Xiaomi, einst vor allem als chinesischer Elektronikriese bekannt, hat in den letzten Jahren ehrgeizige Pläne verfolgt, um in den boomenden Markt für Elektrofahrzeuge (EV) einzusteigen. Mit der Markteinführung ihres Elektrosektors und insbesondere dem sportlichen Modell SU7, das sich zunächst großer Beliebtheit erfreute, wollte das Unternehmen eine starke Position im weltgrößten Automobilmarkt einnehmen. Doch die anfänglichen Erfolge wandeln sich zunehmend in Herausforderungen, da der Absatz des SU7 in China in den letzten Monaten stark zurückgegangen ist und zugleich wachsende Kritik von Verbrauchern an Xiaomi selbst sowie dessen Produkten laut wurde.Die Einführung des SU7 im März des Vorjahres wurde zunächst als großer Erfolg gefeiert. Das Elektroauto zog viele chinesische Autofahrer an, die auf der Suche nach innovativen und technologisch fortschrittlichen Fahrzeugen waren.
Die Kombination aus sportlichem Design, fortgeschrittenen Smart-Drive-Funktionen und Xiaomis etablierter Marke sorgte für eine überaus positive Resonanz. Im Dezember überholte der SU7 sogar weltweit das Tesla Model 3 in puncto monatlicher Verkaufszahlen auf dem chinesischen Markt, was als bedeutender Meilenstein galt. Doch dieser Aufwärtstrend brach deutlich ein.Die Wende kam mit einem tragischen Zwischenfall im April, als ein Unfall mit einem SU7 tödlich endete. Obwohl die genauen Ursachen weiterhin untersucht werden, löste das Ereignis umfangreiche öffentliche Diskussionen aus, die sich vor allem um die Sicherheit der eingebauten Smart-Drive-Technologien drehten.
Gerade im Bereich autonomes Fahren und Fahrerassistenzsysteme sind Verbraucher besonders sensibilisiert, denn jeder Zwischenfall kann ihr Vertrauen nachhaltig erschüttern. In China führte der Unfall zudem zu verschärften regulatorischen Maßnahmen, die die Vermarktung und Bewerbung solcher technologischen Features deutlich restriktiver gestalteten und Xiaomi somit zusätzlichen Druck auferlegten.Parallel zum Unfall und der gesteigerten Kritik begann eine Welle von Protesten der Kunden rund um die Produktversprechen und Marketingstrategien von Xiaomi. Insbesondere die fragwürdige Werbung hinsichtlich der technischen Ausstattung des SU7 Ultra – konkret der angeblich dualen Lüftungsöffnungen im optional erhältlichen Kohlefaser-Motorhauben-Design – führte zu massiven Kundenbeschwerden. Nahezu 400 Eigentümer forderten bereits eine Rückerstattung, nachdem festgestellt wurde, dass die beworbenen Luftkanäle in der Haube gar nicht vorhanden sind.
Dieses Missverständnis oder gar Fehlinformationsvorwurf traf Xiaomi unmittelbar in seiner Glaubwürdigkeit und schlug mediale Wellen, wobei auch der CEO Lei Jun in die Kritik geriet, der zuvor die Designmerkmale noch öffentlich betont hatte.Neben den genannten Problemen häufen sich weitere Berichte von unzufriedenen Kunden, die mit den geschätzten Lieferzeiten ihres SU7 nicht klar kommen. Die Lieferzeitangaben erscheinen oft unverhältnismäßig lang, doch viele Käufer erhielten ihr Fahrzeug früher als erwartet. Während das auf den ersten Blick als positiv erscheinen mag, wirft es jedoch Fragen hinsichtlich der Marketingstrategie auf. Experten spekulieren, dass Xiaomi möglicherweise mit künstlicher Verknappung arbeitet, um die Nachfrage anzufeuern oder ein Gefühl von Exklusivität zu erzeugen.
Sollte diese Praxis tatsächlich bestätigt werden, könnte dies als Manipulation kritisiert werden und das schadensfreie Verhältnis zu Kunden zusätzlich belasten.Die Folge all dieser Entwicklungen ist ein dramatischer Einbruch der Bestellungen für den SU7. Laut deutschen Bankanalysten sank die Zahl der Neuaufträge im April um 55 Prozent gegenüber dem März. Auch der Mai setzte diesen negativen Trend fort, mit lediglich etwa 13.500 Registrierungen in den ersten zwei Wochen, nachdem im März sogar an nur einer Woche 23.
000 Bestellungen eingegangen waren. Diese Zahlen verdeutlichen sehr anschaulich, wie rasant und tief die Probleme in den letzten Wochen eskaliert sind und welch massiver Einfluss der Vertrauensverlust in Fahrzeug und Marke auf den Kaufwillen hat.Für Xiaomi und seine Führung bedeutet diese Situation eine der größten Herausforderungen seit dem Einstieg in die E-Mobilitätsbranche. Lei Jun, eine bekannte Persönlichkeit mit Millionen Followern in den sozialen Medien, hat bereits öffentlich die Schwere der Krise eingeräumt und bezeichnete die letzten Wochen als die schwierigste Zeit seiner Unternehmerlaufbahn. Dies zeigt, dass Xiaomi nicht nur wirtschaftlich unter Druck steht, sondern auch einen Reputationsschaden hinnehmen muss, der weit über die reine Fahrzeugperformance hinausgeht.
Die aktuelle Krise bei Xiaomi zeigt exemplarisch, wie sensibel der Markt für neue Energieautos in China geworden ist. Sicherheitsbedenken, Verbrauchertransparenz und korrekte Kommunikation rücken immer mehr in den Fokus – Aspekte, die über den reinen technischen Fortschritt und Innovation hinaus entscheidend für den langfristigen Erfolg sind. Zwar verfügt Xiaomi über starke Markenwerte und eine breite technische Kompetenz, doch diese allein genügen nicht, um Vertrauen und Begeisterung nachhaltig zu sichern.Darüber hinaus verdeutlicht die Situation die wachsende Bedeutung der Regulierung im Bereich autonomer und smart vernetzter Fahrzeuge. Die chinesischen Behörden reagieren offenbar deutlich restriktiver auf Unklarheiten in der Werbung und auf sicherheitsrelevante Vorkommnisse, was sich wie ein Damoklesschwert über zahlreiche Hersteller legt.
Nach dem Unfall und dessen Folgen dürfte es für Xiaomi schwieriger werden, Ambitionen auf dem EV-Markt konsequent und risikofrei umzusetzen.Trotz der derzeitigen Schwierigkeiten sind aber auch Chancen zu sehen. Das Unternehmen hat ausreichend Ressourcen, um Fehler zu korrigieren, Qualitätsmängel zu beseitigen und die Kommunikation mit seinen Kunden zu verbessern. Künftige Modelle und Sicherheitsfeatures könnten daran anknüpfen und zeigen, dass Xiaomi aus den aktuellen Rückschlägen gelernt hat. Ein transparenter Umgang, verbesserte Produktsicherheit und ehrliche Werbeversprechen wären dabei entscheidende Eckpfeiler für eine Erholung des Kundenvertrauens.
Der Elektrifizierungsmarkt in China bleibt dynamisch und wettbewerbsintensiv. Während Konkurrenten wie Tesla und neue lokale Hersteller weiterhin um Marktanteile kämpfen, muss Xiaomi schnell und entschieden auf die entstandene Krise reagieren, um nicht den Anschluss zu verlieren. Kunden sind heute informierter und anspruchsvoller als je zuvor – auch dank Social Media und schneller Berichterstattung. Die Erfahrung mit dem SU7 unterstreicht, wie wichtig es ist, technologische Innovation immer mit solidem Kundenservice und authentischer Kundenkommunikation zu verbinden.Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Xiaomis Elektroauto-Sparte mit dem SU7 in China eine schmerzhafte Lektion in Sachen Verbrauchervertrauen und Krisenmanagement erlebt.
Der deutliche Rückgang der Neubesellungen und die wachsende öffentliche Kritik stellen das Unternehmen vor große Herausforderungen. Ob Xiaomi diese Phase als Chance für eine nachhaltige Verbesserung nutzen kann, bleibt abzuwarten. Für den chinesischen E-Automarkt ist die Entwicklung jedenfalls ein Indikator dafür, dass neben der Technik auch die Glaubwürdigkeit und Kundenzufriedenheit immer mehr zu entscheidenden Faktoren werden.