Wissenschaftler haben zwei neue Risikofaktoren für Demenz identifiziert: Hoher Cholesterinspiegel nach dem 40. Lebensjahr und unbehandelter Sehverlust. Diese Erkenntnisse stammen aus einem aktuellen Bericht der Lancet-Kommission, der kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht wurde. In den letzten Jahren hat die Forschung zu Demenz erhebliche Fortschritte gemacht. Wissenschaftler haben mittlerweile einen Bluttest entwickelt, der Alzheimer mit einer Genauigkeit von 90 Prozent diagnostizieren kann.
Gleichzeitig wird zunehmend deutlich, dass viele Faktoren, insbesondere Lebensstilgewohnheiten, eine Rolle dabei spielen können, das Risiko zu erhöhen, an dieser verheerenden Krankheit zu erkranken. Im Jahr 2020 identifizierte dieselbe Forschungsgruppe bereits 12 veränderbare Risikofaktoren, die in Zusammenhang mit der Entwicklung von Demenz stehen. Dazu gehören unter anderem körperliche Inaktivität, Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Luftverschmutzung, Kopfverletzungen, seltene soziale Kontakte, geringe Bildung, Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Diabetes, Depressionen und Hörbeeinträchtigungen. Die neuesten Forschungsergebnisse erweitern diese Liste um die beiden neuen Faktoren: hohen Cholesterinspiegel und unbehandelten Sehverlust. Laut den Forschern tragen diese 14 Risikofaktoren insgesamt zu 49 Prozent der weltweit registrierten Demenzerkrankungen bei.
Um zu diesen Ergebnissen zu gelangen, analysierten sie eine Vielzahl von Meta-Analysen und Studien über die beiden neuen Risikofaktoren. Dr. Arman Fesharaki-Zadeh, ein Neurologe und Neuropsychiater von Yale Medicine, erklärt, dass die neu identifizierten Risikofaktoren durchaus miteinander verwoben sind. Hoher Cholesterinspiegel ist häufig bei Personen mit weiteren metabolischen Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Diabetes anzutreffen. Das Sehen ist unser wichtigster Sinn, der uns hilft, die Welt um uns herum wahrzunehmen.
Bei Sehproblemen neigen Menschen dazu, sich weniger an kognitiven Aktivitäten zu beteiligen, die das Gehirn stimulieren und so das Risiko für Demenz senken können. Aktivitäten wie Puzzles, Lesen oder das Verbringen von Zeit mit anderen sind entscheidend, um das Gehirn aktiv zu halten. Wenn das Sehen eingeschränkt ist, werden viele dieser Aktivitäten eingeschränkt, was dazu führen kann, dass die kognitive Funktion weiter abnimmt. Ein hoher LDL-Cholesterinspiegel, auch als „schlechtes Cholesterin“ bekannt, kann zu einer Verhärtung der Blutgefäße im Herzen und im Gehirn führen. Diese Verhärtung kann die Durchblutung behindern und verhindern, dass ausreichend Sauerstoff das Gehirn erreicht.
Im Laufe der Zeit können dadurch neuronale Schäden entstehen, die schließlich in Demenz münden können. Die Neurodegeneration wird häufig als Folge des Absterbens von Neuronen beschrieben, und Dr. Fesharaki-Zadeh betont, dass bestimmte Bereiche des Gehirns besonders anfällig für Schäden sind, wenn eine Verhärtung der Blutgefäße vorliegt – eine direkte Verbindung zwischen Herzgesundheit und Gehirnfunktion. Eine entscheidende Botschaft des Berichts ist, dass Prävention möglich ist. Ein gutes Gesundheitsteam und ein aufmerksamer Hausarzt können helfen, die Risikofaktoren für Demenz zu kontrollieren.
Dr. Fesharaki-Zadeh hebt die Wichtigkeit eines kollaborativen Modells zwischen Allgemeinmedizinern und Spezialisten hervor. Ein Hausarzt, der die Gesundheitsgeschichte eines Patienten kennt und in der Lage ist, relevante Informationen mit Fachärzten auszutauschen, kann dabei helfen, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und anzugehen. Die Überwachung und Kontrolle von Risikofaktoren wie hohem Cholesterinspiegel und Bluthochdruck durch angemessene medizinische Maßnahmen sollte bereits in der Lebensmitte beginnen. Es ist wichtig, dass Menschen aktiv über ihre Gesundheit sprechen und frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um das Risiko einer Demenzerkrankung zu minimieren.
Zudem gibt es Tests, die frühe Anzeichen von neurodegenerativen Erkrankungen oder genetische Marker der Krankheit erkennen können. Hier können Allgemeinmediziner ebenfalls wichtige Anlaufstellen sein, um Patienten über diese Möglichkeiten zu informieren. Studien zeigen, dass bis zu 40 Prozent der Demenzerkrankungen möglicherweise vermeidbar sind. Es ist jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass Demenz auch genetisch bedingt sein kann, was die Prävention erschwert. Trotz dieser Herausforderungen gibt es Hoffnung: Menschen mit begleitenden metabolischen Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes, die ebenfalls an Demenz erkranken, zeigen oft eine schnellere Progression der Krankheit.
Dagegen verläuft die Demenz bei Personen ohne diese Risikofaktoren in der Regel langsamer. Es ist nie zu spät, um Veränderungen in der Lebensweise vorzunehmen, sei es als junger Mensch, der bisher gesund war, oder als jemand, der bereits in den 80er oder 90er Jahren ist. Dr. Fesharaki-Zadeh betont, dass das Gehirn äußerst anpassungsfähig ist. Das bedeutet, dass selbst bei Menschen, die bereits eine Diagnose erhalten haben, gesunde Lebensstiländerungen positive Auswirkungen auf die Gehirngesundheit haben können.
Um zusammenzufassen: Die Identifikation dieser neuen Risikofaktoren bietet nicht nur wertvolle Einblicke in die Ursachen von Demenz, sondern eröffnet auch neue Perspektiven für die Prävention und Behandlung. Indem Menschen ihre Gesundheit umfassend überwachen und offen für Veränderungen sind, können sie aktiv an der Verbesserung ihrer kognitiven Gesundheit arbeiten. Dies ist eine ermutigende Nachricht in einer Zeit, in der die Zahl der Demenzerkrankungen weltweit stetig zunimmt. Es liegt in der Hand jedes Einzelnen, durch gesunde Gewohnheiten den Verlauf dieser Erkrankung zu beeinflussen und möglicherweise zu verhindern.