Im Zeitalter der digitalen Innovationen entstehen immer wieder Anwendungen, die durch clevere technische Lösungen für Aufsehen sorgen. Eine dieser Entwicklungen ist die App Cluely, eine unsichtbare, auf Electron basierende Software, die Anfang 2025 durch eine virale Aktion von Roy Lee für großes Aufsehen sorgte. Ziel der App ist es, Programmierinterviews diskret zu unterstützen – quasi eine „schwarze Magie“ im Software-Recruiting. Doch wie funktioniert Cluely tatsächlich und was steckt technisch dahinter? Darüber hinaus werfen wir einen Blick auf die praktischen und ethischen Aspekte dieser Technologie und überlegen, wie sich ähnliche Konzepte sinnvoll und legal einsetzen lassen. Cluely nutzt das Electron-Framework, eine beliebte Plattform zur Entwicklung von Desktop-Applikationen, die auf Chromium und Node.
js basiert. Electron ermöglicht es, mit Webtechnologien wie JavaScript, HTML und CSS plattformübergreifende Anwendungen zu programmieren, die sich wie native Programme verhalten. In Cluely kommt ein spezielles Feature von Electron zum Einsatz: Das Erzeugen eines transparenten Fensters, das immer im Vordergrund liegt – sozusagen ein Overlay. Der Clou liegt in der Eigenschaft transparent: true, die in der Electron-BrowserWindow-Instanz gesetzt wird. Dadurch ist das Fenster komplett durchsichtig, und es werden nur jene Elemente angezeigt, die explizit im App-Interface gerendert werden.
Kombiniert wird dies mit alwaysOnTop: true, sodass das Fenster permanent vor allen anderen geöffneten Programmen bleibt. Die Anwendung des Flags skipTaskbar: true sorgt zudem dafür, dass das Fenster im Taskleistenmenü verborgen bleibt. Technisch gesehen wirkt Cluely also wie eine Art unsichtbare Schicht, die über dem eigentlichen Bildschirminhalt liegt und gezielt Informationen einblenden oder auslesen kann, ohne vom Nutzer oder System direkt als störend wahrgenommen zu werden. Ein sehr simples Beispiel zeigt bereits den Kerncode des Overlays. Im Hintergrund kommuniziert die App mit einem KI-Backend – häufig über etablierte Schnittstellen wie WebSockets oder HTTP-Anfragen.
So werden etwa Kopierte Texte, Bildschirmfotos oder markierter Text sofort an eine AI-Plattform übermittelt. Auf dieser Basis generiert die KI dann kontextbezogene Lösungsansätze, Programmierbeispiele oder Tipps, die dem Nutzer in Echtzeit präsentiert werden können. Gerade in Bewerbungssituationen verspricht dies enorme Vorteile, die allerdings auch ethisch kritisch zu sehen sind. Eine weitere faszinierende Komponente von Cluely ist die Nutzung nativer Module wie node-ffi oder robotjs, die den Bildschirmbereich gezielt erfassen können. Mittels OCR-Technologie (Optical Character Recognition) wie Tesseract.
js wird der Bildinhalt analysiert, um aus Screenshots oder einzelnen Fensterbereichen den Text zu extrahieren. So werden Informationen nicht nur aus der Zwischenablage entnommen, sondern auch direkt vom sichtbaren Bildschirminhalt gewonnen. Das ermöglicht eine noch tiefergehende Integration der KI-gestützten Unterstützung. Im Hintergrund überwacht Cluely permanent die Zwischenablage, um sofort bei jeder neuen Textkopie aktiv zu werden. Dieser kontinuierliche Prozess stattet die App mit einer Art „allzeit-bereit“-Funktionalität aus, die Nutzern unmittelbar zur Verfügung steht, sobald sie relevante Inhalte im System markieren oder kopieren.
Dabei arbeitet die App unauffällig, was gerade in Testsituationen oder stringent überwachten Umgebungen für Aufsehen sorgt. Allerdings bringt diese transparente, stets aktive Technik auch einige Herausforderungen mit sich. Besonders Betriebssysteme wie macOS und Windows verfügen über Sicherheitsmechanismen, die versuchen, unsichtbare Overlays in sensiblen Kontexten wie Vollbildanwendungen oder sicherheitsrelevanten Programmen zu entdecken und zu blockieren. Diese Schutzvorrichtungen erschweren den Einsatz von Apps wie Cluely in streng regulierten Umgebungen erheblich. Zudem ist die dauerhafte Nutzung von OCR und Clipboard-Monitoring ressourcenintensiv und kann CPU sowie GPU stärker beanspruchen, was sich negativ auf die Systemperformance auswirken kann.
Trotz der Kritik und eines fragwürdigen Einsatzes als „Cheat-App“ bei technischen Bewerbungsgesprächen hat die Technologie hinter Cluely großes Potenzial für positive und produktivitätssteigernde Anwendungen. So lassen sich transparente Overlays nutzen, um Vertriebsmitarbeiter während Telefonaten kontextsensitiv zu unterstützen. Ein automatisierter Sales-Copilot könnte passende Argumente, Produktinformationen und Gesprächsleitfäden in Echtzeit einblenden – ohne den Nutzer zu stören, ähnlich einem virtuellen Assistenten aus einem Film. Im Bereich des Kundenservices eröffnen solche Tools die Möglichkeit, direkt während der Kommunikation mit Kunden automatisiert passende Antworten oder Informationen vorzuschlagen. Nutzer müssten nicht mehr zwischen verschiedenen Programmen wechseln oder manuell nach Daten suchen, sondern erhalten aktive Hilfestellung im Workflow – vergleichbar mit einem intelligenten „Jarvis“, der im Hintergrund arbeitet und stets hilfreiche Vorschläge bereithält.
Darüber hinaus könnte ein personalisiertes Onboarding-Overlay für neue Mitarbeiter entwickelt werden, dass auf individuelle Bedürfnisse eingeht und kontextbezogene Tipps zum richtigen Zeitpunkt anzeigt. Auf diese Weise könnten neue Teammitglieder schneller und selbstsicherer produktiv werden, ohne dauerhafte Betreuung durch Vorgesetzte oder Kollegen. Cluely ist übrigens Open-Source, was jedem Entwickler die Möglichkeit bietet, mit der zugrundeliegenden Technik eigene Projekte umzusetzen und dabei ethische Grundsätze zu berücksichtigen. Kombinationen aus Electron, nativen Modulen für Screen Capture und OCR sowie modernen KI-APIs können durchaus hilfreiche und sinnvolle Tools kreieren. Wer also auf die Kraft der AI-gestützten Overlay-Technologie setzen möchte, findet eine solide Basis und kann durch offene Zusammenarbeit eine neue Generation smarter Desktop-Assistenten bauen.
Abschließend bleibt zu sagen, dass Technologie immer eine ambivalente Rolle einnimmt. Sie kann missbraucht werden, um abzukürzen oder gar zu täuschen – wie bei Cluely in der ursprünglich viral gewordenen Form. Zugleich erschließt sie aber enorm viele Chancen, die Produktivität zu steigern, Informationen besser nutzbar zu machen und Arbeit angenehmer zu gestalten. Entscheidend ist, den richtigen Umgang und eine ethische Nutzung sicherzustellen. Für Unternehmen, Entwickler und Nutzer, die Interesse haben, mit dieser innovativen Overlay-Technologie zu experimentieren, ist Cluely ein spannender Ausgangspunkt für eigene Projekte.
Wem der verantwortungsbewusste Einsatz am Herzen liegt, der kann von den Open-Source-Ressourcen profitieren, mit Profis in Kontakt treten und gemeinsam an legitimen und unterstützenden Applikationen arbeiten. Die Zukunft gehört jenen Tools, die Menschen unterstützen, anstatt sie zu überlisten – Cluely zeigt eindrucksvoll, wie moderne Technik aussehen könnte, wenn man sie richtig einsetzt.