Die Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und Saudi-Arabien scheinen sich in den letzten Monaten neu zu entzünden, als Berichte auftauchten, dass Kronprinz Mohammed bin Salman (MbS) zunehmend kein Interesse mehr daran hat, die Vereinigten Staaten zu besänftigen. Diese Entwicklung könnte weitreichende Folgen für die geopolitische Landschaft im Nahen Osten haben und auch die Ölpreise sowie die globalen Märkte beeinflussen. Historisch gesehen war Saudi-Arabien ein enger Verbündeter der USA im Nahen Osten. Die strategische Partnerschaft beruhte auf gemeinsamen Interessen in Bereichen wie Ölversorgung, Sicherheit und der Bekämpfung von Extremismus. Doch in den letzten Jahren haben sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern, die traditionell auf einem stabilen Fundament standen, stark verändert.
Die Enthüllungen über die fortdauernden Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien, nicht zuletzt nach dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi im Jahr 2018, haben in den USA öffentliche und politische Wellen geschlagen. Präsident Joe Biden hat sich wiederholt kritisch über die saudische Regierung geäußert und die Notwendigkeit hervorgehoben, die Beziehungen zu einem Partner aufrechtzuerhalten, der die Menschenrechte missachtet. Laut dem jüngsten Bericht, der in den amerikanischen Medien zirkuliert, könnte sich das geopolitische Gleichgewicht nun jedoch zu Lasten der USA verschieben. Der Kronprinz scheint entschlossen, Saudi-Arabien unabhängiger von den Vereinigten Staaten zu machen und Strategien zu entwickeln, die nicht mehr ausschließlich auf amerikanische Interessen ausgerichtet sind. Dies könnte sich in einer stärkeren Zusammenarbeit mit anderen Ländern wie China und Russland zeigen.
Beide Nationen haben ein wachsendes Interesse an einer engeren Beziehung zu den Golfstaaten und könnten potenziell als alternative Partner für Saudi-Arabien auftreten. Diese Veränderungen sind nicht einfach eine Reaktion auf die außenpolitischen Entscheidungen Washingtons, sondern auch Teil einer umfassenderen Vision von MbS, die in der "Vision 2030"-Strategie niedergelegt ist. Diese Strategie zielt darauf ab, die saudische Wirtschaft zu diversifizieren und weniger abhängig von Öl zu machen. In diesem Rahmen wird ein stärkerer Fokus auf internationale Investitionen, Tourismus und andere Branchen gelegt. Während Saudi-Arabien weiterhin eine zentrale Rolle im globalen Ölmarkt spielt, deutet die zunehmende Ambivalenz gegenüber den USA darauf hin, dass man bereit ist, die eigene Agenda aggressiver zu verfolgen.
Die Reaktion verschiedener internationaler Akteure auf diese Entwicklungen wird entscheidend sein. Washington wird jeden Stillstand in den Beziehungen kritisch beobachten, insbesondere in Anbetracht der militärischen und sicherheitspolitischen Vereinbarungen, die seit Jahrzehnten bestehen. Die Rüstungsverkäufe und andere sicherheitspolitische Kooperationsprojekte sind von entscheidender Bedeutung für beide Partner, und eine Abkehr von dieser Beziehung könnte auch die militärische Präsenz der US-Streitkräfte in der Region gefährden. In diesem Zusammenhang ist auch das iranische Atomprogramm zu erwähnen, das weiterhin eine große Bedrohung für die Sicherheit im Nahen Osten darstellt. Die Saudis haben ein starkes Interesse daran, die US-amerikanische Unterstützung im Kampf gegen den Iran aufrechtzuerhalten, und die USA wiederum sind auf Saudi-Arabien angewiesen, um sich gegen iranischen Einfluss in der Region abzusichern.
Doch diese Dynamik könnte sich ändern, wenn die saudischen Entscheidungsfinder beschließen, eine unabhängige außenpolitische Agenda zu verfolgen. Die Ölpreise, die bereits unter den turbulenten geopolitischen Bedingungen leiden, könnten ebenfalls von einem Auseinanderdriften zwischen den USA und Saudi-Arabien betroffen sein. Saudi-Arabien hat in der Vergangenheit gezeigt, dass es bereit ist, seine Ölproduktion zu drosseln oder Züge auf dem Ölmarkt zu ändern, um die Preise zu treiben. Ein sich vertiefendes Misstrauen zwischen dem Kronprinzen und den USA könnte dazu führen, dass Riad noch unberechenbarer wird, was die globale Ölversorgung zusätzlich destabilisieren könnte. Eine solche Unsicherheit im Ölmarkt könnte sich direkt auf die Weltwirtschaft auswirken und zu einmaligen Preiserhöhungen führen, die viele Volkswirtschaften vor neue Herausforderungen stellen würden.
Die jüngsten Entwicklungen könnten auch dazu führen, dass andere ölproduzierende Länder, die ebenfalls von einer Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien profitieren, diese Gelegenheit nutzen, um ihre eigenen Positionen zu stärken. Intern wird die saudische Gesellschaft an dieser Wende ebenfalls stark interessiert sein. Die anfänglichen Reformen, die im Rahmen von Vision 2030 vorgeschlagen wurden, sind unter der Bevölkerung gemischt aufgenommen worden. Während einige den Fortschritt begrüßen, äußern andere Bedenken hinsichtlich der politischen Repression, die weiter in Saudi-Arabien beobachtet wird. Der Handlungsspielraum für Dissens wird immer geringer, und das regimekritische Potenzial könnte zunehmen, wenn sich die geopolitische Lage zuspitzt.