Der Brighton i360 gilt als eine architektonische und technische Innovation an der Südküste Englands. Der nachhaltige Wunsch nach einer modernen Attraktion an der Brighton-Seafront führte dazu, dass eine spektakuläre Idee Wirklichkeit wurde: ein 162 Meter hoher beweglicher Aussichtsturm, der es Besuchern ermöglicht, die Küstenlandschaft aus bisher ungeahnter Perspektive zu erleben. Dieses Bauwerk, das nicht nur die Skyline von Brighton maßgeblich prägt, sondern auch Geschichte und Moderne einzigartig verbindet, zieht jährlich zahlreiche Touristen an, obwohl es im Laufe der Jahre auch mit Herausforderungen kämpfte. Das Konzept des Brighton i360 wurde von den renommierten Architekten David Marks und Julia Barfield von der Firma Marks Barfield umgesetzt, die bereits international für das Design des London Eye bekannt sind. Insbesondere wurde das Projekt als „vertikale Seebrücke“, also als vertikale Verlängerung der einstigen West Pier konzipiert.
Damit wird nicht nur die traurige Ruine dieses historischen Piers zusätzlich in das heutige Stadtbild eingebunden, sondern auch eine neue touristische Attraktion geschaffen, die weit über die Stadtküste hinaus Beachtung findet. Der Bau des Turms begann nach jahrelanger Planung schlussendlich im Jahr 2014, nachdem die Bauarbeiten bereits 2007 hätten starten sollen, aber aufgrund diverser Verzögerungen und behördlicher Genehmigungen erst später realisiert wurden. Der Turm selbst besteht aus vorgefertigten Stahlabschnitten, die vom niederländischen Spezialunternehmen Hollandia gefertigt wurden. Das Design zeichnet sich insbesondere durch seine schlanke, nadelartige Form aus – mit einem bemerkenswerten Verhältnis von Höhe zu Durchmesser von über 41 zu 1 und gilt damit als der dünnste Turm der Welt. Die runde, vollständig verglaste Gondel – vom Spezialisten Poma hergestellt, der auch die London Eye Kapseln produziert hat – bietet Platz für bis zu 200 Personen und gewährleistet eine 360-Grad-Panorama-Aussicht, die sich bei gutem Wetter bis in den Ärmelkanal und über die Hügel der South Downs erstreckt.
Mit etwa 138 Metern Höhe, die die Gondel während der Fahrt erreicht, zählt der i360 zu den höchsten beweglichen Aussichtspunkten der Welt. Ursprünglich trug der Turm den Namen British Airways i360, die Namensrechte waren im Rahmen eines Sponsorings vergeben. Jedoch endete diese Partnerschaft im Jahr 2022, woraufhin die Attraktion unter dem schlichteren Namen Brighton i360 weitergeführt wurde. Die Umbenennung ging einher mit einem umfassenden Marken-Relaunch, der unter anderem ein neues Logo und eine moderne Beleuchtung umfasste. Das Erscheinungsbild wurde so zeitgemäß und frisch an die Öffentlichkeit gebracht.
Trotz des architektonischen Glanzes war die Entstehung des Towers nicht unumstritten. Viele Bewohner Brightons beäugten das Projekt kritisch und drückten in verschiedenen Protesten und Petitionen ihren Unmut aus. Die Bezeichnung „i-Sore“ verdeutlicht den Widerstand vieler gegenüber dem Bauwerk, das für einige als störender Eingriff in das architektonische Gesamtbild der Stadt empfunden wurde. Fragmentierte Meinungen und Widerstände entstanden vor allem auch, weil viele die auf öffentlichen Geldern basierende Finanzierung skeptisch sahen. Zwar prognostizierte die Stadtverwaltung ursprünglich knapp 740.
000 Besucher jährlich, doch diese Zahlen wurden in den ersten Betriebsjahren nie erreicht. Stattdessen blieben Besucherzahlen deutlich unter den Erwartungen, was auch wirtschaftliche und finanzielle Schwierigkeiten mit sich brachte. Die Finanzierung des Brighton i360 wurde mit einem erheblichen Darlehen der Stadt Brighton und Hove sowie weiteren Beteiligungen privater Investoren realisiert. Nach der Finanzkrise von 2008 war die ursprünglich geplante private Finanzierung schwieriger geworden, was die öffentliche Hand stärker in die Pflicht nahm. Insgesamt beliefen sich die Projektkosten auf rund 46 Millionen Pfund.
Dieses Investment basierte auf einer optimistischen Erwartung, die Einnahmen durch Tourismus und Eintrittsgelder würden das Projekt langfristig refinanzieren. Leider sollte sich das als zu ambitioniert erweisen. Infolge der niedrigeren Besucherzahlen und Eintrittsgelder konnte das Unternehmen ab etwa 2018 die vereinbarten Rückzahlungspläne gegenüber der Stadt nicht mehr einhalten. Bereits 2022 musste der Betreiber vereinbarte Zahlungen aussetzen, was eine erneute politische und öffentliche Debatte über Sinn und Wirtschaftlichkeit des Projektes auslöste. Im Laufe der Jahre stiegen so die Schulden auf über 48 Millionen Pfund an, was eine enorme Belastung für die kommunalen Finanzen bedeutete.
Im November 2024 meldete das Unternehmen Insolvenz an und der Brighton i360 musste vorübergehend schließen. Die Kommune stand verstärkt vor der Herausforderung, wie es mit dem Wahrzeichen der Stadt weitergehen sollte, ohne zusätzliche öffentliche Mittel dauerhaft zu binden. Doch im Februar 2025 wurde bekanntgegeben, dass Nightcap Ltd., eine private Firma, den Turm für 150.000 Pfund erworben hatte.
Im Zuge der Transaktion schrieb die Stadt einen Großteil der noch offenen Schulden ab, um den Neustart zu ermöglichen. Die Wiedereröffnung erfolgte im März 2025, womit ein bedeutender Schritt zur Rettung und Neuausrichtung des Projektes gelang. Die neuen Betreiber setzen auf innovative Konzepte, um die Attraktivität zu steigern und den i360 wieder als festen Bestandteil des Tourismuserlebnisses an der Südküste zu etablieren. Hierzu gehören Events, kulturelle Aktionen und multimediale Ergänzungen, die das Erlebnis bereichern sollen. Neben seiner Hauptfunktion als Aussichtsturm diente der Brighton i360 in den letzten Jahren auch als außergewöhnliche Kulisse für besondere Veranstaltungen.
So nutzte der Automobilhersteller Caterham Cars den Aussichtspunkt im Jahr 2021 als temporären Showroom, in dem verschiedene Modelle in luftiger Höhe präsentiert wurden. Das spektakuläre Ambiente machte diesen Schauplatz weltweit einzigartig. Auch Künstler, wie der Sänger Sam Ryder oder die Geigerin Esther Abrami, nutzten die imposante Bühne des Turms für Musikvideos und Live-Auftritte, wodurch der i360 zusätzlich kulturelle Aufmerksamkeit erhielt. Das architektonische Design verbindet traditionelles lokales Flair mit moderner Technik. So erinnern die rundbogigen Eingangsbereiche des Gebäudes am Boden an die historischen italienischen Ticket-Buden des West Pier.
Die Kaffeebar und der Souvenirladen, die den Zugang flankieren, geben Besuchern vor und nach der Fahrt eine ansprechende Atmosphäre. Die Gondel selbst ist mit modernster Technik ausgestattet: Sie ist barrierefrei, beheizt, klimatisiert und verfügt über bequeme Sitzplätze – und sogar eine Bar. Die technische Umsetzung erforderte große Präzision und innovatives Ingenieurwesen. Die immense Windbelastung direkt an der Küste in Kombination mit der extrem schlanken Bauweise verlangte eine spezielle Dämpfung, sodass die Kabine selbst bei Wetterkapriolen ruhige Fahrten ermöglicht. Ursprünglich waren sogar nachhaltige Features wie ein Windrad und Regenwasserauffangsystem vorgesehen, doch diese wurden im Zuge der Bauphase wieder gestrichen, da sie die Funktionalität hätten negativ beeinflussen können.
Das Projekt wurde bei der Fertigstellung mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit Preisen für herausragende strukturelle Ingenieursleistungen und tallaitige Bauwerke. Dies zeigt das hohe Ansehen in Fachkreisen und die Wertschätzung der technischen Meisterleistung, die hinter dem Turm steht. In der öffentlichen Wahrnehmung bleibt der i360 eine polarisierende Figur. Für viele ist er ein Symbol für die Modernisierung Brightons und eine bedeutende touristische Bereicherung, die einzigartigen Ausblick und unvergessliche Erlebnisse verspricht. Für andere verkörpert er fehlgeleitete Investitionen und ein Risiko für die städtische Finanzplanung.
Doch gerade diese Spannung macht die Faszination rund um das Bauwerk auch aus. Mit der Übernahme durch Nightcap Ltd. und der Wiederaufnahme des Betriebs 2025 beginnt nun eine neue Phase für den Brighton i360. Die Betreiber wollen den Turm als multifunktionalen Veranstaltungsort und innovative Erlebniswelt weiterentwickeln, um ihn für Einheimische und Touristen gleichermaßen attraktiv zu gestalten. Diese Zukunftsvision, gepaart mit dem unvergänglichen Panorama auf Meer und Landschaft, lässt erahnen, dass der i360 auch künftig eine feste Größe an der Brighton-Seafront bleiben wird.
Zusammenfassend ist der Brighton i360 ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Architektur, Technik und Stadtentwicklung zusammenkommen können, um ein Landmark von internationalem Rang zu schaffen. Trotz der finanziellen Hürden und Kontroversen ist der Aussichtsturm zu einem charakteristischen Symbol der Stadt geworden, das die Besucher noch viele Jahre mit spektakulären Ausblicken begeistern wird. Die Geschichte des i360 zeigt, wie wichtig es ist, innovative Projekte sorgfältig zu planen und kontinuierlich an ihre wirtschaftlichen Herausforderungen anzupassen, um nachhaltigen Erfolg zu sichern.