Die Blockchain-Technologie hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte bei der Skalierung gemacht, um den steigenden Nutzerdruck und die zunehmenden Transaktionsvolumina zu bewältigen. Technologische Entwicklungen wie Layer-2-Lösungen und Performance-Verbesserungen bei Layer-1-Netzwerken zielen darauf ab, die Durchsatzkapazitäten zu erhöhen, Transaktionsgebühren zu senken und die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern. Doch trotz dieser Bemühungen warnen Experten davor, dass ein neuartiges Problem das Wachstum und die Effizienz von Blockchains zunehmend bedroht – die Maximal Extractable Value (MEV)-Bots. Flashbots, eine führende Forschungsgruppe im Bereich MEV, warnt eindringlich davor, dass MEV-gesteuerte Bots Blockchains mittlerweile schneller verstopfen, als diese skalieren können. Dieses Phänomen stellt bestehende Skalierungskonzepte infrage und öffnet eine Debatte darüber, ob traditioneller Rohdurchsatz allein noch ausreicht, um zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden.
MEV oder Maximal Extractable Value beschreibt den gewinnorientierten Prozess, bei dem Miner, Validatoren oder Bots durch das Reorganisieren, Einfügen oder Verzögern von Transaktionen innerhalb eines Blocks zusätzliches Profitpotenzial gewinnen. Durch sogenannte Arbitrage- oder Front-Running-Techniken können diese Akteure erhebliche Gewinne erzielen, indem sie vom Zeitfenster zwischen Transaktionseinreichung und -bestätigung profitieren. MEV-Bots nutzen diese Mechanismen, um systematisch Transaktionen zu analysieren, auszuwerten und für sich günstige Reihenfolgen in Blöcken zu erzwingen. Die negativen Auswirkungen dieser MEV-Aktivitäten sind vielfältig und tiefgreifend. Einerseits führen sie zu einer massiven Zunahme an Netzwerk-Spam, der die verfügbare Kapazität blockiert und wichtige Ressourcen wie Rechenleistung und Speicherplatz übermäßig belastet.
Dieses sogenannte Ökosystem-Spamming besteht oft aus Anfragen, die zwar Gebühren verursachen, aber keine echten, wertschöpfenden Transaktionen darstellen – beispielsweise wiederholte Abfragen von dezentralen Börsen (DEX), die lediglich Informationen einholen, ohne wirklich Token-Transfers auszuführen. Auf Solana zeigt sich die Problematik besonders deutlich, wo aktuell MEV-Bots für etwa 40 Prozent der gesamten Blockspace verantwortlich sind. Ethereum Rollups wie Base und Optimism erleben ebenfalls ein Phänomen, bei dem über die Hälfte der Gasnutzung auf spamähnliche Aktivitäten von MEV-Bots zurückzuführen ist. Dabei zahlen diese Bots oft nur einen Bruchteil der fälligen Gebühren, was eine Marktverzerrung erzeugt und faire Nutzer benachteiligt. Insbesondere gescheiterte Transaktionen schlagen hier zu Buche: Diese machen etwa 40 Prozent der Compute Units aus, verursachen jedoch nur rund sieben Prozent der Gebühren.
Diese Diskrepanz signalisiert eine ineffiziente Ressourcennutzung, die sogar gegen die eigentlichen Ziele der Skalierung arbeitet. Interessanterweise konnte im Zeitraum von Ende 2024 bis Anfang 2025 auf der Layer-2-Lösung Base eine Verdreifachung der Gas-Durchsatzkapazität im Vergleich zum Ethereum-Mainnet beobachtet werden. Trotz dieses enormen Leistungsschubs profitierte der durchschnittliche Nutzer kaum davon, da ein Großteil dieser zusätzlichen Kapazität von MEV-Spam-Bots aufgebraucht wurde. Die Folge sind künstlich hohe Transaktionskosten und eine Verlangsamung der Prozessgeschwindigkeit für legitime Nutzer. Flashbots führte deshalb den Begriff des „effektiven Gas-Durchsatzes“ ein, der die tatsächlich für Nutzer verfügbare Kapazität von der bloß technischen Gesamtleistung trennt und so ein realistischeres Bild der Skalierung zeigt.
Dieses Ungleichgewicht wirft fundamentale Fragen zu den Skalierungsmethoden auf. Traditionelle Ansätze setzen oft auf die Erhöhung von Rohdurchsatz und Bandbreite, um die Anzahl der gleichzeitig verarbeiteten Transaktionen zu steigern. Doch wenn MEV-Bots kontinuierlich die neuen Kapazitäten monopolisieren, wird die erhoffte Entlastung für Nutzer und Entwickler effektiv zunichtegemacht. Die ständige Konkurrenz von Bots um Blockspace erzeugt ein Gebotsumfeld, das künstlich die Mindestgebühren in die Höhe treibt – ein „Fee Floor“, der nicht auf echter Nutzer-Nachfrage basiert, sondern auf der Dominanz von Spam. Hinzu kommt, dass die MEV-Spam-Aktivitäten extrem konzentriert sind: Eine kleine Anzahl von Akteuren kontrolliert den Großteil dieser Spam-Topologie.
Auf Base beispielsweise sind nur zwei Sucher verantwortlich für über 80 Prozent aller Spam-Transaktionen. Diese Dominanz verschärft das Problem, da sie eine Marktverzerrung und strategische Blockaden verursacht, die sowohl faire Wettbewerbsbedingungen als auch das Nutzererlebnis beeinträchtigen. Angesichts dieser Herausforderungen haben Forscher und Entwickler von Flashbots intensivere Maßnahmen vorgeschlagen, um der MEV-Problematik wirkungsvoll zu begegnen. Eines der Kernkonzepte ist die Einführung eines expliziten MEV-Auktionsmechanismus, bei dem Miner und Validatoren offene Gebote für die Reihenfolgen von Transaktionen akzeptieren, statt gasintensive, ineffiziente Spamming-Auktionen zuzulassen. Dadurch könnten die Netzwerkressourcen gezielter und fairer genutzt werden, indem die Profitinteressen transparent gebündelt und reguliert werden.
Zusätzlich propagiert Flashbots das Modell der „programmierbaren Privatsphäre“. Dabei sollen Bots und Sucher zwar Zugriff auf den Zustand der Blockchain erhalten, um profitable Handelsstrategien zu entwickeln, aber ohne dass sie Nutzerdaten offenlegen oder Front-Running betreiben können. Trusted Execution Environments (TEEs) bieten hierbei technische Möglichkeiten, um Live-Transaktionen sicher zu verarbeiten, ohne Missbrauch und Datenlecks zu riskieren. Erste Tests auf Ethereum Layer-1 zufällig zeigen Geneseere Fortschritte, mit der Aussicht auf Anpassungen für Layer-2-Netzwerke. Aktuelle Studien und Daten von EigenPhi und anderen Analyseunternehmen verdeutlichen, wie gravierend die Folgen von MEV-Spam sind: Im März 2025 wurden laut EigenPhi über 33.
000 Nutzer Opfer von sogenannten Sandwich-Attacken – einer besonders perfiden MEV-Technik, bei der Bots Handelsaufträge gezielt einkreisen und manipulieren. Allein diese Attacken generieren fast eine Milliarde US-Dollar an wöchentlichem Handelsvolumen nur auf Ethereum-basierten dezentralen Börsen (DEX). Ein einzelner MEV-Sucher erzielte 2023 an einem Tag einen Gewinn von mehr als einer Million US-Dollar mit solchen Angriffen und beanspruchte dabei rund sieben Prozent der gesamten Gas-Nutzung. Das Problem beschränkt sich nicht auf Ethereum. Auch Solana hat massive MEV-Ausbeutungen erlebt, wie der bekannte Bot „arsc“ demonstriert, der binnen zwei Monaten rund 30 Millionen US-Dollar durch arbitragebasierte Aktivitäten generierte.
Daraus wird klar, dass das MEV-Phänomen eine branchenweite Herausforderung darstellt, die grundlegend die Effizienz, Fairness und Zugänglichkeit von Blockchain-Anwendungen bedroht. Letztlich werden unregulierte MEV-Bots und deren aggressive Strategien als erhebliche Risiken betrachtet, die das Wachstum und die Akzeptanz von dezentralen Finanzsystemen (DeFi) dämpfen könnten. Insbesondere Anfänger und weniger erfahrene Nutzer sind anfällig für versteckte Kosten und Angriffe, was das Vertrauen in die Technologie untergräbt. Ohne gezielte Gegenmaßnahmen könnte das Resultat ein stagnierendes Ökosystem mit hohen Gebühren und verminderter Nutzerzufriedenheit sein. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die reine Erhöhung des Rohdurchsatzes bei Blockchains angesichts der dominierenden MEV-Spam-Aktivität immer weniger wirksam ist.
Die Industrie steht an einem Wendepunkt, an dem neue Mechanismen zur effizienten Allokation von Blockspace und zum Schutz vor Missbrauchssystemen ebenso dringend entwickelt und implementiert werden müssen wie technische Skalierungslösungen. Flashbots spielt dabei eine Vorreiterrolle und liefert mit innovativen Vorschlägen wie MEV-Auktionen und programmierbarer Privatsphäre wertvolle Impulse für die Zukunft. Für die gesamte Blockchain-Community gilt es, diese Herausforderungen ernst zu nehmen und gemeinsam Wege zu finden, die Skalierungspotenziale in einem nachhaltigen, fairen und für alle Nutzer vorteilhaften Rahmen zu realisieren. Nur so kann die Vision von dezentralisierten Finanzsystemen und Anwendungen langfristig erfolgreich bleiben.