Die Einführung autonomer Fahrzeuge verspricht eine Revolution im Straßenverkehr, die Sicherheit verbessern, den Verkehrsfluss optimieren und neue Mobilitätskonzepte ermöglichen soll. In den USA, einem der weltweit führenden Märkte für selbstfahrende Technologie, hat die National Highway Transportation Security Administration (NHTSA) am 24. April 2025 neue Regelungen vorgestellt, die den Umgang mit autonomen Fahrzeugen grundlegend verändern. Diese neuen Vorschriften haben weitreichende Auswirkungen auf Hersteller, Betreiber und Verbraucher und sind Ausdruck einer komplexen Balance zwischen technologischer Innovation und Sicherheit im Straßenverkehr. Die zentralen Änderungen betreffen insbesondere vier Automatisierungslevel, die von Level 2 bis Level 5 reichen.
Während Level 2 partialisierte Automatisierung beschreibt, die immer noch eine Aufsicht durch den Fahrer erfordert, umfassen die höheren Level Systeme, die zunehmend selbstständig agieren und in manchen Fällen ganz ohne menschliches Eingreifen auskommen. Unternehmen wie Tesla mit seiner Full Self-Driving-Technologie und Ford mit BlueCruise gehören zu den prominentesten Nutzern der Level 2 Systeme, die mit neuen Vorschriften in der Berichterstattung von Unfällen umgehen müssen. Bisher waren Unternehmen verpflichtet, nahezu alle Vorfälle, auch kleinere Unfälle mit geringerem Sachschaden, zeitnah zu melden. Die Aktualisierung der Vorschriften reduziert diese Anforderungen, vor allem im Bereich Level 2, indem Bagatellschäden wie kleine Dellen, leichte Kontaktpunkte mit Bordsteinen oder typische Parkrempler von der Meldepflicht ausgeschieden werden. Die Begründung der NHTSA ist, dass dadurch unnötiger Aufwand entfällt und Ressourcen auf bedeutsamere Sicherheitsfragen konzentriert werden können.
Kritiker bemängeln jedoch, dass der Verzicht auf kleinere Unfallberichte wichtige Hinweise auf Muster und mögliche Schwachstellen der Systeme beseitigen könnte – eine wichtige Grundlage für eine kontinuierliche Verbesserung der Technologie. Ein weiterer kontroverser Punkt ist die neu eingeräumte Möglichkeit für Hersteller, bestimmte Informationen zu Crashs als vertrauliche Geschäftsinformationen zu schützen. Diese Datenpunkte umfassen, ob das Fahrzeug unter seinem eigentlichen Betriebsbereich fuhr, eine verständliche Beschreibung der Unfallumstände sowie die Softwareversion des autonomen Systems zum Zeitpunkt des Unfalls. Für unabhängige Sicherheitsforscher und Behörden waren diese Informationen bisher entscheidend, um die realen Leistungsfähigkeit sowie mögliche Risiken und Fehlerquellen von autonomen Fahrsystemen zu beurteilen. Die Entscheidung, solche Details künftig teilweise zurückzuhalten, wird von Befürwortern als Schutz für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit gesehen, von Skeptikern aber als potenzielle Gefahr für Transparenz und öffentliche Sicherheit.
Ein weiterer Bestandteil der neuen Regelung zielt darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Hersteller zu stärken. Bislang konnten ausländische Firmen kleine Stückzahlen experimenteller, von den üblichen Zulassungsvorschriften abweichender Fahrzeuge mit besonderen Merkmalen wie fehlenden Spiegeln oder Pedalen zur Erprobung auf öffentlichen Straßen einführen. US-amerikanische Hersteller waren von diesem Vorteil ausgeschlossen, da ihre Fahrzeuge meist auf den Verkauf ausgerichtet betrachtet wurden und entsprechende Ausnahmen nur über langwierige Genehmigungsverfahren zu erlangen waren. Das neue Regelwerk schafft für heimische Unternehmen die Möglichkeit, ihre Prototypen unter ähnlichen Bedingungen zu testen, was Innovationen beschleunigen und potenziell Arbeitsplätze im Inland sichern könnte. Insbesondere Firmen wie Tesla stehen vor der Herausforderung, ihre Robotaxis wie den Cybercab unter diesen neuen Bedingungen schneller zu realisieren.
Befürworter der neuen Vorschriften argumentieren, dass die neuen Regeln nicht nur Bürokratie abbauen, sondern auch die Innovation beschleunigen. Weniger Meldepflichten für kleinere Unfälle bedeuten weniger Datenflut und schnellere Analyse von relevanten Vorfällen und eine somit zügigere Implementierung von Sicherheitsverbesserungen. Zudem ist die Etablierung eines einheitlichen bundesweiten Rahmens für autonome Fahrzeuge ein wichtiger Schritt, um fragmentierte staatliche Regulierungen mit unterschiedlichen Standards zu vermeiden und so einen stabilen und vorhersagbaren Markt zu schaffen. John Bozzella, CEO der Alliance for Automotive Innovation, sieht in den neuen Vorschriften eine notwendige Grundlage, um Investitionen und Entwicklungen in den USA voranzutreiben. Gleichzeitig warnen Kritiker vor den Risiken des reduzierten Crash-Meldungsumfangs.
Kleinere Zwischenfälle könnten Hinweise auf Muster geben, die in der Aggregation auf schwere Sicherheitsprobleme hinweisen. Die Einschränkung der Datenzugänglichkeit für unabhängige Analysten wiederum erschwert es, Transparenz herzustellen und die Zuverlässigkeit der Systeme öffentlich zu bewerten. Zudem wird befürchtet, dass vor allem bei einer größeren Verbreitung von Robotaxis die zur Überwachung notwendigen Kapazitäten der NHTSA durch Budgetkürzungen und Personalabbau nicht ausreichend sein könnten. Die politische Dimension spiegelt sich darin wider, dass die Regulierung trotz unterschiedlicher Parteipositionen bürgerübergreifend einen klaren bundesweiten Rahmen schaffen soll. Die Dringlichkeit wird durch den internationalen Wettbewerb insbesondere mit China betont, das eine starke Produktion von Elektro- und autonomen Fahrzeugen aufgebaut hat.
Die USA sehen sich in einem Innovationsrennen, das über ökonomische und technologische Führerschaft im Transportwesen entscheiden könnte. Verkehrsminister Sean Duffy betont in der Präsentation der neuen Regelungen die historische Bedeutung vergleichbar mit den Pioniertaten der Gebrüder Wright oder der Apollo-Mondlandung. Automatisiertes Fahren ist nach international anerkannten Standards in verschiedene Level unterteilt. Level 1 umfasst einfache Fahrerassistenz mit unterstützender Geschwindigkeits- oder Spurhaltung, bei der der Fahrer stets die Kontrolle behält. Level 2 erlaubt schon eine teilautomatisierte Steuerung, wobei der Mensch die Systeme beaufsichtigen muss.
Level 3 Systeme können unter definierten Bedingungen die Fahraufgabe übernehmen, aber die Bereitschaft zur Übernahme bleibt notwendig. Level 4 Fahrzeuge sind in festgelegten Zonen vollständig selbstfahrend und brauchen keine Aufmerksamkeit durch den Menschen. Level 5 schließlich beschreibt eine vollständige Automatisierung in allen denkbaren Fahrsituationen und Wetterbedingungen, bei der der Mensch nur noch als Passagier fungiert. Die Weiterentwicklung autonomer Fahrzeuge geht mit enormem Potenzial einher, für Verkehrssicherheit, Effizienzsteigerung und Umweltschutz, gleichzeitig jedoch auch mit Fragen des Datenschutzes, der Verantwortung bei Unfällen und der gesellschaftlichen Akzeptanz. Die neuen US-Regeln stellen daher einen bedeutenden Schritt dar, der die Balance zwischen der Förderung innovativer Technologien und der Wahrung öffentlicher Sicherheitsinteressen sucht.