In den letzten zwei Jahrzehnten haben Exchange Traded Funds (ETFs) die Investmentwelt maßgeblich verändert. Während viele junge und innovative Vermögensverwalter frühzeitig auf diesen Zug aufgesprungen sind, haben viele traditionelle Investmentfondsanbieter lange gezögert, ETFs zu integrieren oder eigene ETF-Produkte auf den Markt zu bringen. Doch das ändert sich aktuell grundlegend. Zahlreiche Legacy-Fondsanbieter, die bisher vor allem auf klassische, aktiv gemanagte Investmentfonds setzen, beginnen nun damit, ETFs entweder als eigenständige Produkte zu lancieren oder ihre bestehenden Fonds in ETFs umzuwandeln. Dieser Paradigmenwechsel ist nicht nur eine Reaktion auf Marktmechanismen, sondern hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Struktur der Fondsindustrie und die Investitionsstrategie von Anlegern.
Der grundsätzliche Wandel wird unter anderem durch neue regulatorische Rahmenbedingungen begünstigt. Die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC steht kurz davor, eine duale Anteilsklassenstruktur zu genehmigen, die es ermöglicht, ETF-Anteilsklassen zu bestehenden Investmentfonds hinzuzufügen – und umgekehrt. Diese Flexibilität bietet Fondsmanagementgesellschaften erhebliche Vorteile bei der Angebotserweiterung und Positionierung am Markt. Bereits jetzt nutzen einige Fondshäuser diese Möglichkeiten, indem sie entweder neue ETFs einführen oder bestehende Fonds in ETFs konvertieren, um den Anforderungen und Erwartungen moderner Anleger gerecht zu werden. Traditionelle Investmentfondsanbieter sehen in ETFs mehrere attraktive Eigenschaften.
Besonders die steuerliche Effizienz von ETFs wird von Experten und Fondsmanagern als besonders wertvoll hervorgehoben. Während klassische Investmentfonds häufig mit steuerlichen Nachteilen behaftet sind, beispielsweise durch häufige Umschichtungen innerhalb des Fonds, profitieren ETFs von einer Struktur, die steuerlich günstige Verschiebungen von Anteilen erlaubt. Dies kann zu einer erheblichen Steueroptimierung für Anleger führen. Zudem punkten ETFs mit einer bislang unerreichten Handelbarkeit. Anders als herkömmliche Investmentfonds können ETFs jederzeit während der Börsenhandelszeiten gekauft und verkauft werden.
Dieses Intraday-Trading bietet Anlegern eine hohe Flexibilität und ermöglicht es, schnell auf Marktbewegungen zu reagieren. Gerade in volatilem Marktumfeld ist diese Eigenschaft besonders gefragt. Hinzu kommt eine ausgeprägte Transparenz, da die Zusammensetzung von ETFs regelmäßig und öffentlich zugänglich ist. Anleger haben somit stets einen genauen Überblick über die gehaltenen Wertpapiere, was Vertrauen schafft und die Entscheidung für ETF-Investments erleichtert. Neben den Vorteilen für Anleger sind ETF-basierte Produkte in der Regel mit niedrigeren Verwaltungsgebühren verbunden.
Die kosteneffiziente Struktur von ETFs resultiert oft in deutlich günstigeren Konditionen verglichen mit aktiv gemanagten Fonds. Diese Kostenvorteile werden in der heutigen Zeit, in der Anleger verstärkt auf Gebühren achten, umso wichtiger. Für viele institutionelle und private Investoren sind die niedrigen Kosten ein entscheidendes Kriterium bei der Fondsauswahl. Doch warum haben insbesondere etablierte Fondsanbieter so lange gezögert, ins ETF-Geschäft einzusteigen? Ein wesentlicher Grund liegt in der seit jeher komplexen Umstellung von traditionellen Investmentfonds auf ETFs. Fondsmanager, die über Jahre und teilweise Jahrzehnte mit aktivem Management und bewährten Strukturen vertraut sind, müssen umfangreiche Prozesse neu lernen und anpassen.
Dies betrifft nicht nur regulatorische und technische Aspekte, sondern auch die Überarbeitung von Vertriebsstrategien und Produktdesign. Häufig fehlte bisher auch die interne Expertise und Infrastruktur zur schnellen und effektiven Umsetzung einer ETF-Strategie. Im Zuge der Marktentwicklung und des steigenden Wettbewerbsdrucks hat sich die Einstellung jedoch geändert. Viele Fondsanbieter erkennen, dass eine Nichtaufnahme von ETFs im Produktportfolio mittelfristig zu einem Verlust an Marktanteilen führen kann. Große Vermögensverwalter wie First Eagle oder Tweedy, Browne haben in den vergangenen Monaten erfolgreich ihre ersten ETFs auf den Markt gebracht, manche davon durch Kooperationen mit spezialisierten Drittanbietern, die ihre bewährte Expertise und Infrastrukturen zur Verfügung stellen.
Die Zusammenarbeit mit etablierten ETF-Plattformen und Series Trusts bietet dabei einige Vorteile. Sie ermöglicht einen schnellen Markteintritt ohne den hohen Aufwand beim Aufbau eigener Strukturen und Erfahrungen. Gleichzeitig bleibt die Option offen, künftig eine eigene ETF-Verwaltungsgesellschaft zu gründen, wenn die Volumina und Erträge dies rechtfertigen. Dieses Vorgehen kombiniert unternehmerische Flexibilität mit ökonomischer Vernunft. Neben der Einführung neuer ETFs besteht für Fondsanbieter auch die Möglichkeit, bestehende Investmentfonds in ETFs umzuwandeln.
Diese Conversion bietet Perspektiven zur Kostensenkung, Steigerung der Liquidität und Kundenzufriedenheit. Allerdings ist dieser Weg nicht ohne Herausforderungen. Die Umstellung erfordert sorgfältige Kommunikation mit Anlegern, regulatorische Prüfungen und technische Anpassungen. Nicht zuletzt müssen auch die Vertriebspartner und Berater von der Transformation überzeugt werden, denn sie spielen eine Schlüsselrolle bei der Platzierung der Produkte am Markt. Die Zukunft dürfte mit der Einführung der dualen Anteilsklassenstruktur durch die SEC noch dynamischer werden.
Die Möglichkeit, ETF- und Mutual Fund-Anteile innerhalb desselben Fonds anzubieten, schafft eine beispiellose Flexibilität und neue Innovationsspielräume bei der Produktentwicklung. Dadurch können Asset Manager gezielt unterschiedliche Anlegerbedürfnisse bedienen und sich besser am Markt positionieren. Aus Anlegersicht signalisiert dieser Trend eine breite Verfügbarkeit von kosteneffizienten, flexiblen und transparenten Produkten. Vor allem Privatanleger profitieren von der Kombination aus steuerlicher Optimierung und Handelbarkeit. Gleichzeitig steigt die Wettbewerbsdichte im ETF-Markt, was langfristig zu noch besseren Produkten und Preisen führen dürfte.
Für die traditionelle Investmentfondsbranche markiert der Einzug der ETFs eine bedeutende Zäsur. Die Etablierten müssen sich neu erfinden und ihre Angebote diversifizieren, um in einem sich schnell verändernden Umfeld relevant zu bleiben. Dabei wird die Balance zwischen bewährtem aktiven Management und der Innovationskraft passiver, indexbasierter Produkte eine zentrale Rolle spielen. Insgesamt zeigt sich, dass der Wandel von Mutual Funds zu ETFs kein vorübergehender Trend, sondern eine strukturelle Veränderung ist. Legacy-Anbieter erkennen zunehmend, dass sie sich dieser Entwicklung nicht entziehen können, wenn sie ihren Kunden zeitgemäße, flexible und kosteneffiziente Investmentlösungen bieten wollen.
Die nächsten Jahre werden spannend, wenn sich weitere etablierte Fondsanbieter auf den ETF-Markt wagen und neue Produkte gestalten, die die Branche nachhaltig prägen werden. Die erfolgreichen Unternehmen werden diejenigen sein, die den Mut haben, sich schnell anzupassen, neue Marktmechanismen zu verstehen und innovative Investmentstrukturen zu verwirklichen – zum Wohle der Anleger und der Fondsbranche als Ganzes.