Roman Storm, Mitbegründer des Ethereum-Mixers Tornado Cash, wird sich einem Prozess vor einem Bundesgericht in Manhattan stellen müssen, wie das US-Justizministerium (DOJ) offiziell bestätigte. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die anhaltenden rechtlichen und regulatorischen Auseinandersetzungen rund um die Rolle von Krypto-Mixern, Geldwäsche und Sanktionseinhaltung in der wachsenden Blockchain-Branche. Die Entscheidung, die Anklage gegen Storm aufrechtzuerhalten, bestätigt den Willen der US-Behörden, gegen mutmaßliche kriminelle Handlungen im Zusammenhang mit Kryptowährungen konsequent vorzugehen, obwohl parallel eine differenzierte Haltung gegenüber nicht-kustodialen Krypto-Technologien eingenommen wird. Tornado Cash wurde 2019 ins Leben gerufen und gilt als einer der größten und bekanntesten Ethereum-basierten Coin-Mixer. Solche Mixer ermöglichen es Nutzern, ihre Krypto-Transaktionen zu verschleiern, indem sie Kryptowährungen durch verschiedene Adressen und Zeiträume verteilen, um die Rückverfolgbarkeit auf der Blockchain zu erschweren.
Während diese Funktion legitimen Datenschutzbedürfnissen dienen kann, wurde Tornado Cash auch im Zusammenhang mit der Verschleierung illegaler Gelder genutzt. Laut Angaben des US-Finanzministeriums war Tornado Cash in der Vergangenheit an der Geldwäsche von über sieben Milliarden US-Dollar beteiligt, was zu umfangreichen Sanktionen führte. Im Jahr 2022 verhängte das Office of Foreign Assets Control (OFAC) der US-Regierung Sanktionen gegen Tornado Cash. Diese Beschränkungen untersagten es US-Bürgern, den Dienst zu nutzen, und führten zu einer international breiten Diskussion über die Grenzen der Regulierung von Dezentralisierten Finanzdienstleistungen (DeFi) und Smart Contracts. Tornado Cash operiert über unveränderliche Smart Contracts, was es laut einem späteren Urteil des United States Court of Appeals for the Fifth Circuit problematisch erscheinen lässt, die Plattform einfach als „Eigentum“ zu klassifizieren oder direkt sanktionieren zu können, da Smart Contracts nicht kontrollierbar oder modifizierbar sind.
Der scheinbare Widerspruch zwischen technischer Dezentralisierung und regulatorischer Durchsetzbarkeit steht auch im Zentrum der laufenden Gerichtsverfahren gegen Roman Storm. Storm hatte versucht, sich mit dem Argument zu verteidigen, dass seine Arbeit an Tornado Cash durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt sei. Dieses Argument wurde jedoch im September von der Richterin Katherine Polk Failla abgewiesen, die entschied, dass der Einsatz von Computer-Code zur Ermöglichung von Geldwäsche nicht vom Schutz der Ersten Verfassung geändert wird. Obwohl Storm ursprünglich auch mit dem Vorwurf konfrontiert war, ein nicht lizenziertes Geldtransmittergeschäft betrieben zu haben, gab das DOJ im Zuge der Anklageerhebung bekannt, dass dieser Teil der Klage fallengelassen wird. Diese Entscheidung steht im Einklang mit einer früheren Leitlinie der Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN) von 2019, die besagt, dass nicht-kustodiale Technologien wie Tornado Cash nicht als Geldtransmitter zu werten sind.
Die Differenzierung zwischen den technischen Funktionen eines Protokolls und den eigentlichen kriminellen Akteuren wird somit betont. Die Entscheidung des DOJ, mit der Strafverfolgung gegen Roman Storm dennoch fortzufahren, konzentriert sich auf die Anklagepunkte der Geldwäsche, Sanktionsevasion und der Übertragung von Geldern, die offensichtlich aus kriminellen Quellen stammen. Die Behörde betont damit das Ziel, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die digitale Finanzinstrumente zur Umgehung gesetzlicher Vorgaben und zur Verschleierung illegaler Gelder einsetzen. Im Kontext des Falls steht auch ein internes Memo des DOJ aus dem April 2025 im Raum, das eine neue Strategie der Strafverfolgung im Kryptosektor propagiert. Demnach will das Ministerium in den meisten Fällen nicht mehr Plattformen oder Dienste wie Mixer oder Krypto-Börsen selbst verfolgen, sondern gezielt die „Bad Actors“ ins Visier nehmen, sprich die tatsächlichen Nutzer, die Krypto-Technologien zur Geldwäsche missbrauchen.
Diese Politikverschiebung fand bei Branchenvertretern wie Peter Van Valkenburgh von Coin Center großen Anklang und wurde als Zeichen verstanden, dass das DOJ künftig eine ausgewogenere und technisch versiertere Herangehensweise verfolgen will. Neben juristischen und regulatorischen Aspekten wirft der Fall Fragen zur Rolle von Privacy und Datenschutz in der Blockchain-Ökonomie auf. Für viele Nutzer sind Dienste wie Tornado Cash wichtige Werkzeuge, um ihre Privatsphäre im öffentlichen und transparenten Blockchain-Ökosystem zu gewährleisten. Weltbekannte Datenschützer und Whistleblower wie Edward Snowden sehen in Krypto-Mixern keine intrinsisch kriminellen Instrumente, sondern technische Hilfsmittel, die legitime Rechte wie den Schutz vor Überwachung sichern. Der Fall von Alexey Pertsev, einem weiteren Entwickler von Tornado Cash, zeigt jedoch auch die internationale Dimension dieser Fragestellung.
Pertsev wurde vor einem Jahr in den Niederlanden zu 64 Monaten Gefängnis verurteilt, weil er angeblich bei Geldwäsche über die Plattform mitgewirkt hatte. Seine vorzeitige Freilassung und das laufende Berufungsverfahren verdeutlichen die Komplexität und Unsicherheit, die in der Rechtsprechung rund um dezentrale Finanztechnologien bestehen. Die Verhandlungen gegen Roman Storm, die in weniger als zwei Monaten vor dem Gericht beginnen sollen, werden daher mit Spannung verfolgt. Sie könnten wegweisend sein für die künftige Regulierung von DeFi-Technologien, den Umgang mit Smart Contracts und die Abgrenzung zwischen Entwickler:innen, Plattformbetreiber:innen und Nutzer:innen politischer sowie rechtlicher Verantwortung in der Blockchain-Branche. Unabhängig vom Ausgang dieses Prozesses steht fest, dass die Kryptowelt derzeit vor einer Phase verstärkter regulatorischer Prüfung steht.