. Unternehmen sind gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den sicheren und effizienten Einsatz von KI im Coding ermöglichen, etwa durch Automatisierung der Kontextanreicherung, Einhaltung von Unternehmensrichtlinien und die Nutzung von Benchmarks zur Bewertung der KI-Outputs. Trotz aller Bedenken steigt die Relevanz von KI-Coding-Tools unaufhaltsam. Die kontinuierlichen Fortschritte bei Modellarchitekturen, Trainingsdaten und KI-Methoden lassen darauf schließen, dass die Integration von künstlicher Intelligenz im Softwareentwicklungsprozess in Zukunft noch selbstverständlicher wird.
Daraus folgt, dass Entwickler, Teams und Organisationen lernen müssen, die Besonderheiten des KI-Einsatzes anzunehmen und die Werkzeuge gezielt zu steuern, um maximale Vorteile zu realisieren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass KI-Coding-Tools in der Softwareentwicklung eine wichtige Rolle spielen und bereits heute einiges an Mehrwert bieten. Die Produktivität steigt, aber nicht ohne den notwendigen menschlichen Kontrollaufwand. Die Unzuverlässigkeiten der KI in Form von Fehlern oder Fehlinterpretationen stellen weiterhin eine Herausforderung dar und erfordern von Entwicklern ein gewisses Maß an Vorsicht und Expertise. Die Zukunft der Softwareentwicklung könnte deshalb vom geschickten Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine geprägt sein, in der kreative und kritische Fähigkeiten der Entwickler durch smarte, kontextsensitive KI-Assistenten unterstützt werden.
So verwandelt sich der hilfreiche, aber unzuverlässige Freund allmählich in einen zuverlässigen Partner, der qualitativ hochwertigen Code generiert und Zeit für die wirklich komplexen Herausforderungen freisetzt.