Bitcoin gilt seit seiner Entstehung als eines der sichersten digitalen Vermögenswerte weltweit. Seine Sicherheit basiert maßgeblich auf kryptographischen Verfahren, die bisher als nahezu unknackbar galten. Insbesondere elliptische Kurven-Kryptographie (ECC) schützt Bitcoin-Wallets und Transaktionen vor unautorisierten Zugriffen. Doch mit dem rasanten Fortschritt im Bereich des Quantencomputings wächst eine neue Art von Risiko, das die fundamentalen Sicherheitsmechanismen von Kryptowährungen infrage stellt. Die Frage lautet dabei: Wie dringend ist diese Bedrohung für Bitcoin? Und wie lässt sich ihr Einfluss konkret beziffern? Ein innovatives Projekt namens Project 11 hat sich genau diesem Thema verschrieben und setzt eine Belohnung von 1 Bitcoin aus, um den Grad der Gefährdung durch Quantencomputer aufzudecken.
Das Quantencomputing stellt eine Revolution in der Rechenleistung dar. Anders als klassische Computer, die Bits verwenden, operieren Quantencomputer mit Qubits, die dank Superposition und Quantenverschränkung eine exponentiell größere Rechenleistung erreichen können. Dies könnte zukünftige Verschlüsselungen, die auf komplexen mathematischen Problemen beruhen, innerhalb kürzester Zeit knacken. Insbesondere Shor’s Algorithmus, eine Quantenmethode zur Faktorisierung großer Zahlen und Berechnung diskreter Logarithmen, wird als Schlüsseltechnologie angesehen, um klassische Verschlüsselungsmethoden wie die elliptische Kurven-Kryptographie zu brechen. Bitcoin nutzt ECC mit einer Schlüssellänge von 256 Bit, was derzeit als sehr sicher gilt.
Ein ausreichend großer und fehlerfreier Quantencomputer könnte jedoch durch Einsatz von Shor’s Algorithmus theoretisch die privaten Schlüssel entschlüsseln und so Zugriff auf Bitcoin-Guthaben gewinnen. Millionen von Wallets mit einem Gesamtwert von mehreren Hunderten Milliarden Dollar könnten dann angreifbar sein. Project 11, ein auf Quantencomputing spezialisiertes Unternehmen, hat einen praxisnahen Weg gewählt, um das Risiko dieser Bedrohung einzuschätzen. Am 16. April 2025 wurde bekanntgegeben, dass eine Belohnung von 1 BTC an jene Person oder Gruppe ausgeschüttet wird, die in der Lage ist, kryptographische Schlüssel von variabler Länge durch Quantencomputer zu knacken.
Zwar handelt es sich nicht um reale Bitcoin-Schlüssel mit der vollen 256-Bit-Sicherheit, sondern um sogenannte „Toy-Versionen“ mit kleineren Schlüssellängen zwischen 1 und 25 Bit. Der Sinn dahinter ist, die Leistungsfähigkeit heutiger Quantencomputer zu testen und Trends in der Entwicklung der Technologie aufzuspüren. Das Unternehmen betont, dass selbst die Entschlüsselung eines 3-Bit-Keys eine bedeutende Leistung wäre, da in der realen Kryptographie bisher noch kein elliptisch-kurvenbasierter Schlüssel gebrochen wurde. Die Aussicht, sowohl 1 Bitcoin als auch einen Platz in der Geschichte der Kryptographie zu gewinnen, motiviert Teilnehmer weltweit, die Grenzen der Quantencomputing-Forschung auszutesten. Die Prognosen von Project 11 sind nicht zu unterschätzen.
Laut eigener Einschätzung könnten in den nächsten zehn Jahren ausreichend leistungsfähige Quantencomputer entstehen, um die derzeitige Schutzstufe von Bitcoin ernsthaft zu gefährden. Die dadurch entstehen Gefahr betrifft direkt diejenigen Wallets, deren Adressen bereits veröffentlicht und somit potenziell angreifbar sind. Experten schätzen, dass mindestens sechs Millionen Bitcoin, was einem Wert von über 500 Milliarden US-Dollar entspricht, betroffen sein könnten. Die Dringlichkeit des Themas hat auch innerhalb der Bitcoin-Community und der Entwickler zu Diskussionen geführt. So wurde kürzlich von dem Entwickler Agustin Cruz ein Vorschlag eingereicht, der eine Migration des Netzwerks in Richtung quantum-resistenter Kryptographie vorsieht.
Der Wechsel würde durch ein sogenanntes Hard Fork realisiert, eine signifikante Veränderung im Protokoll, die jedoch komplexe Abstimmungsprozesse der Community erfordert und somit mit Unsicherheiten verbunden ist. Bis solche Umstellungen vollzogen sind, rät Project 11 Bitcoin-Nutzern, ihre Vermögenswerte umzuziehen und dafür neue Wallet-Adressen zu verwenden, die bislang nicht öffentlich bekannt gemacht wurden. Diese Maßnahme reduziert temporär das Risiko, Opfer von Quantenangriffen zu werden. Gleichzeitig macht sie die Herausforderung deutlich, die sichere Verwahrung von Kryptowährungen in einer digitalen Zukunft, die von der Quantentechnologie geprägt sein wird. Es gilt zu verstehen, dass nicht nur Bitcoin von Quantenbedrohungen betroffen wäre.
Ein praktischer Quantencomputer könnte theoretisch die meisten heute genutzten Verschlüsselungsverfahren aushebeln und damit eine Reihe von kritischen Infrastrukturen und globalen Finanzsystemen angreifbar machen. Die mögliche Auswirkung auf das Vertrauen in digitale Transaktionen und den Schutz sensibler Daten ist immens. Angesichts dieser Risiken wird verstärkt daran gearbeitet, neue, quantum-resistente Algorithmen zu entwickeln, die auch zukünftigen Hochleistungsrechnern standhalten können. Die Forschung konzentriert sich beispielsweise auf Hash-basierte Signaturen, Gitter-basierte Verschlüsselungen oder multivariate Gleichungssysteme als alternative Sicherheitsmechanismen. Eine erfolgreiche Integration dieser Technologien in Bitcoin oder andere Kryptowährungen würde die digitale Sicherheit auf ein neues Niveau heben.
Die Herausforderung besteht jedoch darin, dass solche grundlegenden Änderungen tiefgreifende Anpassungen der zugrundeliegenden Protokolle erfordern. Die Bitcoin-Community ist bekannt für ihre konservative Haltung gegenüber Veränderungen, da Stabilität und Sicherheit in diesem Ökosystem höchste Priorität genießen. Gleichzeitig zeigt das Beispiel von Project 11, wie wichtig es ist, den Fortschritt im Quantencomputing genau zu beobachten und mögliche Risiken frühzeitig zu bewerten. Die Belohnung von 1 BTC für das Knacken von elliptischen Schlüsselvariationen ist dabei kein bloßes Marketing-Gimmick, sondern ein ernstzunehmender Anreiz, die Grenzen des Möglichen im Quantencomputing zu erkunden. Indem die Forschung durch Wettbewerbe und offene Challenges gefördert wird, entsteht ein Realitätscheck für die theoretischen Risiken und die tatsächlichen technischen Fähigkeiten.
Die Ergebnisse dieser Wettbewerbe könnten wegweisend sein. Sollte es jemandem gelingen, auch nur einen kleinen Schlüssel mit einem Quantencomputer zu knacken, wäre dies ein alarmierendes Signal an die gesamte Kryptoindustrie und Finanzwelt. Andererseits würden anhaltende Misserfolge auch mehr Zeit verschaffen, um sichere Alternativen zu entwickeln und zu implementieren. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Bedrohung durch Quantencomputer für Bitcoin real, aber noch nicht unmittelbar ist. Die Entwicklung entsprechender Hardware befindet sich noch in frühen Stadien, doch der technologische Sprung ist unausweichlich.
Initiativen wie Project 11 tragen entscheidend dazu bei, das Risiko einzuordnen und die Community zu sensibilisieren. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie schnell sich die Quantencomputing-Technologien entwickeln und ob Bitcoin rechtzeitig auf das neue Zeitalter der Kryptographie vorbereitet ist.