Andy Weir ist der Mann hinter dem weltweit erfolgreichen Roman "Der Marsianer", der 2015 in einem gleichnamigen Film unter der Regie von Ridley Scott eine neue Dimension des Science-Fiction-Genres erlangte. Was viele jedoch nicht wissen, ist, dass Weir ursprünglich gar kein professioneller Schriftsteller war, sondern als Programmierer arbeitete. Seine Begeisterung für Wissenschaft und Raumfahrt trieben ihn dazu an, ein äußerst realitätsnahes und wissenschaftlich fundiertes Werk zu erschaffen, das sowohl Fans von Science-Fiction als auch Wissenschaftler gleichermaßen fasziniert. Die Entstehungsgeschichte von "Der Marsianer" zeigt eindrucksvoll, wie wichtig akkurate Forschung und Detailtreue bei der Darstellung von Weltraummissionen sind, und gibt interessante Einblicke in die Herausforderungen einer bemannten Marsmission. Die Idee zu dem Buch kam Weir, wie er selbst erzählt, während er überlegte, wie eine bemannte Marsmission technisch überhaupt realisierbar sein könnte.
Sein Interesse fokussierte sich vor allem darauf, wie Astronauten auf dem roten Planeten überleben könnten, wie sie die lebenswichtigen Aufgaben erledigen, und vor allem, wie sie mit unvorhergesehenen Pannen umgehen würden. Daraus entwickelte Weir eine Geschichte, die die Katastrophen des Überlebens mit der Genialität und dem Erfindungsreichtum eines einzelnen Mannes kombiniert. Dabei lehnte Weir sich eng an wissenschaftliche Fakten an, was "Der Marsianer" von vielen anderen Science-Fiction-Romanen unterscheidet, die häufig in spekulativen oder unrealistischen Szenarien spielen. Der Roman wurde schnell zu einem Bestseller und zog die Aufmerksamkeit von Ridley Scott auf sich, der die Geschichte 2015 verfilmte. Matt Damon übernahm die Rolle des Mark Watney, des Astronauten, der auf dem Mars gestrandet ist.
Andy Weir war begeistert von der schauspielerischen Leistung Damons, der seine Figur mit Authentizität und Humor darstellte. Wichtig war Weir auch, dass der Film wissenschaftlich korrekt bleibt oder zumindest keine wesentlichen Fehler enthält. Er wurde während der Produktion häufig von Drew Goddard, dem Drehbuchautor, kontaktiert, um Fragen zu technischen Details zu beantworten. Ridley Scott selbst bat Weir um Einschätzungen zu Szenen, wie der gefährlichen Handhabung von Hydrazin – einem für den Antrieb verwendeten Treibstoff – um sicherzustellen, dass die Darstellung möglichst realistisch bleibt. Trotz aller Bemühungen, sowohl im Buch als auch im Film realistische Wissenschaft zu präsentieren, gab es bewusst eingebauten dramatischen Freiraum.
Beispielsweise die Anfangsszene eines heftigen Sandsturms auf dem Mars ist wissenschaftlich unrealistisch, denn die dünne Marsatmosphäre sorgt dafür, dass Windgeschwindigkeiten von bis zu 150 km/h zwar möglich sind, die Windkraft dabei jedoch viel zu gering ist, um Menschen umzustoßen oder schwere Schäden anzurichten. Weir räumt ein, dass er diese Realität bewusst für den Spannungsaufbau ignorierte – es sei ein klassischer Kampf Mensch gegen Natur, der den dramatischen Startschuss für die Geschichte gibt. Seit der Entstehung des Buches hat sich das Wissen über Mars deutlich erweitert. Forscher haben herausgefunden, dass der Marsboden mehr Wasser enthält als zuvor angenommen – rund 35 Liter Eis pro Kubikmeter Boden. Das hätte die Überlebensbedingungen für jemanden wie Mark Watney vereinfacht, zum Beispiel, indem Wasser aus der Erdwärme extrahiert werden kann, was gefährliche chemische Verfahren wie die Hydrazinreduktion obsolet machen könnte.
Auch das Thema Strahlung ist komplexer bekannt geworden. Auf der Marsoberfläche fehlt der schützende Magnetosphärengürtel der Erde, sodass Astronauten hohen kosmischen Strahlungsdosen ausgesetzt wären, die das Krebsrisiko erhöhen. Im Buch ersann Weir daher ein fiktives Schutzmaterial, um dieses Problem zu umgehen, während echte Lösungen viel schwereres Schutzmaterial erfordern, was wiederum den Transportaufwand vergrößert. Ein bedeutender wissenschaftlicher Pluspunkt des Romans und des Films liegt in der orbitalen Flugbahnberechnung zwischen Erde und Mars. Weir rechnete diese Bahnen selbst aus, und sie stimmen mit realistischen Szenarien überein.
Dabei spielte die Länge des Aufenthalts auf dem Planeten eine wichtige Rolle. Im Buch verlassen die Astronauten die Marsoberfläche nach sechs Sol-Tagen, im Film wurde die Zeit aus dramaturgischen Gründen auf 18 Sol-Tage verlängert. Ridley Scott wollte, dass die Figur Mark Watney länger Zeit hat, um unter anderem den "Eimer" mit menschlichem Abfall als Dünger zu füllen, was die Realisierung seines Feldanbaus authentischer gestaltet. Wenn es um die Zukunft der bemannten Marsmissionen geht, ordnet Weir die Pläne und Ambitionen unterschiedlich ein. NASA peilt die 2030er Jahre für eine mögliche Marsmission an, doch er hält diese Frist für ambitioniert, vor allem aufgrund finanzieller Engpässe.
Realistischer erscheint ihm das Jahr 2050 als Startzeitpunkt. Verfrühte, populistische Projekte wie "Mars One" kritisiert er scharf. Für ihn ist deren Finanzierungsstrategie einer Reality-TV-Show vollkommen unrealistisch, da eine bemannte Marsmission extrem teuer und technisch komplex ist – Gelder in Milliardenhöhe sind notwendig, und solche Summen wird man nicht durch Unterhaltung finanzieren können. Hier offenbart sich die Kluft zwischen echter Raumfahrttechnik und medialen Versprechungen. Anders sieht er die Entwicklung durch private Raumfahrtunternehmen wie SpaceX von Elon Musk.
Diese Firmen überzeugen durch reale Weltraummissionen mit zahlenden Kunden und haben das Potenzial, die Kosten für den Transport in den niedrigeren Erdorbit deutlich zu senken. Durch diese Kostensenkung könnte ein Markt entstehen, der kommerzielle Dienstleistungen im All attraktiv macht, etwa Weltraumtourismus. Ein solches Angebot würde das Interesse am Weltraum und die technologische Infrastruktur maßgeblich vorantreiben. Die größte Herausforderung, die Weir bei bemannten Marsflügen sieht, ist der Transport von Masse in den niedrigen Erdorbit. Das Verlassen der Erdanziehungskraft erfordert enorme Energiemengen, und jede zusätzliche Kilogramm erhöht die Mission erheblich an Kosten und Komplexität.
Sobald die Kosten für Transport nach LEO sinken, sinken auch die Gesamtkosten für eine Marsmission. Weir sieht auch die internationale Zusammenarbeit als wichtiges Element für die erste bemannte Marsmission. Länder wie Russland, Europa, Indien, Japan, USA und möglicherweise China könnten gemeinsam ein solches Vorhaben stemmen, was alte Konkurrenzszenarien entschärfen könnte. Weitere große Probleme betreffen die technische Ausfallsicherheit und die extreme Isolation der Marsmission. Anders als auf der Internationalen Raumstation, wo Astronauten innerhalb weniger Stunden zurück zur Erde können, ist auf dem Mars kein schneller Rückflug möglich.
Daher müssen alle Systeme extrem zuverlässig, mehrfach redundant und reparierbar sein. Außerdem gibt es die langfristigen negativen Effekte der Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper. Knochenschwund, Sehprobleme und Immunschwächen sind bisher ungelöste Herausforderungen. Die Idee einer künstlichen Schwerkraft durch Rotation der Raumstation, wie sie im Film dargestellt wird, ist wissenschaftlich logisch, doch technisch schwierig umzusetzen. Der Schutz vor galaktischer kosmischer Strahlung erfordert dicke Abschirmungen durch schwere Materialien wie Wasser oder Gestein.
Eine clevere Lösung könnte darin bestehen, das Wasser des Schiffes als Strahlenschutz einzusetzen und im Verlauf der Mission durch Abwasser zu ersetzen, doch das bedeutet eine höhere Startmasse, was wiederum die Transportkosten erhöht. Auch die Versorgung auf dem Mars ist problematisch. Zwar lassen sich Sauerstoff und Wasser unter bestimmten Bedingungen herstellen, jedoch ist der Nahrungsanbau äußerst anspruchsvoll. Das benötigte Landvolumen für Pflanzen, die einen einzigen Menschen ernähren, ist enorm. Ausfallrisiken bei der Nahrungsproduktion wären katastrophal, weshalb große Vorräte mitgeführt werden müssten.
Dies belastet das Startgewicht einer Mission zusätzlich. Andy Weir vertritt die Auffassung, dass die Menschheit langfristig ein mehrplanetarisches Leben anstreben sollte, um das globale Überleben zu sichern. Die Wahrscheinlichkeit eines Aussterbens verringert sich signifikant, wenn Mensch und Zivilisation sich auf mehreren Himmelskörpern ansiedeln. Dennoch warnt er davor, den Planeten Erde fahrlässig zu zerstören, in der Illusion, einfach auf einen anderen Planeten ausweichen zu können. Die Bedingungen auf dem Mars sind so widrig, dass selbst extreme Umweltzonen auf der Erde vergleichsweise leicht zu besiedeln sind.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Andy Weir mit "Der Marsianer" nicht nur eine spannende Geschichte über Überleben und menschliche Erfindungsgabe geschaffen hat, sondern auch realistische wissenschaftliche Probleme und Lösungen thematisiert. Seine Expertise und kritischen Einschätzungen machen das Werk zu einem wichtigen Bezugspunkt in der aktuellen Diskussion über bemannte Marsflüge und die Zukunft der menschlichen Raumfahrt. Weir schafft damit eine Brücke zwischen Wissenschaft und Kunst, die zugleich unterhält und zum Nachdenken anregt.