Vor etwa vier Milliarden Jahren war die Erde ein toter Planet aus Wasser und Stein. In einer Umgebung, die geprägt war von vulkanischer Aktivität und hydrothermalen Quellen auf dem Meeresboden, nahm die komplexe chemische Reaktion ihren Lauf, die schließlich den Beginn des Lebens einleitete. Die Frage, ob am Anfang des Lebens der Stoffwechsel oder genetisches Material stand, beschäftigt Wissenschaftler seit langem und bleibt eine der faszinierendsten Herausforderungen der origin-of-life-Forschung. Der Begriff Metabolismus umfasst dabei alle biochemischen Prozesse in Zellen, die notwendig sind, um aus einfachen Molekülen komplexere Verbindungen herzustellen, Energie umzuwandeln und das Wachstum von Organismen zu ermöglichen. Ganz im Gegensatz dazu steht die genetische Information, die in Molekülen wie RNA und DNA gespeichert wird und für die Vererbung von Merkmalen verantwortlich ist.
Die klassische, lange favorisierte Hypothese, dass genetisches Material zuerst entstand, basiert auf der Annahme, dass RNA sowohl als Informationsträger als auch als Katalysator dienen kann. Doch die experimentellen Herausforderungen bei der Replikation von RNA-Strängen unter den Bedingungen der frühen Erde werfen Fragen an diese Sichtweise auf. In den letzten Jahren gewinnt eine alternative Theorie an Bedeutung, die den Stoffwechsel als Ursprung der Lebensprozesse sieht. Forscher haben gezeigt, dass bestimmte chemische Reaktionen, die in heutigen Organismen zentral sind, auch ohne Enzyme ablaufen können. Diese nicht-enzymatischen Stoffwechselwege könnten somit die Brücke zwischen der geochemischen Welt und der Biochemie geschlagen haben.
Hydrothermale Quellen bieten hierfür ideale Voraussetzungen, da sie reiche Mineralien und hohe Temperaturen bieten, die nötige chemische Reaktionen ermöglichen. Besonders wichtig ist die Entdeckung, dass in diesen hydrothermalen Umgebungen Eisen- und Nickelminerale als natürliche Katalysatoren wirken und die Synthese einfacher organischer Moleküle wie Formiat, Acetat und Pyruvat aus Wasserstoff und Kohlendioxid fördern können. Diese Verbindungen sind Bausteine des Zellstoffwechsels und werden in lebenden Bakterien und Archaeen genutzt, die zum Teil in solchen Lebensräumen heute noch existieren. Die Tatsache, dass dieselben Metalle in den aktiven Zentren moderner Enzyme vorkommen, lässt darauf schließen, dass die frühe Chemie und heutige Biochemie eng miteinander verwoben sind. Weitere Forschungen zeigen, dass Kernreaktionen des sogenannten umgekehrten Zitronensäurezyklus (reverse TCA cycle), einem zentralen Stoffwechselweg, ebenfalls unter präbiotischen Bedingungen ohne Enzyme ablaufen können.
Dieses Wissen wurde durch umfassende Laborversuche gewonnen, in denen Wissenschaftler zahlreiche Metallkatalysatoren und unterschiedliche Umweltbedingungen testeten. Diese Versuche fördern das Verständnis dafür, wie komplexe Stoffwechselnetze schrittweise entstehen können. Doch der Weg vom Stoffwechsel zum Leben ist kein einfacher. Die Aktivierungsenergie einiger chemischer Reaktionen stellt eine Hürde dar, die ohne die Hilfe von Enzymen oder anderen Katalysatoren schwer zu überwinden ist. Hier kommen sogenannte Cofaktoren ins Spiel, kleine Moleküle wie NAD+ und SAM, die heutzutage als unverzichtbare Hilfsmittel der Enzyme gelten.
Ihre mögliche Rolle in der Frühzeit des Lebens stellt eine wichtige Forschungsrichtung dar. Forscher vermuten, dass solche Moleküle bereits in der geochemischen Phase vorlagen und die Evolution der enzymatischen Prozesse unterstützten. Die Integration von Stoffwechselprozessen und genetischem Material dürfte ein schrittweiser Vorgang gewesen sein. Einige Hypothesen deuten darauf hin, dass Moleküle wie NADH, die strukturell aus Nukleotiden bestehen, eine Brücke zwischen biochemischen Reaktionen und der späteren Entstehung von RNA darstellten. Durch Überproduktion solcher Moleküle konnten verschiedene Eigenschaften getrennt, weiterverwendet und optimiert werden – ein Prozess, der zur Entstehung der ersten genetischen Systeme führte.
Wissenschaftler vergleichen ihre Untersuchungen häufig mit archäologischen Ausgrabungen oder Paläontologie, da sie versuchen, aus den heute vorhandenen Bausteinen und Abläufen die Geschichte des Lebens zu rekonstruieren. Die Aufdeckung von nicht-enzymatischem Stoffwechsel in Laborsimulationen liefert dabei eine Art „chemisches Fossil“, das Hinweise auf die realen Bedingungen auf der frühen Erde gibt und zeigt, wie sich Leben aus einfacher Chemie entwickeln konnte. Die Erkenntnisse der letzten Jahre stellen damit eine bedeutende Erweiterung unseres Verständnisses dar und festigen die Vorstellung, dass der Stoffwechsel an den Ursprung des Lebens gestellt werden kann. Dessen evolutionärer Weg von einfachen anorganischen Reaktionen hin zu komplexen biochemischen Netzwerken ebnete den Weg für die spätere Entwicklung von Genetik und Zellmembranen, die für die Struktur lebender Systeme unabdingbar sind. Letztlich bleibt die Frage, ob der Metabolismus oder die genetische Information zuerst kam, eine Frage nach der Reihenfolge von Prozessen, die sich wahrscheinlich parallel oder ineinander verschlungen entwickelten.
Die Forschung zeigt, dass komplexe chemische Reaktionen lange vor dem Auftreten von RNA und DNA möglich waren und damit eine Grundlage für die Entstehung des Lebens darstellten. Diese Erkenntnisse erweitern nicht nur unseren Blick auf die Ursprünge des Lebens auf der Erde, sondern liefern auch wertvolle Hinweise darauf, auf welche Weise Leben anderswo im Universum entstehen könnte. Die Suche nach Leben auf anderen Planeten und Monden orientiert sich zunehmend an diesen universellen chemischen Prinzipien, die zeigen, dass das Leben aus einfacher Chemie heraus entstehen kann – vorausgesetzt, die Umweltbedingungen sind geeignet. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Metabolismus als Initiator des Lebens einen festen Platz in den modernen Theorien zur Entstehung des Lebens einnimmt. Die Verbindung von geochemischen Prozessen mit frühen biochemischen Reaktionen und die allmähliche Entwicklung enzymatischer Systeme eröffnet neue faszinierende Perspektiven auf eine der größten Fragen der Wissenschaft.
Noch sind nicht alle Details geklärt, doch die Vorstellung eines nicht-enzymatischen Stoffwechsels in frühen hydrothermalen Umgebungen ist ein starker und zunehmend bestätigter Pfeiler bei der Erklärung, wie unter den Bedingungen der Urerde Leben beginnen konnte.