Die Welt der Finanzen und des Zahlungsverkehrs befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, der durch technologische Innovationen wie Kryptowährungen und speziell Stablecoins vorangetrieben wird. Stablecoins, digitale Währungen, die durch Vermögenswerte wie den US-Dollar gedeckt sind, versprechen eine stabile Alternative zu den oft volatilen Kryptowährungen und gewinnen daher immer mehr an Bedeutung im alltäglichen Zahlungsverkehr. In den Vereinigten Staaten zeigt sich nun ein bemerkenswerter Schulterschluss zwischen repräsentativen Gruppen aus dem Einzelhandel und dem Kryptowährungssektor, die gemeinsame Interessen verfolgen und gemeinsam eine gesetzliche Grundlage für Stablecoins unterstützen wollen. Diese Zusammenarbeit könnte wegweisend für die künftige Regulierung und Akzeptanz digitaler Währungen im Mainstream sein. Am 13.
März 2025 gaben die Merchants Payments Coalition (MPC), eine Interessenvertretung des Einzelhandels, und die Payment Choice Coalition (PCC), ein Verband, der verschiedene Unternehmen aus dem Kryptobereich inkludiert, eine gemeinsame Stellungnahme heraus. Darin betonten sie ihre Absicht, gemeinsam Innovation, Wettbewerb und Wahlfreiheit im US-amerikanischen Zahlungsverkehr zu fördern. Die MPC vertritt große Wirtschaftsverbände wie die National Association of Convenience Stores und die National Restaurant Association, während die PCC unter anderem Unternehmen wie den Kryptobörsenbetreiber Coinbase und sogar die Association of Kentucky Fried Chicken Franchisees vereint. Diese Offerte zur Zusammenarbeit offenbart eine neue Dynamik: Bisher standen sich traditionelle Zahlungsanbieter und die junge, dynamische Kryptoindustrie oftmals skeptisch gegenüber. Doch angesichts der wachsenden Bedeutung von Stablecoins hat man erkannt, dass eine gemeinsame politische Lobbyarbeit wirkungsvoller sein könnte, um eine zukunftssichere und praktikable Regulierung zu etablieren.
Dabei ist zu beachten, dass beide Gruppierungen trotz ihres gemeinsamen Ziels nicht in allen Punkten übereinstimmen. Die MPC unterstützt ein zuverlässiges regulatorisches Rahmenwerk für Stablecoins, um Sicherheit und Vertrauen für Händler und Kunden zu garantieren. Hingegen steht bei der PCC vor allem die Schaffung eines wettbewerbsfähigen Zahlungsmarkts im Fokus, der Innovationen nicht behindert und verschiedene Zahlungsformen gleichberechtigt nebeneinander zulässt. Im Zentrum der aktuellen regulatorischen Debatte steht der sogenannte Genius Bill – Guiding and Establishing National Innovation for U.S.
Stablecoins Act – ein Gesetzesentwurf, der vom republikanischen Senator Tim Scott aus South Carolina eingebracht wurde. Der Genius Bill wurde kürzlich mit klarer Mehrheit (18 zu 6 Stimmen) vom US-Senatsausschuss für Bankwesen angenommen. Obwohl die parlamentarische Zustimmung vor allem von Republikanern getragen wird, konnten einige demokratische Senatoren die Notwendigkeit einer solchen Gesetzgebung anerkennen und unterstützten den Entwurf. Demgegenüber steht Kritik von Seiten etablierter Finanzinstitutionen. Die American Bankers Association (ABA), ein bedeutender Interessenverband der US-Bankenlandschaft, äußerte sich deutlich ablehnend gegenüber dem Genius Bill.
Die Banken fürchten eine Disintermediation, also die Umgehung traditioneller Bankdienstleistungen, wenn Stablecoins als Zahlungsform mehr an Bedeutung gewinnen und potenziell Kapital aus den Einlagen der Gemeinschaftsbanken abziehen könnten. Solche Entwicklungen würden nicht nur das Geschäftsmodell vieler regionaler Banken bedrohen, sondern auch das bisherige Finanzsystem grundlegend verändern. Auch im US-Repräsentantenhaus werden ähnliche Vorschläge diskutiert. Der Stable Act, ein weiterer Gesetzesentwurf, verfolgt viele ähnliche Ziele wie der Genius Bill, weist jedoch Unterschiede in der Ausgestaltung auf. So konzentriert sich der Stable Act stärker auf den Schutz von Verbrauchern und die Verhinderung von Risiken, die durch mangelnde Regulierung von Stablecoins entstehen können.
Der Streit um Stablecoin-Gesetzgebung zeigt exemplarisch die Herausforderungen, vor denen Gesetzgeber weltweit stehen, wenn sie versuchen, Innovationen zu fördern, ohne dabei die Finanzstabilität und den Verbraucherschutz zu gefährden. Für den Einzelhandel bieten Stablecoins die Chance, Zahlungen schneller, kostengünstiger und globaler abzuwickeln, was insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen von großem Vorteil sein kann. Der Kryptosektor hingegen sieht in einer klaren regulatorischen Einordnung eine Grundlage, die Vertrauen schafft und somit die Akzeptanz von Kryptowährungen als belegte und anerkannte Zahlungsmittel befördert. Die Zusammenarbeit der Interessenvertretungen zeigt, dass trotz unterschiedlicher Ausgangslagen und Ambitionen die Gemeinsamkeit der Ziele – nämlich ein wettbewerbsfähiges, innovatives und sicheres Zahlungsökosystem – als stark genug empfunden wird, um Differenzen zeitweise beiseitezulegen. Obgleich keine der beiden Koalitionen derzeit eine spezifische Gesetzesvorlage vorbehaltlos unterstützt, reflektiert ihre gemeinsame Pressemitteilung das Verlangen nach einem konstruktiven Dialog und einer ausgewogenen Lösung.
Senatorin Elizabeth Warren, die als ranghöchste Demokratin im Bankenausschuss eine kritische Haltung gegenüber dem Genius Bill einnimmt, mahnt vor allem zur Vorsicht. Sie warnt davor, dass durch zu nachsichtige Regulierung Risiken für Verbraucher und die Integrität des Finanzsystems entstehen könnten. Diese Position unterstreicht die Notwendigkeit, dass jede Gesetzgebung nicht nur Innovation ermöglicht, sondern auch klare Spielregeln setzt, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt ist, wie Stablecoins technisch und operativ ausgestaltet sein müssen, um sicher und effizient zu funktionieren. Die Vorstellung vieler Experten ist, dass stabile digitale Währungen eine Brücke zwischen dem traditionellen Finanzwesen und dem innovativen Kryptowährungssektor schlagen können, indem sie schnelle und preiswerte Transaktionen mit der Solidität und Kontrolle regulierter Geldinstrumente verbinden.
Auch die mögliche Rolle der Zentralbanken ist in der Diskussion präsent. Manche sehen Central Bank Digital Currencies (CBDCs) als Konkurrenz zu Stablecoins, während andere einen kooperativen Weg bevorzugen, bei dem staatliche digitale Währungen und private Stablecoins nebeneinander existieren und sich ergänzen. Die kommenden Monate versprechen auf diesem Gebiet spannend zu werden. Sowohl die US-Senats- als auch die Repräsentantenhaus-Gremien arbeiten an Feinabstimmungen der Gesetzentwürfe. Die Positionen von Bankverbänden, Einzelhandels- und Kryptowährungsgruppen, Verbraucherschützern und Gesetzgebern werden den weiteren Verlauf maßgeblich beeinflussen.