Silizium gilt als vielversprechendes Material für Negativelektroden in Lithium-Ionen-Batterien, weil es eine theoretisch sehr hohe Kapazität von etwa 3579 mAh pro Gramm bietet. Dieses Potenzial könnte die Energiedichte moderner Batterien erheblich steigern und somit entscheidend für den Fortschritt in Bereichen wie Elektromobilität und stationärer Energiespeicherung sein. Jedoch bringt die Nutzung von Silizium in Elektroden bedeutende Herausforderungen mit sich, insbesondere aufgrund seiner extremen Volumenänderungen beim Lithium-Einlagerungsprozess. Diese Volumenänderungen von mehr als 300 Prozent führen zu mechanischem Stress, Pulverisierung der Partikel, Verlust der elektrischen Verbindung und unkontrollierter Bildung der sogenannten Solid Electrolyte Interphase (SEI), die wiederum die Lebensdauer und Effizienz der Batterie drastisch mindern. Eine der Kernschwierigkeiten bei der Entwicklung stabiler Silizium-Elektroden liegt in der Balance zwischen mechanischer Stabilität und schnellen Ionen- sowie Elektronentransportwegen.
Traditionelle Ansätze, wie poröse oder schalenartige Strukturen, adressieren meist nur eines dieser Probleme. Offene Poren erleichtern zwar die Ionendiffusion, führen aber zu erhöhten Nebenreaktionen mit dem Elektrolyt und somit zu geringer initialer Coulomb-Effizienz. Geschlossene oder eingebettete Poren können Volumenänderungen puffern und mechanische Stabilität bieten, vermindern aber die Ladegeschwindigkeit, weil der Ionentransport behindert wird. In der jüngsten Forschung ist die sogenannte Sieving-Poren-Struktur (auf Deutsch etwa Siebporenstruktur) als innovativer Kompromiss hervorgegangen, die beide Aspekte gleichzeitig adressiert. Das Prinzip basiert auf einer zweistufigen Porenarchitektur: Ein innerer Nanoporen-Körper mit ausreichend Volumenreserve, um die Volumenvergrößerung des Siliziums während der Lithiumaufnahme aufzunehmen, und ein äußeres Sub-Nanoporen-Eingangsportal, das als molekulares Sieb fungiert.
Dieses Eingangstor ist so fein justiert, dass es nur lithiumführenden Ionen und teilweise ausgelösten Lösungsmittelmolekülen den Eintritt ermöglicht, während größere Lösungsmittelmoleküle und potentiell schädliche Substanzen ausgesiebt werden. Diese präzise Steuerung des Poreinstiegs bewirkt mehrere positive Effekte. Zum einen führt die sogenannte Prä-Desolvatisierung der Lithium-Kationen dazu, dass sie leichter in die Poren eindringen können, was die Geschwindigkeit des Ionentransports verbessert. Zum anderen verändert sich dadurch die Umgebung für die SEI-Bildung erheblich. In herkömmlichen Elekroden entsteht bevorzugt eine organisch-reiche SEI, die flexibel aber mechanisch schwach ist und leichter beschädigt wird.
Die Sieving-Poren-Struktur begünstigt hingegen die Ausbildung einer anorganisch-reichen SEI, die erheblich stabiler ist und die Siliziumpartikel mechanisch konserviert. Die anorganisch-reiche SEI wirkt wie eine starre Schale, die das Silizium in den Poren mechanisch einfasst und so die unerwünschte Bildung der kristallinen Li15Si4-Phase unterdrückt. Diese Phase ist verantwortlich für konstante Spannungsänderungen und führt zu hohem Spannungsstress, was zu Rissen und Pulverisierung des Materials führen kann. Die mechanische Einfassung sorgt in Kombination mit der elektrochemischen Spannung für ein spannungs-volt-Kopplungseffekt, der diese kritische kristalline Phase verhindert. Hersteller und Forscher stellen fest, dass Elektroden mit dieser Sieving-Poren-Architektur eine deutlich geringere Volumenvergrößerung aufweisen – im Durchschnitt nur etwa 58 Prozent bei einer spezifischen Kapazität von 1773 mAh pro Gramm und einer Flächenkapazität von 4 mAh pro Quadratzentimeter.
Das ist ein erheblicher Fortschritt gegenüber bisherigen Technologien, bei denen bis zu 300 Prozent Zunahme gemessen werden. Die hohe initiale Coulomb-Effizienz von über 93 Prozent und eine nahezu perfekte zyklische Coulomb-Effizienz von rund 99,9 Prozent über lange Ladezyklen sprechen für die anhaltende Stabilität dieses Ansatzes. Darüber hinaus ist die elektromechanische Robustheit dieser Elektrodenstruktur nicht nur ein Laborphänomen. In praxisnahen, Ah-niveau Pouch-Zellen mit gemischten Silizium-Graphit-Negativelektroden zeigen sich 80 Prozent Kapazitätserhalt nach mehr als 1700 Ladezyklen bei einer Stromstärke von 2 Ampere. Zudem lässt sich die Batterie in nur circa zehn Minuten schnell laden, was den Anforderungen für Mobilgeräte und Fahrzeuganwendungen entspricht.
Die Produktion der siebporigen Silizium-Elektroden basiert auf einer zweistufigen chemischen Gasphasenabscheidung (CVD). Dabei wird zuerst amorphes Silizium durch die thermische Zersetzung des Silangases in poröse Kohlenstoffträger eingebracht, die als offene Porenstruktur dienen. Anschließend folgt eine zweite CVD-Schicht, bei der bei präzise gesteuerten Bedingungen eine ultradünne Kohlenstoffschicht am Poreneingang abgeschieden wird. Diese Kohlenstoffschicht verengt die Poren so, dass der Siebeffekt entsteht, während die Volumen innerhalb der Poren zum Puffer der Siliziumausdehnung erhalten bleiben. Die Herstellung ist skalierbar, günstig und nutzt gängige Materialien, was eine industrielle Umsetzbarkeit begünstigt.
Charakterisierungstechniken wie elektronenmikroskopische Analysen, Röntgendiffraktometrie, Raman-Spektroskopie und Kleinwinkel-Röntgenstreuung untermauern die Effektivität der Strukturkontrolle, zeigen das Verbleiben des Siliziums in amorpher Form und bestätigen die Bildung der anorganisch-reichen SEI im Innern der Poren. Zudem versprechen Untersuchungen zur Li-Ionen-Solvatisierung, dass die Nanoporengröße im subnanometrischen Bereich von 0,35 bis 0,5 Nanometer optimal für die selektive Ionendiffusion ist. Die elektrochemischen Messungen spiegeln die herausragende Leistung wider. Die Rate der Lithium-Ionen-Desolvatisierung und der Transport durch die SEI ist in den Sieving-Poren verbessert, was sich in niedrigeren Aktivierungsenergien und reduzierten Impedanzen zeigt. Die mechanische Festigkeit der anorganisch-reichen SEI sowie die stabile Kohlenstoffmatrix verhindern Risse und Zerstörung des Elektrodenmaterials, die häufig die Ursache für Kapazitätsverlust sind.
Diese doppelte Schutzfunktion sorgt für langanhaltende und stabile Leistungsverläufe. Zusammenfassend stellt die Sieving-Poren-Technologie einen neuen Weg dar, um das Dilemma zwischen hoher Kapazität, mechanischer Stabilität und schnellen Ladeprozessen bei Silizium-Elektroden zu lösen. Das Konzept, durch gezielte Porenverengung eine prä-desolvatisierte Ionendiffusion zu ermöglichen und gleichzeitig die Entwicklung einer robusten, anorganischen Grenzschicht zu fördern, hebt Silizium als Negativelektrodenmaterial in Lithium-Ionen-Batterien auf ein neues Leistungsniveau. Die Kombination aus geringem Volumenwachstum, hoher Effizienz, langer Lebensdauer und Schnellladefähigkeit macht diese Technologie besonders attraktiv für zukünftige Anwendungen in der Elektromobilität und stationären Energiespeicherung. Die wissenschaftlichen Fortschritte bestätigen zudem, dass durch den gezielten Einsatz von Nanotechnologien und Materialdesign eine nachhaltige Nutzung von Silizium in kommerziell wettbewerbsfähigen Batterien realistisch ist.
Industrie und Forschung könnten von dieser Entwicklung profitieren, indem sie auf effiziente Produktionsmethoden setzen und die Sieving-Poren-Struktur in bestehende Batteriefertigungslinien integrieren. Abschließend lässt sich sagen, dass mit der Sieving-Poren-Technologie die langjährigen Herausforderungen bei Silizium-Anoden – wie pulverisierungsbedingter Kapazitätsverlust und Langzeitinstabilität – signifikant entschärft werden. Diese bedeutende Innovation ebnet den Weg zur nächsten Generation von Hochleistungs-Lithium-Ionen-Batterien, die sicher, langlebig und schnellladefähig sind und somit den steigenden Anforderungen moderner Energiesysteme gerecht werden.