Die Voyager-Mission gehört zu den bedeutendsten Errungenschaften der Weltraumforschung. Seit ihrem Start im Jahr 1977 durchqueren Voyager 1 und sein Zwilling Voyager 2 den Weltraum mit atemberaubender Geschwindigkeit von etwa 35.000 Meilen pro Stunde. Diese Sonden sind längst aus dem Schutzschild unseres Sonnensystems, der sogenannten Heliosphäre, hinausgeflogen und senden weiterhin wertvolle Daten aus dem interstellaren Raum zurück zur Erde. Doch nach mehr als vier Jahrzehnten im allumfassenden Dunkel des Alls stellen sich natürliche Herausforderungen, insbesondere bei den älteren, ursprünglichen Systemen der Raumsonde.
Aktuell zwingt ein Problem mit den Hauptantriebstriebwerken die Ingenieure dazu, auf Backup-Systeme zurückzugreifen, die bis vor kurzem als unbrauchbar galten. Die Problematik der Staus in den Treibstoffleitungen der Haupttriebwerke hat sich in den letzten Jahren verstärkt und droht, die Funktion dieser Triebwerke spätestens im Herbst dieses Jahres komplett auszuschalten. Da die primären Rolltriebwerke der Voyager 1 bereits seit 2004 außer Betrieb sind, wäre dies eine enorme Bedrohung für die Steuerungsfähigkeit der Sonde. Das Team vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Kalifornien hat daher mit großem technischem Geschick und Mut eine risikoreiche Lösung verfolgt: die Reaktivierung jener seit fast zwei Jahrzehnten stillgelegten Backup-Triebwerke. Diese Backups sind speziell für die Rollbewegung der Raumsonde zuständig.
Die Fähigkeit, die Sonde entlang ihrer Rollachse auszurichten, ist für die präzise Positionierung des Antennensystems essentiell, denn nur so kann sichergestellt werden, dass Signale zur Erde gesendet und von dort auch empfangen werden können. Ohne die genaue Ausrichtung der Antenne würde die Kommunikation abbrechen und damit ein Ende der wissenschaftlichen Mission bedeuten. Die Herausforderung bei der Reaktivierung lag in der Reparatur interner Heizelemente, die seit 2004 ausgefallen sind und die primären Rolltriebwerke unbrauchbar machten. Es stellte sich heraus, dass nicht etwa ein physischer Defekt vorlag, sondern eine unerwartete Änderung in der Stromversorgungsschaltung die Heizer deaktiviert hatte. Die Ingenieure entwickelten ein Verfahren, um diese sogenannte „Schalterstellung“ wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen, wodurch die Heizelemente erneut aktiviert werden konnten.
Dieser Schritt war entscheidend, damit die Backup-Triebwerke wieder zuverlässig arbeiten können. Zeitlicher Druck entstand zusätzlich dadurch, dass die wichtigste Antenne zur Steuerung der Voyager-Raumsonden – die 70 Meter große Deep Space Station 43 (DSS-43) in Canberra, Australien – ab dem 4. Mai 2025 für fast zehn Monate wegen umfangreicher Upgrade-Arbeiten offline sein wird. Obwohl das Deep Space Network (DSN) weltweit verteilt ist und theoretisch immer einen Kontaktpunkt bieten kann, ist nur DSS-43 leistungsstark genug, um die Voyager-Sonden Kommandos zu senden. Daher musste die Reparatur der Backup-Triebwerke bis vor der zeitweiligen Einstellung der Antenne abgeschlossen sein, um die Sonden weiterhin zuverlässig orientieren und steuern zu können.
Die erfolgreiche Reaktivierung wurde am 20. März 2025 bestätigt, als die Voyager 1 auf Befehle vom Kontrollzentrum hin ihre Heizer hochfuhr und die Temperaturwerte stiegen. Das Team verfolgte das Ereignis mit großer Spannung, da das Funk-Signal von Voyager 1 mehr als 23 Stunden benötigt, um die enorme Entfernung von rund 15 Milliarden Meilen zur Erde zu überwinden. Dieses Ereignis wurde von den verantwortlichen Ingenieuren als „Wunder“ bezeichnet, denn wo lange Zeit von einem irreparablen Defekt ausgegangen wurde, steckte ein lösbares Problem dahinter. Die Bedeutung dieser technischen Meisterleistung ist enorm.
Ohne diese Backup-Triebwerke würden mögliche Verstopfungen der primären Rollsteuerung fatal sein und die präzise Ausrichtung der Sonde gefährden. Die Fähigkeit der Voyager 1, ihre Antenne kontinuierlich zur Erde auszurichten, ist unabdingbar für die Fortsetzung der wissenschaftlichen Arbeit im interstellaren Raum. Mit der Reaktivierung steht somit eine zusätzliche Sicherheitslinie zur Verfügung, die die Lebensdauer und Funktionalität der Sonde deutlich erhöht. Voyager 1 und Voyager 2 sind damit weiterhin Pioniere der Weltraumforschung und liefern unvergleichliche Daten aus der räumlichen Umgebung jenseits der Planeten unseres Sonnensystems. Die Mission demonstriert nicht nur die technische Brillanz vergangener Jahrzehnte, sondern auch die Fähigkeit heutiger Wissenschaft und Technik, jahrzehntealte Systeme neu zu interpretieren und zu retten.
Die bevorstehende Downtime des DSS-43 ist eine wichtige Investition in die Zukunft des Deep Space Networks, die auch eine verbesserte Kommunikation und Steuerung anderer zukünftiger Raumfahrtmissionen gewährleisten wird. Die Arbeit am Voyager-Programm und seinen Raumsonden ist eine deutliche Erinnerung daran, wie wichtig kontinuierliche Wartung, Innovation sowie Problemlösungskompetenz sind, um in der extremen Umgebung des Weltraums über Jahrzehnte technologisch komplexe Systeme am Leben zu erhalten. Die erfolgreiche Reaktivierung der Backup-Triebwerke der Voyager 1 vor einer herausfordernden Kommandopause ist ein weiteres Kapitel in der bemerkenswerten Geschichte dieser Mission, die nicht nur historische Entdeckungen ermöglichte, sondern auch unverzichtbare Grundlagen für die Forschung im interstellaren Raum liefert.