Der Morley Safer Award ist eine renommierte Auszeichnung, die herausragenden Journalismus ehrt, der gesellschaftliche Missstände aufdeckt und durch packende Erzählungen neue Perspektiven eröffnet. Im Jahr 2019 wurden mehrere beeindruckende Arbeiten ausgezeichnet, die sowohl gegen Ungerechtigkeiten kämpfen als auch wichtige gesellschaftliche Entwicklungen präzise aufzeigen. Die Gewinnerinnen und Gewinner dieses Jahres liefern Einblicke in drängende Themen wie Immigration, Justizirrtümer, digitale Verantwortung und Umweltschutz – allesamt Themen von hoher gesellschaftlicher Relevanz. Ihre Arbeit zeichnet sich durch akribische Recherche, einfühlsame Schilderungen und journalistisches Engagement aus. Hannah Dreier wurde für ihre Serie „Trapped in Gangland: How the MS-13 Crackdown Shattered Immigrant Lives“ geehrt.
Diese investigative Arbeit wirft einen unverstellten Blick auf die Folgen der Trump-Regierungspolitik gegenüber der berüchtigten Gangs wie MS-13. Dreier, die für ProPublica tätig ist und deren Beiträge auch im New York Magazine, Newsday, This American Life und dem New York Times Magazine erschienen, schildert eindringlich und detailreich die Zerstörung der Leben einzelner mittelamerikanischer Einwanderer, die der Krieg gegen die MS-13 verursacht hat. Insgesamt basiert ihre Arbeit auf mehr als hundert Interviews sowie umfangreichen öffentlichen Dokumenten. Besonders hervorzuheben ist, wie die Serie nicht nur Polizeibehörden und staatliche Institutionen kritisch hinterfragt, sondern auch strukturelle Vorurteile und Nachlässigkeiten aufdeckt, die das Leben dieser Menschen nachhaltig beeinflussten. Dreiers Erzählweise macht komplexe und politisch hochbrisante Themen für ein breites Publikum verständlich und mitfühlbar.
Madeleine Baran verdient Anerkennung für die zweite Staffel ihres Podcasts „In the Dark“, der von American Public Media produziert wird. Mit elf Episoden dokumentiert Baran die Geschichte von Curtis Flowers, einem afroamerikanischen Mann aus Mississippi, der über zwei Jahrzehnte im Gefängnis saß und sechs Mal wegen Mordes vor Gericht stand. Die Serie hebt nicht die Tat selbst hervor, sondern konfrontiert den Hörer mit einem systemischen Justizversagen in den USA, das von Rassismus geprägt ist. Durch intensive Recherche und narrative Brillanz verändert Baran die Perspektive auf das amerikanische Rechtssystem und lässt Gerechtigkeit in einem neuen Licht erscheinen. Diese Arbeit zeigt, wie investigative Berichterstattung auf regionaler Ebene gleichzeitig universelle Menschenrechtsfragen aufwirft und politische Debatten anregt.
Julie Brown erhielt den Preis für ihre dreiteilige Serie „Perversion of Justice“, erschienen in der Miami Herald. Brown enthüllt, wie Jeffrey Epstein, ein umstrittener Multimilliardär, das amerikanische Justizsystem manipulierte und wie seine Opfer von den Ermittlern und Staatsanwaltschaft im Stich gelassen wurden. Obwohl der Epstein-Fall bereits international für Schlagzeilen sorgte, sorgte Browns akribische und detailreiche Berichterstattung für eine erneute öffentliche Auseinandersetzung mit einem Thema, das zu lange unter den Teppich gekehrt wurde. Mit Empathie für die Betroffenen und einem scharfen analytischen Blick bringt Brown das Versagen der Justiz ans Licht und fordert Veränderungen in der Behandlung von Opfern sexuellen Missbrauchs. Die investigative Dokumentation „The Facebook Dilemma“ von James Jacoby und Anya Bourg, erschienen in Frontline, deckt auf, wie Facebook jahrelang Warnsignale zu Russlands Einflussnahme, gefälschten Nachrichten und Online-Extremismus ignorierte.
Diese Arbeit ist ein Paradebeispiel dafür, wie mediale Verantwortung und unternehmerisches Versagen zusammenhängen können. Indem Jacoby und Bourg die internen Debatten und Reaktionen des sozialen Netzwerks offenlegen, werfen sie Fragen nach der Ethik und den Auswirkungen der sozialen Medien auf demokratische Prozesse und die Gesellschaft insgesamt auf. Die Dokumentation erhielt breite Anerkennung für ihren Beitrag zur Debatte um digitale Sicherheit und Meinungsvielfalt im Internet. Naveena Sadasivam und Zoë Schlanger bringen mit ihrer neunteiligen Serie „Shallow Waters“, die im Texas Observer und Quartz veröffentlicht wurde, eine ganz andere Geschichte an die Öffentlichkeit. Im Mittelpunkt steht der Rio Grande und die Menschen, die auf ihn angewiesen sind.
Während die mediale Aufmerksamkeit vor allem auf den politischen Konflikten rund um Einwanderung und den geplanten Bau der Grenzmauer lag, zeigen die Journalistinnen die Umweltgefahren auf, die durch den Klimawandel und die Grenzpolitik verschärft werden. Durch intensive Recherchen und detaillierte Berichte zeichnen sie ein Bild von sozialen und ökologischen Herausforderungen, die Millionen von Menschen bedrohen. Ihre Arbeit trägt dazu bei, den Umweltschutz und die Folgen des politischen Handelns stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Die Arbeiten der Gewinnerinnen und Gewinner des Morley Safer Awards 2019 zeichnen sich durch ihren investigativen Anspruch und ihre erzählerische Kraft aus. Sie decken Missstände auf, die oft im Schatten der gesellschaftlichen Wahrnehmung stehen, und bringen komplexe Themen journalistisch fundiert, emotional packend und wichtig für aktuelle politische Debatten an die Öffentlichkeit.
Ob es um die Folgen polizeilicher Fehler und Vorurteile bei Einwanderern, um Justizirrtümer mit rassistischen Hintergründen, um die Aufdeckung milliardenschwerer Verbrechen oder um den Einfluss sozialer Medien auf die demokratische Diskussionskultur geht – alle preisgekrönten Werke sind beispielhaft für Journalismus, der aufklärt und verändert. Neben der inhaltlichen Relevanz zeigt die Detailtreue und die Vielzahl an Quellen die hohe Qualität der journalistischen Arbeit. Zahlreiche Interviews, sorgfältige Prüfung von Dokumenten und akribisches Fact-Checking legen eine solide Basis für diese Reportagen. Die journalistische Stimme dieser Preisträger ist nicht nur kritisch, sondern auch empathisch, was sie besonders glaubwürdig und mitreißend macht. In einer Zeit, in der Medienlandschaften oft von Schnellschüssen und oberflächlicher Berichterstattung geprägt sind, unterstreichen die Morley Safer Award Gewinnerinnen und Gewinner 2019, wie wichtig tiefgründiger, investigativer und narrativ starker Journalismus für das Verständnis unserer Gesellschaft ist.
Ihre Arbeiten zeigen Wege auf, wie durch Journalismus Missstände thematisiert, Machtstrukturen hinterfragt und gesellschaftliche Veränderungen angestoßen werden können. Somit steht der Morley Safer Award 2019 nicht nur für hervorragenden Journalismus, sondern auch für gesellschaftliche Verantwortung und die Bedeutung von Medien als vierte Gewalt. Diese prämierten Arbeiten tragen wesentlich dazu bei, Menschen wachzurütteln, Mehrdimensionalität von Themen sichtbar zu machen und auf Missstände hinzuweisen, die andernfalls unbeachtet blieben. Sie machen Journalismus zu einem unverzichtbaren Instrument in demokratischen Gesellschaften, um Transparenz zu schaffen, Rechenschaft einzufordern und letztlich für Gerechtigkeit zu sorgen.